Mit einem aktuellen Urteil hat der EuGH (1.8.2025 – C 794/23 – P-GmbH II) die Rechte von Unternehmen gestärkt: Sie haften nicht für die Umsatzsteuer, wenn gegenüber Endverbrauchern ein unrichtiger Umsatzsteuerausweis erfolgt.
Sachverhalt im Streitfall
Eine österreichische GmbH betrieb einen Indoor-Spielplatz und stellte über Jahre hinweg Kleinbetragsrechnungen mit einem zu hohen Umsatzsteuersatz aus. Die Kassenbons wurden an namentlich nicht bekannte Kunden gegeben. Im ersten Verfahren (EuGH 8.12.2022 – C-378/21, „P-GmbH I“) hatte der EuGH entschieden, dass ein überhöhter Steuerausweis gegenüber Endverbrauchern keine Steuerschuld nach Art. 203 MwStSystRL (in Deutschland: § 14c UStG) auslöst. Denn Endverbraucher sind nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt, sodass keine Gefährdung des Steueraufkommens besteht. Unklar war aber bislang, ob eine Haftung auch entfällt, wenn sich nicht exakt ermitteln lässt, ob die Rechnung an einen Unternehmer oder einen Endverbraucher gestellt wurde.
Entscheidung des EuGH
Der EuGH hat entschieden (1.8.2025 – C 794/23 P-GmbH II): Wenn Leistungen ausschließlich an Endverbraucher erbracht werden, die nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt sind, besteht keine Verpflichtung zur Zahlung der zu hoch ausgewiesenen Steuer – selbst, wenn der Steuersatz in der Rechnung falsch war. Als „Endverbraucher“ ist danach ausschließlich ein Nichtunternehmer anzusehen sein. Es reicht nicht aus, wenn es sich um einen Unternehmer handelt, der die Leistung für nicht-unternehmerische Zwecke bezieht oder aus dem Leistungsbezug nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt ist. Das bedeutet: Nur bei Leistungen gegenüber Privatpersonen ist die Haftung für einen fehlerhaften Steuerausweis ausgeschlossen.
Auswirkungen auf die (deutsche) Besteuerungspraxis
Allein die Tatsache, dass ein Unternehmer dieselben Leistungen an private Endkunden und an Unternehmen erbringt, führt bei Vorliegen der weiteren Voraussetzungen nach dem EuGH-Urteil noch nicht zur Steuerschuld nach § 14c UStG. Das BMF hatte demgegenüber bislang angenommen, dass auch privat handelnde Unternehmer vom Begriff des „Endverbrauchers“ erfasst sein; gleichzeitig schloss es eine Schätzung in Mischfällen ausdrücklich aus. Auch der BFH ging bislang in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass eine abstrakte Gefährdung des Steueraufkommens ausreichend ist; er hat deshalb bislang eine Steuerschuld nach § 14 c UStG auch aus Rechnungen an private Endverbraucher bejaht. Sowohl BMF als auch BFH werden jetzt nach dem unternehmerfreundlichen EuGH-Urteil ihre Sichtweise ändern müssen.