Am 15.10.2025 hat das Bundeskabinett den Regierungsentwurf für die Einführung der sog. Aktivrente beschlossen und auf den parlamentarischen Weg gebracht. Hinter dem Vorhaben stehen aber eine Reihe von Fragezeichen.
Hintergrund
Aktuell befinden sich mehrere Gesetzesvorhaben in der parlamentarischen Beratung, die Teil der sog. Rentenreform der Bundesregierung sind. Hierzu zählen die Sicherung des Rentenniveaus, die geplante Erleichterung von Teilzeitbeschäftigung von Rentenempfängern beim bisherigen Arbeitgeber oder Anpassungen beim Betriebsrentengesetz. Mit dem vom Bundeskabinett am 15.10.2025 beschlossenen Gesetzentwurf für eine sog. Aktivrente will die Koalition einen weiteren Rentenreform-Baustein auf den Weg bringen.
Zielsetzung und Eckpunkte der Aktivrente
Wenn ältere Beschäftigte länger im eigenen Beruf arbeiten können, steigert das die Produktivität und wirkt dem Arbeits- und Fachkräftemangel entgegen. Deshalb soll die Aktivrente dem Fachkräftemangel entgegenwirken, gleichzeitig aber auch einen finanziellen Anreiz für freiwillige Arbeit im Rentenalter schaffen. Der Regierungsentwurf sieht dabei folgendes vor:
- Die Aktivrente sieht eine Steuerbefreiung des Gehalts von bis zu 2.000 Euro im Monat vor.
- Begünstigt sind sozialversicherungspflichtige Arbeitnehmer (ohne Selbstständige und Beamte) ab Überschreiten des gesetzlichen Rentenalters von 67 Jahren. Dabei soll die Begünstigung unabhängig davon erfolgen, ob der Steuerpflichtige eine Rente bezieht oder den Rentenbezug aufschiebt.
- Kein Wegfall der Sozialversicherungspflicht: Die Steuerfreiheit soll auch der Stärkung der Sozialkassen dienen. Mit der fortbestehenden Sozialversicherungspflicht sollen auch die Sozialsysteme vom Bonus profitieren.
- Die Aktivrente soll zum 1. Januar 2026 in Kraft treten. Damit sollen Rentner mit bis zu 890 Mio. Euro/Jahr entlastet werden.
Etliche Haken und Ösen
Dass in Zeiten des allgemeinen Fachkräftemangels das Erwerbspotenzial älterer Menschen besser genutzt und „Erfahrungswissen“ länger in den Betrieben gehalten“ werden soll, ist eine vernünftige Erwägung der Bundesregierung. Die kontroverse Diskussion über die Sinnhaftigkeit der Aktivrente wird aber auch nach dem Regierungsentwurf sicher nicht verstummen. Denn der Entwurf hat etliche Haken und Ösen:
- Die Regierung geht davon aus, dass die Zahl von 672.000 Menschen im Alter ab 65 Jahren, die in Deutschland bisher noch mehr als geringfügig beschäftigt sind, durch die Aktivrente deutlich ansteigen wird: Rechnerisch könnten 168.000 Beschäftigte das Modell in Anspruch nehmen. Das ist eine gewagte Wette: Denn gerade in Branchen mit besonderem Arbeitskräftemangel sind die körperlichen oder mentalen Belastungen so hoch, dass vermutlich nur wenige über den Renteneintritt hinaus freiwillig dort arbeiten können oder wollen.
- Nur für sozialversicherungspflichtig beschäftigte Rentner sollen vom Verdienst bis zu 2.000 Euro im Monat steuerfrei bleiben, wenn sie über die Regelaltersgrenze hinaus weiterarbeiten, Sozialabgaben müssen jedoch gezahlt werden. Das verteuert nicht nur für Arbeitgeber die weitere Beschäftigung, sondern nimmt auch für arbeitende Rentner angesichts der abzuführenden (hälftigen) Sozialversicherungsbeiträge ein gutes Stück an Attraktivität.
- Ausgenommen von der geplanten Aktivrente sind allerdings Selbstständige, Beamte und Minijobber sowie auch die Land- und Forstwirtschaft. Dies stieß beispielsweise im Handwerk schon im Vorfeld des Gesetzentwurfs auf Kritik, wo der Arbeitskräftemangel besonders groß ist.
- Die geplante Aktivrente ist für den Fiskus ein teures Modell, denn laut BMF kostet die Aktivrente jährlich etwa 890 Mio. Euro in Form von Steuerbefreiungen. Diesen Betrag sollen vor allem Bund und Länder mit jeweils 378 Mio. Euro tragen, der Rest entfällt auf die Gemeinden. Die Frage ist also, ob sich der Bund in Zeiten angespannter Haushaltslage eine solche Luxusausgabe leisten kann und soll.
Wir werden also gespannt beobachten, ob und mit welchen Modifikationen sich die geplante Aktivrente im weiteren Verfahren realisieren lässt.
Weitere Informationen:
BMF-Pressemitteilung Nr. 21/2025 v. 15.10.2025