Vorsicht bei geerbter eigengenutzter Immobilie!

Wer eine Immobilie erbt und selbst nutzt, sollte sich beeilen und innerhalb von sechs Monaten einziehen. Das FG Münster hat nämlich entschieden, dass der Erwerb eines Familienheims nicht von der Erbschaftsteuer befreit ist, wenn der Erbe das Objekt erst nach einer dreijährigen Renovierungsphase bezieht (v. 24.10.2019, 3 K 3184/17 Erb).

Sachverhalt

Der Kläger hatte von seinem Vater eine eigengenutzte Doppelhaushälfte geerbt, die angrenzende Doppelhaushälfte bewohnte der Kläger bereits mit seiner Familie. Nach dem Tod des Vaters verband der Kläger beide Doppelhaushälften und nahm in der geerbten Hälfte umfangreiche Sanierungs- und Renovierungsarbeiten vor. Seit Abschluss dieser Arbeiten im Jahr 2016 nutzt der Kläger das gesamte Haus als einheitliche Wohnung. Das Finanzamt versagte aber die Erbschaftsteuerbefreiung für das geerbte Familienheim unter Hinweis auf die dem Kläger anzulastende Verzögerung. Der Kläger meinte demgegenüber, dass er unmittelbar nach dem Tod seines Vaters mit der Renovierung begonnen habe, die eine vorherige Trockenlegung des Hauses erfordert habe, die sich aufgrund der angespannten Auftragslage der beauftragten Handwerker verzögert habe.

FG Münster versagt Befreiung von der Erbschaftsteuer

Die Klage mit dem Ziel, die Erbschaftsteuerbefreiung nach § 13 Abs. 1 Nr. 4c ErbStG zu gewähren, blieb ohne Erfolg. Nach Ansicht des FG Münster hat der Kläger die geerbte Doppelhaushälfte nicht unverzüglich zur Selbstnutzung bestimmt. Dies erfordere nicht nur die Absicht, das Haus zu eigenen Wohnzwecken zu nutzen, sondern auch diese Absicht in Form eines tatsächlichen Einzuges auch zeitnah umzusetzen. Bei Renovierungsmaßnahmen handele es sich lediglich um Vorbereitungshandlungen, die bei Überschreitung eines angemessenen Zeitraumes von sechs Monaten nur dann eine “unverzügliche Selbstnutzung“ darstellten, wenn die Verzögerung nicht dem Erwerber anzulasten sei. Der Kläger hatte aber den Sechsmonatszeitraum deutlich überschritten. Ihm war nach Ansicht des FG vorzuwerfen, dass er keine schnelleren Möglichkeiten, das Haus trockenzulegen, erfragt und genutzt hatte. Ferner sei das Haus nach erst mehr als sechs Monate nach dem Tod des Vaters geräumt und entrümpelt worden. Der Kläger habe die angespannte Auftragslage der von ihm ins Auge gefassten Unternehmer hingenommen. Nach den vorgelegten Rechnungen hätten die maßgeblichen Umbauarbeiten erst über zwei Jahre nach dem Tod des Vaters begonnen – zu spät!

Was ist bei Eigennutzung von Immobilien im Erbfall zu beachten?

Gemäß § 13 Abs. 1 Nr. 4c ErbStG bleibt der Erwerb von Todes wegen des Eigentums an einem bebauten Grundstück u.a. durch Kinder im Sinne der Steuerklasse I Nr. 2 steuerfrei, soweit der Erblasser darin bis zum Erbfall eine Wohnung zu eigenen Wohnzwecken genutzt hat, die beim Erwerber unverzüglich zur Selbstnutzung zu eigenen Wohnzwecken bestimmt ist (Familienheim) und soweit die Wohnfläche der Wohnung 200 qm nicht übersteigt. Innerhalb einer angemessenen Zeit nach dem Erbfall muss er die Absicht zur Selbstnutzung fassen und auch tatsächlich umsetzen. Angemessen ist nach der Rechtsprechung (FG Münster vom 28.09.2016 – 3 K 3793/15 Erb und vom 28.05.2019 – II R 37/16) regelmäßig ein Zeitraum von sechs Monaten nach dem Erbfall, dieser Zeitraum umfasst eine etwaige Bedenkzeit und die Dauer etwaiger Renovierungsarbeiten. Nach Ablauf dieser Frist wird die Steuerbefreiung nur im Ausnahmefall gewährt.

Hierbei gilt ein strenger Maßstab: Je größer der zeitliche Abstand zwischen dem Erbfall und dem tatsächlichen Einzug des Erwerbers in die Wohnung ist, umso höhere Anforderungen sind an die Darlegung des Erwerbers und seine Gründe für die verzögerte Nutzung der Wohnung für eigene Wohnzwecke zu stellen.

Das bedeutet: Der Steuerpflichtige sollte die Gründe gut und nachvollziehbar für das Finanzamt dokumentieren, um trotz Fristüberschreitung die Selbstnutzungsabsicht nachzuweisen – andernfalls ist die Steuerbefreiung „futsch“.

Steuerbefreiung neben persönlichem Freibetrag nutzen

Die strengen Anforderungen des § 13 Abs. 1 Nr. 4c ErbStG zu beachten und damit die Steuerbefreiung zu nutzen, kann sich finanziell erheblich für den Erben auszahlen. Denn die Steuerbefreiung gilt unabhängig und neben den persönlichen erbschaftsteuerlichen Freibeträgen: Das sind bei Ehegatten immerhin 500.000,- €, bei Kindern 400.000,- €, die durch anderes Vermögen wie Bargeld; Sachwerte oder Aktien steuerfrei vererbt werden können.

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