„Dieselgate 2“ – Außerplanmäßige Abschreibungen auf „Stinker“ im Anlagevermögen?

Zuletzt war ich der Frage nach einer etwaigen Rückstellung für KFZ-Steuer bei Haltern von „Dieselgate“ betroffener VW-Diesel-KFZ nachgegangen. Interessanterweise hat sich auch das Bundesfinanzministerium nicht festlegen wollen, ob beziehungsweise welche Auswirkungen die manipulierten Abgastests auf die KFZ-Steuer haben könnten. Die im letzten Blog angedeutete Frage nach gegebenenfalls erforderlichen außerplanmäßigen Abschreibungen auf betroffene Fahrzeuge rückt nunmehr in den Fokus. So berichtet ein Nachrichtenportal: „Im Portfolio der Volkswagen-Financial-Services AG finden sich bis zu eine Million betroffene Diesel-Autos. Das geht aus einem Brief der Finanztochter an Geschäftspartner vom Dienstag hervor. Für die VW-Bank könnte das teure Folgen haben, denn der Skandal schmälert möglicherweise den Wiederverkaufswert dieser Fahrzeuge, die VW etwa am Ende der Leasinglaufzeit zurücknehmen muss“ (handelsblatt.com).

Neben Leasinggesellschaften sind auch alle anderen Bilanzierer betroffen, die manipulierte Fahrzeuge aktiviert haben. Je nach Zuordnung der Fahrzeuge zum Umlauf- oder Anlagevermögen gilt handelsrechtlich das strenge oder das gemilderte Niederwertprinzip. Der Leasinggeber dürfte nur betroffen sein, soweit er als wirtschaftlicher Eigentümer betroffene Fahrzeuge bilanzieren muss und dabei das Restwertrisiko trägt. Die Vertragskonditionen werden dabei in der Praxis so vereinbart, dass die Zuordnung nach den steuerlichen Leasingerlassen zum Leasinggeber erfolgt. Die Leasingerlasse finden meist auch handelsrechtlich Beachtung.

Während im Umlaufvermögen handelsrechtlich jede Wertminderung sofort zu erfassen ist, darf und muss im Sachanlagevermögen nur bei dauerhafter Wertminderung außerplanmäßig abgeschrieben werden (§ 253 Abs. 3 HGB). Eine steuerliche Teilwertabschreibung darf wahlweise nur dann erfolgen, wenn eine dauerhafte Wertminderung vorliegt (§ 6 Abs. 1 EStG). AfaA kennen diese Einschränkung nicht (§ 7 Abs. 1 Satz 7 EStG).

Dieselgate gibt offensichtlich Anlass, im Einzelfall eine Analyse der Wertentwicklung vorzunehmen. Im ersten Schritt ist zunächst das Vorliegen eines Wertrückgangs unter den aktuellen Restbuchwert zu untersuchen. Dabei stellt sich die Frage, ob der Wert auf der Beschaffungsmarktseite oder auf der Absatzmarktseite zu bestimmen ist. Im eigengenutzten Sachanlagevermögen geht man in der Regel von der Wiederbeschaffungsthese betriebsnotwendiger Anlagegegenstände aus und orientiert sich daher an den Wiederbeschaffungspreisen. Als Vergleichsmaßstab könnte man dabei auf Marktpreise betroffener Gebrauchtfahrzeuge abstellen.

Der hilfsweise Rückgriff auf den Neuwert nicht manipulierter Neufahrzeuge unter Abzug fiktiver planmäßiger Abschreibungen zur Überleitung auf einen altersgerechten Wert erscheint nicht sachgerecht, da sich die Abwertungsursache „Manipulation“ im Neuwert nicht manipulierter Fahrzeuge nicht ursächlich niederschlägt. Zwar könnte man die Auffassung vertreten, aufgrund einer Reparatur der im Bestand befindlichen Fahrzeuge durch VW seien nicht manipulierte Fahrzeuge wieder ein passender Vergleichsmaßstab. Dabei müssen jedoch ein etwaiger Wertverlust erfolgreich reparierter Fahrzeuge aufgrund von im Raum stehenden Leistungseinbußen oder Mehrverbräuchen und ein Imageverlust berücksichtigt werden. Daher erscheint der Wiederbeschaffungswert nicht manipulierter Fahrzeuge kein passender Vergleichsmaßstab zu sein.

Der Rückgriff auf den Veräußerungserlös wird im Sachanlagevermögen nur ausnahmsweise für zulässig erachtet. Dies gilt insbesondere bei schon erfolgter Nutzungsbeendigung. Im Hinblick auf das Vorsichtsprinzip erscheint zwar ein Rückgriff auf Veräußerungspreise wegen der tatsächlichen späteren Veräußerungsabsicht bei Leasing- und Vermietfahrzeugen zunächst als diskutabler Wert. Aus Vorsichtsgründen wird aber zumindest ein niedrigerer Beschaffungspreis zu bevorzugen sein.

Wurde, möglichst aufgrund tatsächlicher Marktdaten, eine Wertminderung festgestellt, spielt handelsrechtlich im Sachanlagevermögen und steuerlich bei Teilwertabschreibungen die Frage der Dauerhaftigkeit einer Wertminderung eine große Rolle. Hier wird gerade steuerlich die Auffassung vertreten, eine Wertminderung sei dann dauerhafter Natur, wenn sie länger als die Hälfte der Restnutzungsdauer anhalte. Dabei wird man ausgehend von den steuerlichen AfA-Tabellen zu keinen allzu langen Zeiträumen kommen. Ausgehend von einer Gesamtnutzungsdauer von etwa 6 Jahren ist man bei Gebrauchtfahrzeugen dann schnell bei einem hälftigen Restnutzungszeitraum von 1-2,5 Jahren. Unter Beachtung des handelsrechtlichen Vorsichtsprinzips erscheint das ein auch hier vertretbarer Zeitraum für die Beurteilung der Dauerhaftigkeit.

Für das Vorliegen einer nur vorübergehenden Wertminderung wird man aber konkrete Hinweise verlangen müssen. Die bloße Vermutung einer Werterholung reicht dafür nicht aus. Auch eine erwartete Reparatur muss nicht zwingend zu einer Werterholung führen. Wie schon zuvor angemerkt, kann eine Wertminderung auch reparierter Fahrzeuge aufgrund von im Raum stehenden Leistungseinbußen oder Mehrverbräuchen und wegen eines Imageverlustes fortbestehen.

Eine Besonderheit könnte dann vorliegen, wenn der Bilanzierer über eine wirksame Wertsicherung verfügt. Das kann etwa in Form eines Andienungsrechts gegen den Hersteller zu einem festgelegten Preis bestehen. In einem solchen Fall kann argumentiert werden, eine Wertminderung läge aufgrund der Absicherung tatsächlich nicht vor. Hier muss aber die Vereinbarung im Einzelfall untersucht werden. Nur die Annahme von Schadenersatzansprüchen insbesondere gegen den Fahrzeughersteller erscheint derzeit zu unsicher, um solche Ansprüche bei der Bilanzierung zu berücksichtigen.

Wie schon bei der Diskussion zur Rückstellung für KFZ-Steuer ist die nur sehr unvollständige Informationslage zu beachten. Eine bilanzielle Entscheidung kann nur im Einzelfall unter Beachtung der konkreten Umstände getroffen werden. Im nächsten Blog werde ich dann auf den Fall dem Umlaufvermögen zugeordneter Fahrzeuge eingehen.

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