Verwechselt das Finanzamt Konfliktursache und Konfliktlösung?

Entschädigungen, die gewährt worden sind als Ersatz für entgangene oder entgehende Einnahmen können im Rahmen der Fünftelregelung nach § 34 Abs. 1 EStG ermäßigt besteuert werden. Allerdings sind dabei Voraussetzungen zu beachten. 

Zu diesen Voraussetzungen zählt zunächst einmal, dass dem Arbeitnehmer durch den Wegfall seiner Bezüge ein Schaden entstanden ist, der durch die Entschädigung-bzw. Abfindungszahlung kompliziert werden soll.

Weiterhin muss die Abfindung auf einer neuen Rechtsgrundlage, in der Regel ein Aufhebungsvertrag, basieren.

Ebenso muss es durch die Abfindung auch zu einer Zusammenballung von Einkünften kommen.

Zudem muss die Gesamtsituation für den Arbeitnehmer auch außergewöhnlich sein. Die Rechtsprechung spricht dabei von einem „besonderen Ereignis“. Dieses ist insbesondere gegeben, wenn der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis beenden möchte oder wenn der Arbeitnehmer bei Vereinbarung des Aufhebungsvertrages unter einem nicht unerheblichen tatsächlichen Druck gestanden hat.

Auf Basis dieser Grundlagen hat das FG Münster mit Urteil vom 17.3.2017 (Az: 1 K 3037/14 E) eine begünstigt zu besteuernde Entschädigung auch erkannt, wenn der Arbeitnehmer zur Beendigung eines auch vom Arbeitgeber verursachten Konflikts auf diesen zugeht und den Abschluss eines Auflösungsvertrages mit Abfindungsregelung fordert.

Insoweit ist herauszuarbeiten: Nur weil ein Aufhebungsvertrag mit Abfindungsregelung als Konfliktlösung auf einer Initiative des Arbeitnehmers fußt, bedeutet dies nicht, dass der Arbeitnehmer auch für die Konfliktursachen alleine verantwortlich ist. Da insoweit die Problemursache von der Problemlösung zu trennen ist, ist es nur logisch, dass auch ein Aufhebungsvertrag mit Abfindung auf Initiative des Arbeitnehmers nicht die ermäßigte Besteuerung verhindert.

Bedenkt man das gegensätzliche Interesse von Arbeitgeber und Arbeitnehmer mit Blick auf eine Abfindungszahlung sollte die Auffassung des FG Münster nicht nur als logisch, sondern auch als fiskalverträglich eingestuft werden.

Leider ist es jedoch in Deutschland nicht so einfach. Weil bisher höchstrichterlich noch nicht geklärt ist, ob das Bestehen einer gegensätzlichen Interessenlage zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer, zu deren Entstehung beide Konfliktparteien beigetragen haben und die im Konsens (Auflösungsvertrag mit Abfindung) gelöst wird, auch tatsächlich ausreicht, damit ein entsprechendes „besonderes Ereignis“ gegeben ist, muss sich nun der BFH mit der Frage befassen.

Konkret gilt es zu klären, welche Bedeutung hierbei dem zeitlichen Faktor und dem Gewicht der jeweiligen Verursachungsbeiträge für die Entstehung der Konfliktlage zu kommen. Für die Praxis und die Einfachheit des Steuerrechts wäre es wünschenswert, dass diesen beiden Faktoren allenfalls geringe Bedeutung zukommt. Ansonsten könnte es sein, dass zukünftig zur Beurteilung, ob die ermäßigte Besteuerung greift eine Strichliste geführt wird, aus der im Ergebnis hervorgeht, ob Arbeitgeber oder Arbeitnehmer den bestehenden Konflikt mehr oder weniger zu verantworten haben.

Weitere Informationen:

FG Münster v. 17.03.2017 – 1 K 3037/14 E

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