Serie Risiko Bilanz – wo man genauer hinschauen sollte: Wie ein Verlust als Gewinn dargestellt wird

Delivery Heros kreative Kennzahlen

Freitagabend, nach einer anstrengenden Woche, der Magen knurrt. Wer hat da noch Lust auf Kochen? Ein paar Klicks und Essen ist bestellt. Lieferung nach Hause. Und dass in weniger als einer Stunde. Das Essen selbst abholen? Muss nicht sein. Dann lieber bei einem anderen Lieferservice bestellen. Auch ich nutze ab und zu diesen „Luxus“. Was auffällt? Die Lieferung bieten viele nicht an, so zumindest in meiner Umgebung. Da kommt die Frage auf: lohnt sich das Ganze überhaupt?

Das ist eine gute Frage. „Obwohl der Umsatz sich mehr als verdoppelt hat, ist das Unternehmen kaum rentabler geworden. Delivery Hero hat bislang nicht belegt, dass das Geschäftsmodell skalierbar ist.“ So wurde ich im Aktiendossier der Wirtschaftswoche vor zwei Jahren zitiert. Diese Frage stellt sich immer noch, wie ich finde. Denn warum sonst sollten kreative Kennzahlen genutzt werden, um ein defizitäres Geschäft als profitabel darzustellen? Wie Delivery Hero dies macht? Schauen wir uns dazu die Details an. Weiterlesen

Signa-Abschlussprüfer verklagt: Sind wieder die Prüfer schuld?

Die bösen Prüfer – seit dem Zusammenbruch des ehemaligen DAX-Konzerns Wirecard wird immer wieder auf die Wirtschaftsprüfer geschossen. So nun auch im Fall des Signa-Imperiums. Ein Wiener Rechtsanwalt hat nun die erste Klage gegen den Signa-Abschlussprüfer BDO eingereicht. Es ist die erste, aber wohl nicht die letzte Klage gegen einen Wirtschaftsprüfer von Signa.

Waren die Prüfer wieder einmal nicht streng genug? Gehen wir auf Spurensuche. Und an alle Kritiker meiner Ausführungen: Ich will die Erwartungslücke in der Öffentlichkeit verkleinern. Der Fall Signa bietet sich dafür an, denn auch ich kann nicht über alles reden.

Was BDO vorgeworfen wird

Der klagende Rechtsanwalt wirft BDO vor, die angeblich unzulässige Einlagenrückgewähr in den Jahren 2021 und 2022 nicht beanstandet zu haben. Weiterlesen

Voestalpine: Steuererstattungen dank frisierter Bilanzen?

Bei einer Tochtergesellschaft von Voestalpine wurden über mehr als zehn Jahre die Gewinne zu hoch ausgewiesen. Zu hoch ausgewiesene Gewinne durch frisierte Bilanzen bedeutet vor allem auch eines: Das Unternehmen hat zu viel Steuern gezahlt. Dann könnte sich das Unternehmen doch über eine Steuerrückerstattung freuen, oder? Eher nicht.

Die Hintergründe: Steuern und frisierte Bilanzen

Bei der Aufdeckung von Bilanzskandalen stellt sich immer die Frage: Was ist mit den zu viel gezahlten Steuern? Die Erfahrungen aus der Praxis zeigen einiges: Wesentliche Steuererstattungen gibt es in der Regel nicht. Dies hat die folgenden Gründe: In der Umsatzsteuervoranmeldung geltend gemachte Vorsteuer aus Schein-Eingangsrechnungen wurden zu Unrecht dem Unternehmen erstattet. Dadurch würde also eine mögliche Erstattung wieder verringert werden. Darüber hinaus sind einzelne Jahre bei der Aufdeckung bereits verjährt, sodass auch hier eine Steuererstattung ausscheidet.

Werden frisierte Bilanzen eigentlich nie bei einer Betriebsprüfung entdeckt? Zahlen dazu liegen mir nicht vor. Doch hier gibt es ein Anreizproblem: Bei einer solchen Betriebsprüfung würde keine Steuernachzahlung, sondern eine Steuererstattung das Ergebnis sein. Oder anders ausgedrückt: Der Fiskus hat durch die zu hohe Steuerzahlung profitiert. Weiterlesen

Compliance-Fall bei ProSieben: Hat EY gepennt?

ProSieben arbeitet derzeit einen Compliance-Fall auf. Worum es geht? Die Erlebnisgutscheine der Jochen Schweizer Maydays-Gruppe unterliegen offenbar der Regulierung der BaFin. Genau genommen dem ZAG, dem Zahlungsdiensteaufsichtsgesetz. Hat EY als Abschlussprüfer hier gepennt? Ich bezweifle das.

Worum es eigentlich geht

Das Problem sind die Erlebnisgutscheine mit einem Gutscheinwert von mehr als 250 Euro. Sie können den Charakter von E-Geld haben, da sie bei verschiedenen Anbietern eingelöst werden können. Als Folge unterliegen sie damit der Regulierung der BaFin.

Und wo ist jetzt da Problem? Die Regulatorik wurde von ProSieben so nicht umgesetzt. Durch einen Hinweisgeber an den Abschlussprüfer EY im letzten Jahr ist dies aufgefallen.

Und wie ist der aktuelle Stand? Inzwischen wurden die Gutscheine so angepasst, dass diese nicht mehr der Regulierung der BaFin unterliegen. Auch beim internen Kontrollsystem gab es Anpassungen, derzeit läuft die interne Aufarbeitung. So geht es unter anderem um die Frage, ob ehemalige Vorstandsmitglieder ihre Pflichten verletzt haben und dadurch Schäden verursacht haben.

Wieso EY nicht gepennt hat

Hätte dies dem Abschlussprüfer nicht auffallen müssen? Spannende Frage. Hier zeigt sich das Problem mit der sog. Erwartungslücke: Es gibt Abweichungen zwischen dem Prüfungsauftrag des Abschlussprüfers und den Erwartungen der Öffentlichkeit. Was dies für den Fall von ProSieben bedeutet? Weiterlesen

Frisierte Bilanzen bei Tochter von Voestalpine: Nicht immer ist weniger mehr

„Voestalpine deckt Bilanzbetrug bei deutscher Tochter auf“ – so lautete die Schlagzeile Anfang Juni. Fehlbuchungen führten zu einem besseren Ergebnis, in der Summe wird in der Presse von 100 Mio. € gesprochen. Die Fehlbuchungen waren aber nicht cash-wirksam, wie der Konzern betonte. Wie dies aufgefallen ist? Durch interne Controllingaktivitäten. Und was war mit dem internen Kontrollsystem? Das wurde von den Beteiligten offenbar umgangen.

Wie und was der Stahlkonzern dazu berichtet hat? Das schauen wir uns genauer an. Eines schon mal im Voraus: Nicht immer ist weniger mehr.

Wo man vergeblich nach Informationen sucht

Am 5. Juni hat der Stahlkonzern eine Corporate News veröffentlicht. Dort werde ich doch bestimmt etwas über die Fehlbuchungen in Höhe von etwa 100 Mio. € finden, so mein erster Gedanke. Doch ich wurde enttäuscht. Nun gut, bei einem Gewinn nach Steuern von etwas mehr als 200 Mio. € sind 100 Mio. € ja auch nicht viel. Also wozu genau darüber berichten? Lesen Sie richtig? Ja, das war ironisch gemeint.

Um es klarer auszudrücken: Es ist ein absolutes No-Go aus meiner Sicht, in den Corporate News zum Geschäftsjahr 2023/2024 kein Wort über die Korrekturen zu verlieren. Klar, es betrifft mehrere Geschäftsjahre. Aber mal ehrlich: Vertrauen schafft dies bei den Anlegern nicht, es geht hier schließlich um keinen Kleinbetrag. Weiterlesen

Und raus bist du: Beweist die BaFin mit ihrer neuen Initiative mehr Biss?

Die neue Initiative der BaFin – eine gute Idee. Die Verweigerung der Offenlegung von Finanzberichten über mehrere Jahre hat nun Konsequenzen. Das Problem? Wenige Informationen im Tätigkeitsbericht der BaFin und viele offene Fragen. Doch immerhin scheint sich hier etwas zu bewegen. Doch nun der Reihe nach.

Welche Initiative die BaFin gestartet hat

Seit dem Frühjahr 2023 verfolgt die BaFin mit einer neuen Initiative das Ziel, Unternehmen vom organisierten Markt der deutschen Börse zu entfernen, wenn diese Regeln missachten. Worum es konkret geht? Die Offenlegung von Finanzberichten. Bei einer Verweigerung der Offenlegung über mehrere Jahre regt die BaFin die Geschäftsführungen der Börsen an, diesen Unternehmen die Zulassung der Wertpapiere an der jeweiligen Börse zu entziehen.

Im letzten Jahr hat die BaFin fünf Verwaltungsverfahren eröffnet, um die Pflichten zur Finanzberichterstattung durchzusetzen. Im Tätigkeitsbericht gibt die BaFin auch an, wie viele Verfahren beendet und wie viele noch offen sind. Die Anzahl wird jeweils für die letzten beiden Jahre offengelegt. Weiterlesen

Ungeheuer EU-Taxonomie – Was sie über die Nachhaltigkeit von Unternehmen (nicht) sagen

Erkenntnisse aus der HV-Saison 2024

Bürokratie…. viele Unternehmen klagen darüber. Auch die EU-Taxonomie stellt viele Unternehmen vor Herausforderungen. So einfach eine Tabelle auf den ersten Blick für die Anleger erscheint, ist es in der Praxis leider keineswegs, wie ich finde.

Das war für mich einer der Gründe, das Thema in diesem Jahr bei zahlreichen Hauptversammlungen zu stellen. Für alle, die es (noch) nicht wissen: Für die Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger bin ich als Sprecherin auf den Hauptversammlungen unterwegs. Das bedeutet, ich bereite die Abstimmungsempfehlungen vor, spreche im Voraus mit dem Vorstand oder der IR-Abteilung und halte eine Rede auf der Hauptversammlung, in der ich auch einige Fragen an das Unternehmen richte. Die Fragen betreffen nicht nur die Zahlen im Konzernabschluss, sondern auch Themen wie Nachhaltigkeit und die Arbeit des Aufsichtsrates. Die EU-Taxonomie hatte ich schon im letzten Jahr auf der Agenda. Doch einen Durchblick leider noch nicht.

Was es mit der EU-Taxonomie auf sich hat

Die Idee ist gut, bei der Umsetzung hat die EU noch einiges zu tun. Das Ziel? In einer Tabelle werden nachhaltige Aktivitäten des Unternehmens in Zahlen ausgedrückt. Der Vorteil liegt klar auf der Hand: Konkrete Informationen darüber, wie nachhaltig ein Unternehmen ist. Doch so einfach ist es leider häufig nicht. Und verständlich schon gar nicht.

Es wird unterschieden zwischen taxonomiefähigen und nicht taxonomiefähigen Tätigkeiten. In der ersten Kategorie können Unternehmen nur dann Umsätze oder Betriebsausgaben ausweisen, sofern die EU für ihre Branchen bereits entsprechende Kennzahlen festgelegt hat. Sofern die EU hier noch Hausaufgaben erledigen muss, ist die Taxonomie für Fragen zur Nachhaltigkeit des Unternehmens (noch) nicht aussagekräftig.

Sofern die Tätigkeiten grundsätzlich taxonomiefähig sind, gibt es wiederum zwei Kategorien für die Einordnung: Taxonomiekonform und nicht taxonomiekonform. Oder anders ausgedrückt: nachhaltige Tätigkeit und nicht nachhaltige Tätigkeit im Sinne der EU.

EU sollte ihre Hausaufgaben erledigen

Nach knapp zehn Hauptversammlungen habe ich bei dem Thema Taxonomie nun einen besseren Durchblick als zu Beginn der Saison. Der nächste Schritt ist nun, die Zahlen im Zeitablauf zu vergleichen, sofern es überhaupt möglich ist. Denn bei vielen Unternehmen kam die Antwort: Erst muss die EU ihre Hausaufgaben machen, so dass die Tabelle etwas über die Nachhaltigkeit des Unternehmens aus Sicht der EU-Definition aussagt. Ganz abgesehen davon, wird es noch einige Jahre dauern, bis ein Vergleich über mehrere Jahre möglich sein wird. Denn die Taxonomie wurde erst 2022 eingeführt, betroffen waren anfangs noch weniger Unternehmens als in Zukunft.

Dass an der Festlegung der Kennzahlen für die EU-Taxonomie derzeit in Brüssel mit Hochdruck gearbeitet wird, bezweifle ich. Schließlich wurde am 9. Juni 2024 ein neues EU-Parlament gewählt. Es bleibt zu hoffen, dass das neue Parlament die Hausaufgaben in naher Zukunft erledigen wird. Denn bereits für die Berichterstattung über das Geschäftsjahr 2024 wird die Pflicht auf weitere Unternehmen ausgeweitet. Die EU sollte mit gutem Beispiel vorangehen und ihre Hausaufgaben auch frühzeitig erledigen. Wir werden sehen.

Serie Risiko Bilanz – wo man genauer hinschauen sollte: Russische Beteiligungen

Der Ukraine-Krieg. Ein Risiko in einigen Bilanzen. Denn durch die Sanktionen Russlands haben sich in der letzten Zeit viele Unternehmen die Frage gestellt: Gehen oder bleiben? Im Herbst letzten Jahres hatten erst 40 Prozent der deutschen Unternehmen Russland verlassen. Ende April meldete der Baustoffhersteller Knauf seinen Rückzug aus Russland, nachdem es kritische Berichte gegeben hatte.

So „einfach“, wie man sich dies vorstellt, ist dies in Wirklichkeit jedoch nicht. Knauf ist sicherlich nicht das einzige Unternehmen, das den „richtigen“ Zeitpunkt verpasst hat, sofern es diesen überhaupt gibt. Denn inzwischen haben sich auch die Berater aus Russland zurückgezogen.

Ein Verlust entsteht in jedem Fall: Ob mit oder ohne Rückzug. Wie sich dies auf die Bilanz auswirkt, schauen wir uns in diesem Beitrag anhand eines Praxisbeispiels genauer an. Weiterlesen

Bilanzkontrolle nach dem Wirecard-Skandal: Ein Zwischenfazit

Der Tätigkeitsbericht der BaFin ist da

Die BaFin hat ihren Tätigkeitsbericht des letzten Jahres veröffentlicht. Was hat sich getan bei der Bilanzkontrolle, wo gibt es noch Nachbesserungsbedarf? Eine kurze Einschätzung gibt es hier im Beitrag.

Beginnen wir mit etwas Lob

Der Personalaufbau der Bilanzkontrolle bei der BaFin scheint weiterzugehen. Wie viele Personen inzwischen dafür bei der BaFin zuständig sind? Keine Ahnung. Denn konkrete Zahlen gibt die BaFin nicht bekannt. Der Ressourcenaufbau zeigt sich aber bereits an den durchgeführten Stichprobenprüfungen im letzten Jahr.

Erfreulich ist auch, dass die BaFin über erhaltene Hinweise berichtet. Es sind knapp 40 eingegangen, die überprüft wurden. Diese Überprüfung mündete in vier Anlassprüfungen. Laufen diese noch oder wurden sie bereits abgeschlossen? Dazu werden leider keine genauen Angaben gemacht. Wie war dies im Vorjahr? Auch dazu gibt es keine Angaben. Vielleicht wurde das neue Hinweisgebersystem noch nicht so genutzt wie im letzten Jahr. Erfreulich ist jedenfalls, dass die BaFin in dem Tätigkeitsbericht 2023 dazu konkrete Zahlen angibt. Interessant wäre auch zu wissen, ob die erhaltenen Hinweise am Ende zu Fehlerfeststellungen führen. Die BaFin darf zwar keine Namen nennen. Dennoch wäre interessant zu wissen, ob diese am Ende auch zu Feststellungen geführt haben. Wieso? Dann könnte die BaFin beweisen, dass sie aus ihren „Wirecard-Fehlern“ gelernt hat und eingegangene Hinweise nicht nur ernst genommen wurden, sondern auch für die Feststellung von Fehlern wichtig waren.

Der Vergleich der Anzahl der Bilanzprüfungen mit dem Vorjahr gefällt mir gut. Ebenso wie die Angabe über das Ergebnis: Mit oder ohne Fehlerfeststellung. Was genau unter der Kategorie „Einstellung“ zu verstehen ist, ist mir nicht klar. Aus welchen Gründen wurden die Prüfungen eingestellt? Eine genauere Angabe dazu würde ich mir im Bericht im nächsten Jahr wünschen. Weiterlesen

BaFin-Prüfung bei Gateway: Biss an falscher Stelle?

Gateway macht wichtige Klarstellung in Pressemeldung zur BaFin-Prüfung

Die BaFin schaut sich die Bewertung einer Liegenschaft von Gateway genauer an, da es Anhaltspunkte für eine wesentliche Überbewertung gibt. So die Meldung Ende April. Gateway hat mit einer Pressemitteilung darauf reagiert und damit ein Detail klargestellt. Ein sehr wichtiges, wie ich finde.

Was wir aus diesem Fall lernen können, zeigt dieser Beitrag.

Wie Gateway auf die BaFin-Meldung reagiert hat

Gateway hat schnell reagiert. Und zwar mit einer Pressemitteilung, die tatsächliche Informationen zu der betroffenen Liegenschaft liefert. Zu der betroffenen Liegenschaft macht Gateway sehr konkrete Angaben: Weiterlesen