Wirtschaftsverbände kritisieren Gesetzentwurf zur Reform der Grunderwerbsteuer

Das Bundeskabinett hatte am 31.7.2019 den Gesetzentwurf für eine Reform der Grunderwerbsteuer verabschiedet. Nach der Kritik des Nationalen Normenkontrollrats (NKR) habe etliche Steuerjuristen massive Kritik am Gesetzentwurf geübt. Nach dem Bundesrat (BR-Drs. 3534/19 (B)) fordern nun auch die Wirtschaftsverbände in einem Schreiben vom  7.10.2019 eine deutliche Nachbesserung des Gesetzentwurfs.

Hintergrund

Es ist weit verbreitete Praxis, dass insbesondere bei hochpreisigen Immobilientransaktionen durch gestalterische Maßnahmen die Grunderwerbsteuerzahlung vermieden wird. Die damit verbundenen Steuermindereinnahmen sind erheblich: Die Steuerausfälle müssen dann von denjenigen finanziert werden, denen solche Gestaltungen nicht möglich sind. Ziel des Gesetzentwurfs der Bundesregierung ist deshalb die Eindämmung missbräuchlicher Steuergestaltungen bei der Grunderwerbsteuer mit folgendem Inhalt:

  • Die Besteuerung setzt einen Rechtsträgerwechsel an einem inländischen Grundstück durch Rechtsgeschäft voraus. Nach dem Entwurf erfolgt hierbei eine Absenkung der 95 Prozent-Beteiligungsgrenze in den Ergänzungstatbeständen auf 90 Prozent.
  • Einführung eines neuen Ergänzungstatbestands zur Erfassung von Anteilseignerwechseln in Höhe von mindestens 90 Prozent bei Kapitalgesellschaften mit inländischem Grundbesitz.
  • Verlängerung der Fristen von fünf auf zehn Jahre.
  • Anwendung der Ersatzbemessungsgrundlage auf Grundstücksverkäufe im Rückwirkungszeitraum von Umwandlungsfällen.
  • Verlängerung der Vorbehaltensfrist in § 6 GrEStG auf fünfzehn Jahre.
  • Aufhebung der Begrenzung des Verspätungszuschlags.
  • Die Maßnahmen sollen zum 1.1.2020 in Kraft treten.

Was fordern die Wirtschaftsverbände?

Schon der Bundesrat hat in seiner Stellungnahme zum Gesetzentwurf (BR-Drs. 353/19 (Beschluss)) Änderungsvorschläge zur Anwendung der Beobachtungsfrist auf mittelbare Gesellschafterwechsel bei Personengesellschaften und zum Übergangsrecht gemacht. Im Namen von mehr als 4 Mio. gewerblichen Unternehmen aus Industrie, Handel, Dienstleistungen und Handwerk haben jetzt  in Ihrer Stellungnahme zum Gesetzentwurf die acht Spitzenverbände der Deutschen Wirtschaft (DIHK, BDI, BDA, ZDH, GDB, GDV, HDE, BGAD) beanstandet, dass der Entwurf nicht der Verabredungen des Koalitionsvertrages entsprechend „eine effektive und Rechtssicherheit Reglung“ beinhaltet. Die Verbände halten deshalb folgende Änderungen für „zwingend erforderlich“:

  • Keine Einführung von § 1 Abs. 2b GrEStG-E, sondern  Fokussierung der Ergänzungstatbestände auf wirkliche Vermeidungsgestaltungen.
  • Falls an der Einfügung des neuen Tatbestands in § 1 Abs. 2b GrEStG-E festgehalten werden soll, müsse zumindest durch eine Börsenklausel sichergestellt werden, dass der Börsenhandel keine Grunderwerbsteuer auslöst. Dies gilt auch für den derzeit schon bestehenden Tatbestand für Gesellschafterwechsel bei Personengesellschaften in § 1 Abs. 2a GrEStG. Die vom Bundesrat vorgeschlagene Börsenklausel sei ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung, lasse aber viele wichtige Handelsplätze außen vor und müsste daher sachgerecht angepasst werden.
  • Keine Absenkung der Beteiligungsschwellen! Zumindest dürfe die Bemessungsgrundlage den Grundbesitz nur quotal, entsprechend der Beteiligungshöhe, erfassen. Anderenfalls wäre es denkbar, dass bei Übertragung von 90 % einer Gesellschaftsbeteiligung die Gesellschaftsgrundstücke zu 100 % besteuert werden.
  • Wenn überhaupt: Ausdehnung der fünfjährigen Beobachtungs- und Haltefristen in den Tatbeständen des § 1 Abs. 2a und Abs. 2b sowie in §§ 5 und 6 GrEStG auf maximal 7 Jahre. Damit würde ein Gleichklang mit der in der Zielrichtung vergleichbaren siebenjährigen Anti-Missbrauchs-Sperrfrist im Umwandlungssteuergesetz hergestellt.
  • § 1 Abs. 2b GrEStG-E dürfe nur nachrangig zu den bereits vorhandenen Ergänzungstatbeständen in § 1 Abs. 2a, Abs. 3 und Abs. 3a GrEStG Anwendung finden, damit Mehrfachbelastungen wirksam vermieden werden.

Zwischenfazit

Die zwischenzeitliche Kritik am Gesetzentwurf der Bundesregierung ist eindeutig: Das Reformpaket stößt in seiner jetzigen Form auf breite Ablehnung. Die angemahnten es Änderungen dürften zu einer weiteren Hängepartie im Gesetzgebungsverfahren führen. Das gesetzgeberische Ziel der Eindämmung missbräuchlicher Steuergestaltungen bei der Grunderwerbsteuer ist zwar legitim. Allerdings macht es wenig Sinn, flächendeckend eine Neuregelung auch Aufführung Altersvorsorge gedachte Immobilienanlagen zu erstrecken, die gerade nicht zur Vermeidung von Grunderwerbsteuer erfolgen. Auch sollten nicht Unternehmen erfasst werden, die Immobilien (Produktionshallen, Bürogebäude) für ihr operatives Geschäft benötigen und bei wirtschaftlich sinnvollen Umstrukturierungen unter Beteiligung grundbesitzender Gesellschaften unverhältnismäßig belastet werden sollen. Bleibt zu hoffen, dass der Gesetzgeber auf die berechtigte Kritik mit Vernunft reagiert.

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