WEG: Anspruch auf Jahresabrechnung nur noch gegen WEG-Gemeinschaft

Nach dem seit 1.12.2020 geänderten Wohnungseigentumsrecht richtet sich der Anspruch des einzelnen Wohnungseigentümers auf Erstellung der Jahresabrechnung nicht mehr gegen den Verwalter, sondern gegen die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer – so der BGH in einem aktuellen Urteil (BGH, Urteil v. 19.4.2024 – V ZR 167/23).

Hintergrund

In einer Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG) regelt das WEG die Rechtsbeziehungen der einzelnen Eigentümer untereinander, zur Gemeinschaft aller Eigentümer und zum Verwalter. Das WEG wurde durch Modernisierungsgesetz vom 22.10.2020 (BGBl 2020 I S. 2187) mit weitreichenden Änderungen für Verwalter und Eigentümergemeinschaft geändert. Weiterlesen

Corona-Wirtschaftshilfen korrekt abrechnen – sonst droht vollständige Rückzahlung!

Ein aktuelles Urteil des VG Würzburg (v. 8.7.2024 – W 8 K 24.111) ist nochmal ein deutlicher „Wink mit de Zaunpfahl“, dass Empfänger von Corona- Wirtschaftshilfen unbedingt eine ordnungsgemäße End- bzw. Schlussabrechnung vornehmen sollten – ansonsten droht die vollständige Rückforderung ggf. zuzüglich Zinsen.

Hintergrund

Im Zusammenhang mit den seit Anfang 2020 von Bund (und Ländern) zur Verfügung gestellten finanziellen Unterstützungsleistungen zur Abmilderung der wirtschaftlichen Folgen der Corona-Pandemie (Soforthilfen; Überbrückungshilfen I bis IV einschließlich November und Dezemberhilfen, Neustarthilfen) ist zuletzt nach Ablauf der Beantragungsfristen das Schlussabrechnungsverfahren in den Mittelpunkt des Interesses gerückt.

Die Soforthilfen sollten nur einen kurzfristigen Liquiditätsengpass, die Überbrückungshilfen wurden häufig auf Basis von Umsatzprognosen und prognostizierten Kosten bewilligt. Auf Grundlage der tatsächlichen Umsatzzahlen und Fixkosten erfolgt eine Schlussabrechnung durch eine prüfende Dritte oder einen prüfenden Dritten. Nach Prüfung durch die Bewilligungsstelle wird im Schlussbescheid eine endgültige Förderhöhe mitgeteilt. Das kann je nach gewählten Programmen zu einer Bestätigung der erhaltenen Mittel oder zu einer Nach- oder Rückzahlung führen. Für die Einreichung der Schlussabrechnung hatte das BMWK einen Leitfaden und FAQ zur Verfügung gestellt. Die letzte Frist für die Schlussabrechnung von Corona-Überbrückungshilfen durch prüfende Dritte läuft endgültig am 30.9.2024 ab. Weiterlesen

NRW veröffentlicht Muster-Hebesätze für die Grundsteuer

Nachdem das Bundesverfassungsgericht im Jahr 2018 die Erhebung der Grundsteuer in ihrer jetzigen Form für verfassungswidrig erklärt hatte, konnten sich Bund und Länder im November des Jahres 2019 auf ein Grundsteuer-Reformgesetz einigen. Dieses regelt das sog. Bundesmodell, von welchem jedoch durch die Vereinbarung einer Länderöffnungsklausel abgewichen werden kann.

Bundesmodell in NRW, aber…..

NRW entschied sich bereits früh, das Bundesmodell zur Anwendung zu bringen. Allerdings konstatierte das Land, dass die Ergebnisse der Grundsteuerwertfeststellungen und der Messbetragsfestsetzungen auf den 01.01.2025 gezeigt hatten, dass in einigen Kommunen private Haushalte zukünftig stärker im Rahmen der Grundsteuer belastet werden als die Eigentümerinnen und Eigentümer von Nichtwohngrundstücken. Hinzu wurde beobachtet, dass dieses Phänomen der Belastungsverschiebung nicht landeseinheitlich, sondern regional verschieden ist.

Um den Kommunen im Rahmen ihrer kommunalen Selbstverwaltung mehr Entscheidungsspielräume zu ermöglichen und bei Bedarf auf lokale Gegebenheiten besser reagieren zu können, verabschiedete die Landesregierung im Juli 2024 ein Gesetz zur Festlegung differenzierter Hebesätze. Dadurch entsteht die Option, die Hebesätze für Wohn- und Nichtwohngrundstücke bei der Grundsteuer B zu differenzieren und die räumlich strukturellen Gegebenheiten im jeweiligen Ort zu berücksichtigen. Weiterlesen

Verlängerung der Bekanntgabefiktion bei Verwaltungsakten ab 2025 – Was bedeutet das für Unternehmen und Bürger?

Mit dem vom Bundestag am 13.6.2024 beschlossenen Postrechtsmodernisierungsgesetz (PostModG), dem der Bundesrat am 5.7.2024 zugestimmt hat, wurden insbesondere die Postzustellzeiten und die Bekanntgabefiktion bei Verwaltungsakten verlängert. Was bedeutet das für Unternehmen und Bürger?

Hintergrund

Digitale Kommunikationswege über Mails und Chats statt über klassische Briefe, eine Zunahme des Online-Handels statt klassischem Einkauf in der Innenstadt haben zu einer schrumpfenden Briefmenge und einem drastischen Anstieg der zu befördernden Pakete geführt. Ziel des am 13.6.2024 vom Bundestag beschlossenen Postrechtmodernisierungsgesetzes – PostModG (BT-Drs.20/10283 in der Fassung der Änderungen des 9.Ausschusses, BT-Drs. 20/11817), dem der Bundesrat am 5.7.2024 zugestimmt hat (BR-Drs. 298/24 (B)) ist es, auch in Zukunft flächendeckend angemessene und ausreichende Postdienstleistungen zu gewährleisten, den fairen Wettbewerb zu stärken, angemessene Arbeitsbedingungen zu fördern und Anreize für einen ökologisch nachhaltigen Postsektor zu setzen.

Neuregelungen durch das PostModG

Derzeit müssen 80 Prozent der heute eingeworfenen Briefe am nächsten Werktag beim Empfänger sein und 95 Prozent am übernächsten Tag. Künftig müssen Universaldienstleister nach § 18 Abs.1 PostModG sicherstellen, dass im Jahresdurchschnitt jeweils mindestens 95 Prozent an dem dritten auf den Einlieferungstag folgenden Werktag und 99 Prozent an dem vierten auf den Einlieferungstag folgenden Werktag zugestellt werden.

In weiten Regelungsbereichen des täglichen Lebens wird die Bekanntgabefrist jetzt einheitlich ab 1.1.2025 um einen Tag auf vier Tage verlängert. Weiterlesen

BGH stärkt Vermieter bei Kautionsabrechnung

Vermieter dürfen auch eigentlich verjährte Schadenersatzforderungen mit der Mieterkaution verrechnen, wenn sie ihre Ersetzungsbefugnis nicht innerhalb der sechsmonatigen Verjährungsfrist ausgeübt haben – mit diesem aktuellen Urteil stärkt der BGH deutlich die Vermieterrechte (BGH v. 10.7.2024 – VIII ZR 184/23).

Hintergrund

Im Mietverhältnis wird in aller Regel zur Sicherung von Forderungen aus dem Mietverhältnis die Zahlung einer Mietkaution vereinbart, die vom Vermieter als Barkaution verzinslich anzulegen ist. Immer wieder streiten Vermieter und Mieter allerdings bei Ende des Mietverhältnisses über die Rückzahlung der Kaution, etwa weil Beschädigungen der Mietsache vorliegen oder die Mietsache nicht ordnungsgemäß renoviert wurde. Weiterlesen

BGH konkretisiert die Ausnahmen von der Kündigungsbeschränkung bei Eigenbedarf oder Wohnungserwerb

Familienangehörige im Sinne des § 577a Abs. 1a S. 2 BGB (Ausnahme von der Kündigungsbeschränkung bei einem Wohnungserwerb) – ebenso wie im Falle der Eigenbedarfskündigung gemäß § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB – sind ausschließlich diejenigen Personen, denen ein Zeugnisverweigerungsrecht aus persönlichen Gründen gemäß § 383 ZPO, § 52 StPO zusteht. Cousins zählen nach Ansicht des BGH (v. 10.7.2024 – VIII ZR 276/23) nicht hierzu.

Rechtlicher Hintergrund

Nach § 573 Abs.1 S. 1 BGB kann der Vermieter ein Wohnraummietverhältnis kündigen, wenn er ein berechtigtes Interesse an der Beendigung des Mietverhältnisses hat. Ein „berechtigtes Interesse“ des Vermieters an der Beendigung liegt insbesondere vor, wenn der Vermieter die Räume als Wohnung für sich, seine Familienangehörigen oder Angehörige seines Haushalts benötigt (§ 573 Abs. 2 Nr.2 BGB). Nach der Kündigungsbeschränkung des § 577a Abs. 1a Satz 1 Nr. 1, Abs. 2 BGB – im Streitfall in Verbindung mit § 2 der Kündigungsschutzklausel-Verordnung des Landes Berlin vom 13.8.2013 – kann sich eine Personengesellschaft, an die vermieteter Wohnraum nach der Überlassung an den Mieter veräußert worden ist, erst nach Ablauf von zehn Jahren seit der Veräußerung für eine Kündigung der Wohnung gegenüber dem Mieter auf berechtigte Interessen im Sinne von § 573 Abs. 2 Nr. 2 oder 3 BGB berufen. Diese Kündigungsbeschränkung gilt indes dann nicht, wenn die im Zeitpunkt des Eigentumserwerbs vorhandenen Gesellschafter derselben Familie angehörten.

Sachverhalt im Streitfall

Die Klägerin, eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts, verlangte nach Ausspruch einer Kündigung wegen Eigenbedarfs eines ihrer Gesellschafter von den Beklagten die Räumung und Herausgabe einer vermieteten Wohnung. Die Klägerin hatte das Gebäude, in dem sich die Wohnung befindet, nach deren Überlassung an die Beklagten erworben und war dadurch als Vermieterin in das bestehende Mietverhältnis eingetreten. Zum damaligen Zeitpunkt hatte die Klägerin zwei Gesellschafter, die Cousins waren.  Weiterlesen

Corona-Soforthilfen: Kein Anspruch auf Wiederaufgreifen bei bestandskräftigen Schlussbescheiden

Unternehmen, die (in NRW) nach Erhalt von Corona-Soforthilfen ihren tatsächlichen Liquiditätsengpass zurückgemeldet und einen entsprechenden Schlussbescheid über eine (Teil)-Rückzahlung bekommen und hiergegen nicht geklagt haben, haben keinen Anspruch auf Wiederaufgreifen des Verfahrens (OVG Münster, Beschluss v. 11.7.2024 – 4 A 1764/23).

Hintergrund

Unternehmen und Selbständige, die sich in der Corona-Pandemie im Frühjahr 2020 in einem coronabedingten Liquiditätsengpass befanden, konnten Corona-Soforthilfen zur Abmilderung der wirtschaftlichen Folgen beantragen. Zahlreiche Empfänger von Soforthilfen hatten später in NRW von den Bezirksregierungen ein Wiederaufgreifen ihrer Verfahren begehrt, nachdem einige Verwaltungsgerichte und das OVG Münster rechtzeitig angegriffene Schlussbescheide für rechtswidrig gehalten hatten – ich hatte im Blog berichtet.

Die Bezirksregierungen in NRW haben ein Wiederaufgreifen jeweils abgelehnt, auch angesichts eines entsprechenden Beschlusses der Landesregierung (LT-Vorlage 18/2118/landtag.nrw.de). Danach haben verschiedene Verwaltungsgerichte in NRW entschieden, dass die im Ermessen der Behörden stehende Ablehnung des Wiederaufgreifens rechtlich nicht zu beanstanden war; das hat das OVG Münster jetzt bestätigt.

Wiederaufgreifen bestandskräftiger Verfahren

Was lässt sich aus der OVG-Entscheidung ableiten? Die grundsätzliche Rechtsbeständigkeit unanfechtbarer Verwaltungsakte ist ein wesentlicher Bestandteil der Rechtsstaatlichkeit, die dem Gebot der Rechtssicherheit Rechnung trägt. Dem entspricht, dass selbst objektiv rechtswidrige Verwaltungsakte bei Bestandskraft vollstreckungsfähig sind. Über das Wiederaufgreifen bestandskräftig abgeschlossener Verfahren entscheidet die Behörde in einem eigenem Verwaltungsverfahren (§ 9 VwVfG). Außerhalb eines Rechtsbehelfsverfahrens hat die Behörde ein doppeltes Ermessen: Weiterlesen

Update: EU-Lieferketten-Richtlinie verkündet – Was bedeutet das für die deutschen Unternehmen?

Am 5.7.2024 ist die von EU-Parlament und Ministerrat beschlossene EU-Lieferketten-Richtlinie (CSDDD) verkündet worden und tritt noch im Juli 2024 in Kraft. Welche Folgen hat das für deutsche Unternehmen?

Hintergrund

Ich hatte wiederholt im Blog berichtet: Seit 1.1.2023 gilt in Deutschland zum Schutz von Arbeits- und Menschenrechten sowie Umweltstandards in Lieferketten das Lieferkettengesetz (LKSG; BGBl 2021 I S. 2159). Auf EU-Ebene hatte man sich im Dezember 2023 bereits auf eine EU-Lieferketten-RL (CSDDD) geeinigt, die über die das deutsche LKSG hinausgeht. Das EU-Parlament hat am 24.4.2024 der modifizierten EU-Lieferketten-Richtlinie (CSDDD) zugestimmt. Mit der erfolgten finalen Zustimmung des Ministerrats ist der formale Rechtssetzungsprozess auf EU-Ebene abgeschlossen. Am 5.7.2024 ist nun die CSDDD im Amtsblatt der EU veröffentlicht worden (ABl. 2024, S. 58 v. 5.7.2024). Die Richtlinie tritt am zwanzigsten Tag nach Verkündung in Kraft, also noch im Juli 2024. Jetzt muss Deutschland – wie alle anderen EU-Mitgliedstaaten auch – innerhalb von zwei Jahren die CSDDD in deutsches Recht umsetzen, also bis spätestens Juli 2026.

Stufenweise Umsetzung der CSDDD

Die CSDDD tritt für Unternehmen in der EU stufenweise wie folgt in Kraft: Weiterlesen

Digitalisierung im Bereich der Berufskammern: Bundestag beschließt Gesetz zu Anwalts-, Notar- und Steuerberaterkammern

Am 4.7.2024 hat der Bundestag in geänderter Fassung das Gesetz zur Regelung hybrider und virtueller Versammlungen für mehr Digitalisierung in Berufskammern beschlossen, das nach Ausfertigung am Tag nach der Verkündung in Kraft tritt. Worum geht es?

Hintergrund

Während der Corona-Pandemie musste der Gesetzgeber die Funktions- und Handlungsfähigkeit nicht nur für die Organe privatrechtlicher Körperschaften (AG, GmbH, durch Änderung von § 32 BGB später auch für Vereine und Stiftungen), sondern auch der Kammern sicherstellen. Für die Wirtschaftskammern wurde zunächst durch das Gesetz zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie im Wettbewerbsrecht und für den Bereich der Selbstverwaltungsorganisationen der gewerblichen Wirtschaft (BGBl. 2020 I S.1067) die Möglichkeit zur Durchführung hybrider und virtueller Gremiensitzungen geschaffen.

Für die freien Berufe führte dies zum Erlass des COVID-19-Gesetzes zur Funktionsfähigkeit der Kammern (COV19FKG) vom 10.7.2020 (BGBl. I S. 1643, 1644), das mit Ablauf des 30.6.2022 außer Kraft getreten ist. Bei diesem Gesetz handelte es sich um eine pandemiebedingte Sonderregelung, in der Regelungen zur schriftlichen Beschlussfassung und zur Durchführung von Wahlen im Wege der Briefwahl oder als elektronische Wahl vorgesehen waren. Weiterlesen

Gute Nachrichten für Schüler und Studierende: Verbesserungen beim BAföG!

Nach Beschluss des Bundestages vom 13.6.2024 hat jetzt der Bundesrat dem BAföG-ÄnderungsG durch Verzicht auf die Anrufung des Vermittlungsausschusses zugestimmt. Das ÄndG bringt deutliche Verbesserungen für Studierende und Schüler, die BAföG beziehen.

Hintergrund

Bildung ist Zukunft: Um auch Kindern aus einkommensschwachen Haushalten eine angemessene (Hochschul-)Bildung zu ermöglichen, fördert der Bund inzwischen seit gut fünf Jahrzehnten Familien, Schüler und Studierende mit Finanzhilfen nach dem BAföG. Angesichts veränderter Studienbedingungen und häufig längerer (unverschuldeter) Studiendauer sowie angesichts feststellbarer Studienfachwechsel war das bisherige BAföG reformbedürftig. Deshalb ist es jetzt vor allem mit dem Ziel reformiert worden, Studienabbrüche zu vermeiden und auch bei einem Wechsel des Studienfachs den Wechsel finanziell zu erleichtern.

Was ist Inhalt der Änderungsnovelle? Weiterlesen