Vereinbarkeit von Familie und Beruf: Milchpumpe = Werbungskosten?

„Werbungskosten sind Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Einnahmen.“

Dieser allgemeine Wortlaut der Definition von Werbungskosten hat schon so manche emotionale Diskussion nach sich gezogen.

Neulich durfte ich wieder eine solche Debatte miterleben. Es stellte sich die Frage der Abzugsfähigkeit von Aufwendungen für eine Milchpumpe als Werbungskosten, wenn eine stillende Kindesmutter frühzeitig wieder in den Berufsalltag einsteigt. Der Begriff erwerbsbedingter Kosten gibt landläufig – bei entsprechender Dehnung – doch Vieles her. Und eine Milchpumpe kann z. T. auch mehrere hundert Euro kosten.

Aber eine Milchpumpe als Werbungskosten – das erscheint Ihnen schon im Grundsatz abstrus?

Nichtdestotrotz hat ein genauerer Blick hinter den Vorhang des Steuerrechts ja noch nie geschadet…

Eine erste Weichenstellung könnte man der steuerlichen Berücksichtigung von Kinderbetreuungskosten entnehmen.

Diese wurden – soweit erwerbsbedingt – in den Jahren 2006 bis 2011 unter den Voraussetzungen des § 9c EStG wie Werbungskosten bzw. Betriebsausgaben abgezogen. Aus der Tatsache, dass die Kinderbetreuungskosten nur durch gesonderte gesetzliche Anordnung des § 9c EStG in den Bereich der Werbungskosten eingeordnet werden konnten, könnte man den Rückschluss ziehen, dass diese ansonsten wegen der hohen privaten Mitveranlassung keine Werbungskosten darstellen.

Für die vergleichbaren Kosten der Anschaffung einer Milchpumpe dürfte Entsprechendes gelten.

Nach dem Stichwort der privaten Mitveranlassung müsste man sich mit dem Begriff der gemischten Aufwendungen auseinandersetzen. Denn eine gewisse objektive Förderung der Berufstätigkeit durch die Nutzung einer Milchpumpe wird man der Kindesmutter kaum absprechen können.

Gemischte Aufwendungen können als Werbungskosten abgezogen werden, wenn die berufliche Nutzung nicht lediglich von untergeordneter Bedeutung ist und ein objektiver Aufteilungsmaßstab existiert.

Und damit fangen die Schwierigkeiten erst so richtig an…

Wie könnte ein objektiver Aufteilungsmaßstab ermittelt werden?

Spitzfindige Denker könnten auf die Führung eines ordnungsgemäßen Fahrtenbuches für gemischt genutzte betriebliche bzw. vom Arbeitgeber überlassene Kfz verweisen.

Ein Nutzungszeitenbuch für eine gemischt genutzte Milchpumpe? Die Diskussion nimmt ungeahnte Wendungen…

Einschränkend ist festzuhalten, dass a) wohl niemand Kriterien für die Ordnungsmäßigkeit eines derartigen Nutzungszeitenbuches festlegen kann bzw. will und dass b) hier wohl auch der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit im Wege steht.

Zudem lehnt auch die neuere Rechtsprechung des BFH  (vgl. Beschluss des Großen Senats vom 27. Juli 2015, BStBl II 2016 S. 265) zum gemischt genutzten Arbeitszimmer die Führung eines Nutzungszeitenbuches zur Glaubhaftmachung der beruflichen und privaten Nutzungsanteile ab.

Die Aufwendungen für die Anschaffung einer Milchpumpe – auch wenn diese den Berufseinstieg wesentlich erleichtern können – sind nicht als Werbungskosten abzugsfähig.

Fazit: Die Definition der Werbungskosten in § 9 EStG gibt eben doch nicht Alles her, was sich für Manchen auf den ersten Blick plausibel einzufügen scheint.

Weitere Informationen:

BFH v. 27.07.2015 – GrS 1/14

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