Verstoßen die GoBD gegen das Bundesdatenschutzgesetz?

Die GoBD verlangen an mehreren Stellen die Unveränderbarkeit der einmal erhobenen Daten. Dabei wird nicht nur die Unveränderbarkeit des eigentlichen Buchführungswerks, sondern auch der eingesetzten Vorsysteme verlangt. Beispielsweise gilt die Voraussetzung der Unveränderbarkeit auch für Warenwirtschaftssysteme.  Auch Stammdaten dürfen nicht gelöscht werden. Nun stelle ich mir allerdings die Frage, inwieweit die Anforderungen der Finanzverwaltung mit dem Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) in Einklang gebracht werden können. Denn nach § 35 BDSG müssen personenbezogene Daten in bestimmten Fällen gelöscht werden. Zudem heißt es in Absatz 2 der Vorschrift, dass personenbezogene Daten – von Ausnahmen abgesehen – jederzeit gelöscht werden können.

§ 35 BDSG ist Ausfluss des Rechts auf informelle Selbstbestimmung, das wiederum eine Ausprägung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts darstellt und durch Artikel 1 und 2 des GG geschützt ist. Eine Verwaltungsanweisung, die die GoBD nun einmal sind, kann § 35 BDSG nicht aushebeln und ein Grundrecht schon gar nicht berühren. In der Praxis bedeutet dies, dass zumindest bestimmte Programme, die bei Mandanten im Einsatz sind, die Möglichkeit der Löschung von personenbezogenen Daten sogar zwingend vorsehen müssen. Meines Erachtens besteht in diesen Fällen seitens der Betriebsprüfung kein Raum, um anschließend die Revisionssicherheit der entsprechenden Vorsysteme anzuzweifeln. Ich würde mich freuen, wenn es zu diesem Punkt zu einer lebhaften Diskussion kommen wird. Übrigens soll das BMF die Problematik kennen und an einer Lösung arbeiten (was bedeutet, dass es noch keine Lösung gibt).

4 Gedanken zu “Verstoßen die GoBD gegen das Bundesdatenschutzgesetz?

  1. Die GOBD haben keine Gesetzesqualität, sie sind lediglich eine Wunschliste der Finanzverwaltung, soweit sie gegen geltendes Gesetz verstoßen (BSDG) sind sie vom Steuerpflichtigen nicht anzuwenden.

    Im Internet wurde hierzu ein interessanter Beitrag veröffentlicht, hier ein Auszug:
    Das BMF-Schreiben, in dem die neuen GoBD eingeführt und für gültig erklärt wurden, liest sich wie ein Gesetzestext. Tatsächlich ist aber ein BMF-Schreiben keine gesetzliche Regelung, sondern salopp ausgedrückt eine Wunschliste des Bundesfinanzministeriums dafür, wie es gerne Bücher und Aufzeichnungen von einem Steuerpflichtigen vorgelegt bekommen möchte. Es stellt Kriterien auf, nach denen Betriebsprüfer die korrekte Führung von Büchern oder Aufzeichnungen formell feststellen können, und woran man Schlamperei oder gar vorsätzliche Falschangaben im Jahresabschluss erkennen kann.

    Mag man es ganz negativ sehen, geht es in den GoBD eigentlich nur am Rande darum, wie ein Steuerpflichtiger seine Einkünfte aus selbständiger Arbeit oder aus Gewerbebetrieb zu ermitteln und Nachweise darüber zu führen hat, sondern der Kern der Regelung ist eigentlich das D in der Abkürzung. Das D nämlich steht für den Begriff Datenzugriff und stellt einen sehr bunten Katalog von Informationen auf, auf die sich das BMF vollständigen Zugriff wünscht, wenn es einen Betriebsprüfer entsendet. In Kurzform klingen diese Regelungen in etwa so: dem Betriebsprüfer ist alles zugänglich zu machen, was irgendwie in irgendeiner Form mit der Buchhaltung zu tun haben könnte, vom Warenwirtschaftssystem über den E-Mail-Verkehr bis hin zu den Arbeitszeitaufzeichnungen der Mitarbeiter.

    Die GoBD sind jedoch kein Gesetz – sie sind nicht durch das im Grundgesetz festgelegte Gesetzgebungsverfahren gelaufen, also weder dem Bundestag noch dem Bundesrat zur Diskussion oder Verabschiedung vorgelegt worden, noch vom Bundespräsidenten unterschrieben.

    Die GoBD sind zunächst einmal eine Art Arbeitsanweisung an die Finanzämter. Sie besagen sinngemäss: wenn sich ein selbständiger an diese Regeln hält und sich keine Verstöße gegen diese Grundsätze finden lassen, erkennen wir seine Bücher oder Aufzeichnungen problemlos als richtig an.
    Natürlich darf sich das BMF mit den Regelungen der GoBD nicht über geltendes Recht hinweg setzen und jeder einzelne Satz in den GoBD kann und darf jederzeit von einem steuerpflichtigen (oder seinem juristischen Vertreter) in einem Gerichtsverfahren zur Überprüfung auf Gesetzmäßigkeit vorgelegt werden.
    Spricht man mit Steuer-Profis, also Steuerberatern, Fachanwälten etc., wird tatsächlich so einiges in den GoBD in seiner Durchführbarkeit angezweifelt. Unter Spezialisten gilt als ausgemacht, dass es in den kommenden Monaten und Jahren einige Gerichtsverfahren zur Auslegung und Rechtmäßigkeit einzelner Regelungen der GoBD geben wird.

    Für Unternehmer und Selbständige ist es natürlich sinnvoll und angebracht, sich mit den GoBD vertraut zu machen und die eigene Buchhaltung darauf auszurichten. Wer Rechtsstreitigkeiten mit dem Fiskus aus dem Weg gehen möchte, sollte sich an die GoBD halten.

    Quelle: http://www.kontolino.de/die-6-groessten-mythen-rund-um-die-neuen-gobd/

    Ich schließe mich dieser Auffassung uneingeschränkt an und würde es begrüßen, wenn zu den ausufernden GOBD weitere BLOG`s hier veröffentlicht würden.

    Beispiel:
    Derzeitiger Brennpunkt – Kassenbuchführung, elektronischen Registrierkassen, BMF Schreiben 26.11.2010 – fehlende Nachrüstfrist.
    All dies führt derzeit bei Betriebsprüfungen zu massiven Schätzungen durch die Finanzverwaltung bei formellen Mängeln. Dies geht nicht nur in Einzelfällen bis zur Existenzvernichtung der Steuerpflichtigen und weitere Verschärfungen sind in Planung ( Referentenentwurf zum verpflichtenden Einsatz einer technischen Sicherheitseinrichtung mit Kassen-Nachschau und Strafzahlungen bis 25.000,– Euro )

    Wo soll das Alles noch hinführen ??

    • Die fehlende Nachrüstfrist lässt sich dadurch erklären, dass das BMF mit dem Schreiben eine 20 jährige Übergangsfrist beendet.
      Den Wunsch nach Aufzeichnung der einzelnen Verkäufe gibt’s schon sehr viel länger …

      • @heinerjuers
        Vielen Dank für den Hinweis, das BMF Schreiben aus dem Jahr 1996 ist mir bekannt, mir ging es auch nicht um die Übergangsfrist bis 31.12.2016 sondern um die fehlende Nachrüstfrist von „Altgeräten“ bis zum 31.12.2016. Seit Erlass des BMF vom 26.11.2010 geht die Finanzverwaltung von formellen Mängeln in der Kassenbuchführung bei fehlender Nachrüstung aus und schätzt fleißig hinzu. Aufgrund der fehlenden Nachrüstfrist sollte doch im Sinne einer einheitlichen „Rechts“-Anwendung eine Nachrüstung bis zum 31.12.2016 geboten sein.

  2. Vielen Dank für diesen interessanten Artikel.

    Das BDSG ist sicherlich eines der krassesten Beispiele für offene Fragen zu den GoBD. Laut BDSG ist es ja nicht damit getan, einen Satz personenbezogener Daten als gelöscht zu markieren und die Änderungen zu protokollieren. Hier ist explizit von der Löschung die Rede. Alles andere wäre ja auch ziemlich unsinnig.

    Vielen Dank auch an Herrn Wölfl für das Zitat aus meinem Blogbeitrag, dem ja klar zu entnehmen ist, daß wir sicher noch einige juristische Grauzonen finden werden, wo die GoBD klar abgeschwächt werden müssen.

    Leider hilft es dem Selbstständigen nicht unbedingt, sich sicher zu sein, daß die Erfüllung der GoBD nicht möglich war, weil sonst das BDSG gebrochen worden wäre. Denn letztendlich muss dies auf juristischem Weg – vermutlich durch mehrere Instanzen – geklärt werden. Das kann sich ein kleiner Selbstständiger aber nicht leisten, weder finanziell noch nervlich. Was also machen wir daraus? Wie löst ein Selbständiger diesen Spagat zwischen Gesetzesbruch und Verletzung der GoBD, bis das geklärt ist? Eigentlich kann man sich nur darauf verlassen, dass die Verletzung der GoBD nicht unbedingt Konsequenzen haben muss, wenn sich in der Buchhaltung ansonsten keine Ansätze für Schummeleien finden. Ein Verstoß gegen das BDSG ist sicher die teurere Variante…

    Genau deshalb bin ich dankbar, daß das Thema hier aufgegriffen wird und hoffe, die Diskussion findet ihren Weg in die Mühlen der Verwaltung.

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