Umsätze eines Versicherungsmaklers aus der Tarifoptimierung von Versicherungsverträgen sind auch ohne Wechsel des Versicherers umsatzsteuerfrei – so lautet der Kern des BFH-Urteils vom 8.7.2025 (XI R 7/23), das nachfolgend kurz vorgestellt werden soll.
Der Sachverhalt:
Die Klägerin, eine Versicherungsmaklerin, ist darauf spezialisiert, bestehende private Krankenversicherungsverträge zu optimieren. Im Wesentlichen geschieht dies dadurch, dass durch einen Tarifwechsel eine Beitragsersparnis für privat krankenversicherte Kunden erzielt wird, ohne dabei den Versicherer zu wechseln. Zu diesem Zweck recherchiert und vergleicht die Klägerin für ihre Kunden die verfügbaren Tarife und Tarifoptionen ihres Versicherers, stellt diese vor und übernimmt das weitere Prozedere des Tarifwechsels gegenüber den Versicherern. Im Erfolgsfall erhält die Klägerin für ihr Tätigwerden eine Provision von den Kunden, die sich nach der Ersparnis aufgrund des Tarifwechsels errechnet.
Die Klägerin beantragte, ihre Umsätze aus der Tarifoptimierung nach § 4 Nr. 11 UStG, das heißt als Umsätze aus der Tätigkeit eines Versicherungsmaklers, zu befreien. Das Finanzamt behandelte die Umsätze zwar als umsatzsteuerpflichtig, soweit die Leistungen der Klägerin lediglich eine Tarifänderung ohne Wechsel des Versicherers betrafen. Doch sowohl das FG als auch der BFH widersprachen dem Fiskus.
Die Begründung:
Gemäß § 4 Nr. 11 UStG sind die Umsätze aus der Tätigkeit als Bausparkassenvertreter, Versicherungsvertreter und Versicherungsmakler steuerfrei. Die Vorschrift dient der Umsetzung von Art. 135 Abs. 1 Buchst. a MwStSystRL. Ob die Voraussetzungen für die Steuerfreiheit erfüllt sind, hängt vom Inhalt der in Rede stehenden Tätigkeiten ab. Erstens muss der Dienstleistungserbringer sowohl mit dem Versicherer als auch mit dem Versicherten in Verbindung stehen. Zweitens muss seine Tätigkeit wesentliche Aspekte der Versicherungsvermittlungstätigkeit, wie Kunden zu suchen und diese mit dem Versicherer zusammenzubringen, umfassen.
Übertragen auf den Fall der „Tarifoptimierung“ folgt hieraus, dass die entsprechenden Tätigkeiten die Voraussetzungen des § 4 Nr. 11 UStG erfüllen, wenn die Kunden mit dem Versicherer zusammengebracht werden. Es kommt nicht darauf an, ob die Kunden ihren bereits vorhandenen Versicherer wechseln oder ob deren Verträge bei demselben Versicherer optimiert werden.
Die Recherche und der Vergleich der verfügbaren Tarifoptionen, die Aufarbeitung der Ergebnisse und die Beratung der Kunden in Bezug auf mögliche Tarif- und Wechseloptionen sind die wesentlichen Ursachen für das Zustandekommen entsprechender Änderungen an den Versicherungsverträgen. Der Vermittler bringt damit Versicherer und Versicherungsnehmer zwar nicht erstmals, doch aber erneut – zum Abschluss eines Änderungsvertrags – zusammen. Während die Versicherten durch günstigere Tarifoptionen profitieren, haben die Versicherer den Vorteil, ihre Bestandskunden nicht zu verlieren.
Für die Steuerfreiheit spricht auch der Neutralitätsgrundsatz. Dies zeigt sich schon daran, dass ein Vermittler sonst einem Kunden zu einem Wechsel des Versicherers raten müsste, um ein umsatzsteuerrechtlich günstigeres Ergebnis zu erreichen, obwohl ein Wechsel des Versicherers aus Kundensicht unter Umständen mit gravierenden Nachteilen verbunden wäre; denn die Vermittlung neuer Versicherungsverträge unterfällt unstreitig der Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 11 UStG. Der Grundsatz der umsatzsteuerlichen Neutralität verbietet es, diese gleichartigen und miteinander in Wettbewerb stehenden Dienstleistungen hinsichtlich der Mehrwertsteuer unterschiedlich zu behandeln.
Dass die Provision nicht vom Versicherer, sondern vom Kunden an den Vermittler gezahlt wird, hat kein entscheidungserhebliches Gewicht.
Denkanstoß:
Das Urteil ist keine Überraschung. Allein schon der zuletzt erwähnte Neutralitätsgrundsatz hätte wohl als Begründung ausgereicht, denn es wäre widersinnig, den Wechsel des Versicherers steuerlich anders zu behandeln als eine Tarifoptimierung beim gleichen Versicherer.