Schlussabrechnungsfrist für Corona-Wirtschaftshilfen letztmals verlängert

Die Wirtschaftsminister des Bundes und der Länder haben die Frist für die Schlussabrechnung der Corona-Wirtschaftshilfen über prüfende Dritte letztmals bis zum 30.9.2024 verlängert.

Hintergrund

Während der Corona-Pandemie haben Bund und Länder Soloselbständigen und Unternehmen zur Abfederung der wirtschaftlichen Pandemiefolgen umfangreiche finanzielle Hilfen gewährt. Im Anschluss an die Soforthilfen waren seit Juni 2020 die Hilfsprogramme in der Regel über prüfende Dritte, d.h. Rechtsanwälte und die Angehörigen der steuerberatenden Berufe zu beantragen.

Die Anträge auf Überbrückungshilfen sowie November- und Dezemberhilfen, die über eine prüfende Dritte oder einen prüfenden Dritten eingereicht wurden, wurden häufig auf Basis von Umsatzprognosen und prognostizierten Kosten bewilligt. Auf Grundlage der tatsächlichen Umsatzzahlen und Fixkosten erfolgt eine Schlussabrechnung durch eine prüfende Dritte oder einen prüfenden Dritten. Nach Prüfung durch die Bewilligungsstelle wird im Schlussbescheid eine endgültige Förderhöhe mitgeteilt. Das kann je nach gewählten Programmen zu einer Bestätigung der erhaltenen Mittel oder zu einer Nach- oder Rückzahlung führen.

Ultimativ letzte Fristverlängerung

Die Schlussabrechnung konnte über prüfende Dritte seit Mai 2022 erfolgen und musste nach verlängerter Frist bis 31.10.2023 erfolgen. Auf Antrag konnte sie bis 31.3.2024 verlängert werden, wenn der prüfende Dritte online ein entsprechendes Organisationsprofil für die Abrechnung angelegt hatte.

Wegen der massiven Arbeitsüberlastung der prüfenden Dritten war allerdings absehbar, dass die Flut der Abrechnungsfälle nicht bis 31.3.2024 zu bewältigen ist. Deshalb liefen schon geraumer Zeit Verhandlungsgespräche der Berufskammern auf Bundesebene mit den Wirtschaftsministerien mit dem Ziel einer abermaligen Fristverlängerung.

Dem sind die Wirtschaftsminister des Bundes und der Länder in ihrer WMK-Sonderkonferenz Mitte März gefolgt: Die Abrechnungsfrist wird letztmals bis 30.9.2024 verlängert, eine nochmalige Verlängerung oder eine weitere Mahnung wird es definitiv nicht geben. Wird nicht innerhalb der letzten Frist abgerechnet, droht nach den Schlussabrechnung-FAQ die vollständige Rückforderung von Corona-Wirtschaftshilfen. Unterbleibt in Einzelfällen ohne Verschulden die Abrechnung kommt ggf. Wiedereinsetzung (§ 32 VwVfG) in Betracht. Keine Fristverlängerung gibt es aber für die Abrechnung der Neustarthilfe.

Bewertung

Die letztmalige Fristverlängerung ist aus praktischer Sicht vernünftig, denn die Angehörigen der steuerberatenden Berufe müssen auch für die fristgerechte Abgabe der Steuererklärungen ihrer Mandanten Sorge tragen und leiden zudem unter Fachkräftemangel. Die Einreichungsdynamik muss verstetigt werden, damit die derzeit noch ausstehenden rd. 400.000 Abrechnungspakete bis zum 30.9.2024 möglichst alle eingereicht und von den Bewilligungsstellen geprüft werden können.

Etwa zur Hälfte des Verlängerungszeitraums, am 1.7.2024, erfolgt eine Zwischenbilanz mit Erinnerungsschreiben, um bei Bedarf nachjustieren zu können. Berücksichtigt man, dass nach Schlussabrechnung noch Rückzahlungs- oder Nachzahlungsbescheide erfolgen, an die sich in vielen Fällen noch Rechtsbehelfsverfahren anschließen, wird sich das Schlussabrechnungsverfahren noch mindestens bis ins Jahr 2025 hinziehen.

Weitere Informationen:

BGH billigt virtuelle Eigentümerversammlungen während Corona

Versammlungen und Beschlüsse einer Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG) waren während der Corona-Pandemie auch virtuell möglich, hat der BGH ganz aktuell entschieden (BGH v. 8.3.2024 – V ZR 80/23).

Was bedeutet das für die Zukunft?

Hintergrund

Zum 1.12.2020 sind zahlreiche neue Regeln im Wohnungseigentumsrecht in Kraft getreten, nachdem das WEG-Reformgesetz am 22.10.2020 im Bundesgesetzblatt verkündet wurde (BGBl 2020 I S. 2187). Die Eigentümer erhielten in § 23 Abs. 1 WEG-neu eine Beschlusskompetenz, den Eigentümern zu ermöglichen, online an einer Präsenz-Eigentümerversammlung teilzunehmen. Die Möglichkeit, Präsenzversammlungen per Mehrheitsbeschluss zugunsten reiner Online-Eigentümerversammlungen abzuschaffen, war hiervon allerdings nicht umfasst. Es blieb also bei dem Grundsatz, dass Versammlungen von WEG‘s grundsätzlich in körperlicher Präsenz stattfinden, allerdings ein Eigentümer auch online an der Präsenzversammlung teilnehmen kann. Nach § 24 Abs. 1 WEG muss der Verwalter einerseits mindestens einmal im Jahr eine Versammlung einberufen – auch während der Corona-Pandemie.

Sachverhalt im Streitfall

Geklagt hatten Mitglieder einer Eigentümergemeinschaft. Die Verwalterin hatte zu einer schriftlichen Eigentümerversammlung während der Corona-Pandemie am 24.11.2020 eingeladen und dies mit der Aufforderung verbunden, ihr eine Vollmacht und Weisungen für die Stimmabgabe zu erteilen. Fünf von 24 Eigentümern kamen dem nach – die Kläger aber nicht. In der Eigentümerversammlung war dann nur die Verwalterin anwesend. Im Anschluss an die Versammlung übersandte sie ein Protokoll mit den von ihr gefassten Beschlüssen. Das sei nicht zu beanstanden, hat der BGH jetzt festgestellt und ein Urteil der Vorinstanz aufgehoben.

Wie hat der BGH entschieden? Weiterlesen

BEG 4: Abbau des Schriftformerfordernisses als richtiger Schritt

Am 11.01.2024 hatte das BMJ den Referentenentwurf für ein Viertes Bürokratieentlastungsgesetz veröffentlicht, durch welches erneut bürokratische Vorschriften, die viele Unternehmen belasten, reduziert werden sollen.

Das Gesetz soll vor allem eine Verkürzung von Aufbewahrungsfristen für Buchungsbelege im Handels- und Steuerrecht, den Abbau von Melde- und Informationspflichten sowie die Umsetzung von Projekten zur Verwaltungsvereinfachung und Verwaltungsbeschleunigung realisieren. Weiterlesen

Auswirkungen des Bahnstreiks auf die Wirtschaft und seine Grenzen

In der aktuellen Tarifrunde hat die Gewerkschaft der Lokführer zum sechsten Mal zum Streik aufgerufen. Welche Konsequenzen hat der Bahnstreik für Wirtschaft und Bürger und wo stößt das Streikrecht an Grenzen?

Hintergrund

Art. 9 Abs. 1 GG regelt, dass alle Deutschen das Recht haben, Vereine und Gesellschaften zu bilden. Die Basis für die Tarifautonomie und damit auch für Streiks liefert Art.9 Abs.3 S. 1 GG: Das Recht, zur Wahrung und Förderung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen Vereinigungen zu bilden, ist für jedermann und für alle Berufe gewährleistet. Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen, also z.B. mehr Lohn, mehr Freizeit, arbeitsnehmerfreundliche Arbeitsabläufe in den Betrieben – also das, was aktuell die GDL fordert, kann auch ein zulässiges Streikziel sein. Mitgliedergewinnung und Positionierung gegenüber einer anderen ebenso kleinen Gewerkschaft der Branche ist jedoch ebenso wenig legitim wie die Verfolgung allgemeiner politischer Ziele.

Auswirkungen auf die Wirtschaft und Bürger

Auch die Wirtschaft ist von den Streiks im Güter- und Personenverkehr betroffen. Schätzungen des Instituts der deutschen Wirtschaft zufolge kostet jeder Streiktag die Wirtschaft rund 100 Millionen, weil zum Beispiel dringend benötigte Waren nicht ankommen oder Lieferungen nicht ausgebracht werden können. Industrie- und Gewerbebetriebe sind von der Versorgung mit Exportgütern abgeschnitten. Auch nicht direkt betroffene Unternehmen können dadurch Einbußen erleiden, wenn sie beispielsweise in einer Lieferkette betroffen sind.

Von Streik betroffenen Bürger können die Bahn nicht als Verkehrsmittel nutzen, erreichen ihren Arbeitsplatz verspätet oder gar nicht. Urlauber erreichen nicht ihr Urlaubsziel, sie müssen sich auf lange Wartezeiten und alternative Verkehrswege einstellen. Weiterlesen

Update: Hat das Wachstumschancengesetz im Bundesrat Aussicht auf Zustimmung?

Am 22.3.2024 befasst sich der Bundesrat final mit dem geänderten Wachstumschancengesetz. Nach dem Verlauf der Konferenz der Ministerpräsidenten(-innen) vom 6.3.2024 ist eine Zustimmung im Bundesrat derzeit eher unwahrscheinlich.

Hintergrund

Das im November 2023 vom Bundestag beschlossene Wachstumschancengesetz (sieht Steuerentlastungen, Bürokratieabbau und Beschleunigung von Planungs- und Genehmigungsverfahren vor. Der Bundesrat hatte das Gesetz aber angehalten und den Vermittlungsausschuss (Art. 77 GG) angerufen, weil das Gesetz erhebliche Steuerausfälle für Länder und Kommunen zur Folge hätte. Der Vermittlungsausschuss hatte am 21.2.2024 einen „Kompromiss“ vorgeschlagen (BT-Drs. 20/10410), dem der Bundestag gegen den Widerstand der Opposition am 23.2.2024 gefolgt ist. Allerdings muss der Bundesrat am 22.3.2024 noch zustimmen. Die Unionsländer wollen die Zustimmung davon abhängig machen, dass die Bundesregierung die beschlossenen Kürzungen bei der Agrardieselrückvergütung für die Landwirtschaft wieder zurücknimmt.

MPK-Beschluss vom 6.3.2024

Am 6.3.2024 hat sich die MPK insbesondere mit der Situation der Landwirtschaft befasst und mit der Frage der Rücknahme der beschlossenen Kürzungen der Agrardieselrückvergütung, die bei der Beratung des Wachstumschancengesetzes im Vermittlungsausschuss am 21.2.2024 zur Ablehnung des „Kompromisses“ durch die unionsgeführten Länder geführt hat. Weiterlesen

Umsatzsteuer auf Gas steigt wieder

Ende März 2024 endet die zeitlich befristete Senkung der Umsatzsteuer auf Gas und Strom, ab 1.4.2024 klettert die Umsatzsteuer wieder auf 19 Prozent. Das bedeutet höhere Kosten für Verbraucher.

Hintergrund

Steigende Energiepreise als Folge des Krieges in der Ukraine waren für viele Bürger zu einer großen finanziellen Belastung geworden. Deshalb senkte die Bundesregierung vorübergehend den Umsatzsteuersatz auf die Lieferung von Gas und Fernwärme. Um Haushalte während der Energiekrise finanziell zu entlasten, führte die Bundesregierung als Teil des sog. Dritten Entlastungspakets das „Gesetz zur temporären Senkung des Umsatzsteuersatzes auf Gaslieferungen über das Erdgasnetz“ ein. Dadurch wurde der Umsatzsteuersatz auf Gaslieferungen rückwirkend ab dem 1.10.2022 von 19 Prozent auf 7 Prozent gesenkt. Ende März läuft die Maßnahme des dritten Entlastungspakets aus und die Umsatzsteuer steigt also wieder auf 19 Prozent. Weiterlesen

Update: Unverändert kein Kompromiss bei der EU-Lieferketten-Richtlinie

Die EU-Lieferketten-Richtlinie (CSDDD) ist auch nach weiteren Kompromissversuchen im Rat der EU-Mitgliedstaaten nicht konsensfähig: Deutschland bleibt bei seiner Enthaltung, die ein „Nein“ ist.

Hintergrund

Deutschland hat seit 2021 ein Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz, dass seit 2023 Unternehmen entlang der Lieferketten zur Überprüfung der Einhaltung von Umweltstandards, Beachtung von Menschenrechten und Arbeitsschutz verpflichtet. Seit 1.1.2024 ist der Anwendungsbereich nochmals erweitert worden, inzwischen werden weit mehr Unternehmen in die Pflicht genommen.

Auf EU-Ebene hatte die EU-Kommission am 23.2.2022 den Entwurf einer RL zur nachhaltigen Unternehmensführung, den Entwurf einer Corporate Sustainability Due Diligence Directive (CSDDD), die neben Vorgaben für eine verantwortungsvolle Unternehmensführung auch menschenrechtliche und umweltbezogene Sorgfaltspflichten definiert. Am 14.12.2023 hatten sich die Verhandlungsführer von EU-Rat und EU-Parlament über die CSDDD geeinigt, die inhaltlich noch über das deutsche LKSG hinausgeht.

Amt 28.2.2024 hatte die belgische Ratspräsidentschaft mitgeteilt, dass die finale Abstimmung im EU-Rat abgesetzt wurde, weil innerhalb der EU keine Einigung erfolgt sei. Neben Italien und Frankreich hat vor allem Deutschland Bedenken angemeldet, die FDP will nicht zustimmen – ich habe berichtet. Weiterlesen

Auch Kindererziehungszeiten im EU-Ausland zählen für die Rente!

Das Recht der Unionsbürger auf Freizügigkeit kann dazu führen, dass in einem anderen Mitgliedstaat zurückgelegte Erziehungszeiten bei der Berechnung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung zu berücksichtigen sind – das hat der EuGH (v. 22.2.2024 – C 283/21) ganz aktuell entschieden.

Worum ging es im Streitfall?

Eine deutsche Staatsangehörige, die in den Niederlanden gelebt hatte und wieder in Deutschland lebt, erhält dort eine Rente wegen voller Erwerbsminderung. Die Klägerin hatte weder vor noch zu dem Zeitpunkt, zu dem sie mit der Erziehung ihrer Kinder begonnen hat, in Deutschland eine Beschäftigung oder eine selbständige Erwerbstätigkeit ausgeübt. Dagegen hatte sie dort sowohl vor als auch nach diesen Zeiten Versicherungszeiten für Ausbildungs- oder Beschäftigungszeiten zurückgelegt; in den Niederlanden hatten sie nie gearbeitet.

Sie wandte sich vor den deutschen Gerichten dagegen, dass die Erziehungszeiten, die sie für ihre beiden Kinder in den Niederlanden zurückgelegt hatte, bei der Berechnung dieser Rente nicht berücksichtigt wurden. Das mit dem Rechtsstreit befasste Gericht wollte vom EuGH in einem Vorabentscheidungsverfahren (Art. 267 AEUV) wissen, ob diese Nichtberücksichtigung von in einem anderen Mitgliedstaat zurückgelegten Erziehungszeiten mit dem Unionsrecht vereinbar ist.

Wie hat der EuGH entschieden? Weiterlesen

Update: EU-Lieferketten-Richtlinie vor dem Aus

Die EU-Lieferketten-Richtlinie (CSDDD) hat am 28.2.2024 im Rat der EU-Mitgliedstaaten keine Mehrheit gefunden. Ist das das Aus für das EU-Lieferkettenrecht?

Hintergrund

Ich habe wiederholt im Blog berichtet: Die EU-Kommission hatte am 23.2.2022 den Entwurf einer RL zur nachhaltigen Unternehmensführung, den Entwurf einer Corporate Sustainability Due Diligence Directive (CSDDD), die neben Vorgaben für eine verantwortungsvolle Unternehmensführung auch menschenrechtliche und umweltbezogene Sorgfaltspflichten definiert.

Am 14.12.2023 hatten sich die Verhandlungsführer von EU-Rat und EU-Parlament über die CSDDD (sog. EU-Lieferkettenrichtlinie) geeinigt, deren Inhalt die Anforderungen des deutschen Lieferkettensorgfaltspflichtengesetzes noch verschärfen würde. Die für den 14.2.2024 geplante finale Abstimmung über die EU-Lieferketten-Richtlinie hat Rat der Europäischen Union (Rat) zunächst verschoben, um eine Kompromisslösung noch vor den Europawahlen im Juni zu finden.

CSDDD im Rat gescheitert – Welche Folgen hat das? Weiterlesen

Bundestag beschließt Änderungen des Onlinezugangsgesetzes

Am 23.2.2024 hat der Bundestag mehrheitlich das Onlinezugangs-ÄnderungsG (OZGÄndG) beschlossen, der Bundesrat muss noch zustimmen. Was bedeutet das für Wirtschaft und Bürger?

Hintergrund

Das bereits 2017 in Kraft getretene „Gesetz zur Verbesserung des Onlinezugangs zu Verwaltungsleistungen“ (Onlinezugangsgesetz-OZG vom 14.8.2017, BGBl 2017 I S. 3122, 3138, zuletzt geändert am 28.6.2021, BGBl 2021 I S. 2250) ist die rechtliche Grundlage für das bis dato größte Modernisierungsprojekt der öffentlichen Verwaltung seit Bestehen der Bundesrepublik. Im OZG werden die Digitalisierung von Verwaltungsleistungen sowie deren Bereitstellung über Verwaltungsportale geregelt. Hiermit wurden alle Behörden verpflichtet, bis Ende 2022 ihre Verwaltungsleistungen auch digital über Verwaltungsportale anzubieten, durch effiziente Arbeitsteilung, moderne IT-Infrastruktur sowie gemeinsame Standards zwischen Bund, Ländern und Kommunen. Weiterlesen