Grundstückserwerb: Kaufpreisaufteilung im Notarvertrag demnächst unerheblich?

Wer eine Immobilie für Zwecke der Einkünfteerzielung erwirbt und dementsprechend Absetzungen für Abnutzung geltend macht, hat ein Interesse daran, dass ein möglichst hoher Anteil des Gesamtkaufpreises auf das Gebäude und ein möglichst niedriger Anteil auf den Grund und Boden entfällt. Am einfachsten ist es, wenn die Aufteilung bereits im notariellen Kaufvertrag vorgenommen wird. Das Finanzamt muss diese Werte im Allgemeinen übernehmen, „solange dagegen keine nennenswerten Zweifel bestehen“ (vgl. BFH 10.10.2000 – IX R 86/97; BFH 29.5.2008 – IX R 36/06; BFH 16.9.2015, IX R 12/14). Der Finanzverwaltung hat diese Rechtsprechung nie so wirklich geschmeckt. Und zugegeben: Manch Steuerpflichtiger hat es auch übertrieben, indem er den Halbsatz „solange dagegen keine nennenswerten Zweifel bestehen“ sehr weitgehend im eigenen Sinne interpretiert hat (vgl. dazu den Blog-Beitrag „Kaufpreisaufteilung im Notarvertrag: Man darf es nicht übertreiben„).

Nun kommt ein Gesetzesentwurf – noch ist es ein Referentenentwurf – daher, der den sperrigen, aber unverfänglichen Namen „Siebte Verordnung zur Änderung steuerlicher Verordnungen“ trägt. Dabei hat es der Entwurf in sich. Um es auf den Punkt zu bringen und etwas vereinfacht mit eigenen Worten darzustellen, sind bezüglich der Aufteilung eines Gesamtkaufpreises folgende Änderungen beabsichtigt (Entwurf des § 9b EStDV):

  • Der Kaufpreis, der auf den Grund und Boden einerseits und auf das Gebäudes andererseits entfällt, ist nach dem Verhältnis der jeweiligen Verkehrswerte aufzuteilen.
  • Zur Ermittlung der Verkehrswerte ist die Excel-Arbeitshilfe der Finanzverwaltung zu verwenden; sie erhält eine Art widerlegbare Vermutung und damit Quasi-Gesetzeskraft.
  • Wer davon abweichen will, muss ein Gutachten bei einem öffentlich bestellten Gutachter in Auftrag geben, der das Gebäude in Augenschein zu nehmen hat. Dieses schlägt üblicherweise mit rund 3.000 Euro bis 5.000 Euro zu Buche; auf den Kosten bleibt der Steuerpflichtige selbst im „Erfolgsfall“ sitzen.
  • Die Kaufpreisaufteilung im Notarvertrag ist demnächst unerheblich.

 

Denkanstoß:

In der Gesetzesbegründung heißt es: „Mit der Neuregelung in § 9b EStDV wird die Vorgehensweise zur Aufteilung eines Gesamtkaufpreises für ein bebautes Grundstück nach dem Verhältnis der Verkehrswerte auf den Grund und Boden einerseits sowie das Gebäude andererseits unter Berücksichtigung der höchstrichterlichen Rechtsprechung und den anerkannten Grundsätzen der Verkehrswertermittlung von Grundstücken zur Wahrung der Gleichmäßigkeit der Besteuerung und im Sinne der Rechtsklarheit und Rechtssicherheit für steuerliche Zwecke praxisgerecht konkretisiert.“

Das Wort „praxisgerecht“ muss man hier wohl als kleinen Scherz verstehen, den sich das BMF erlaubt hat. Ich nehme an, dass nicht einmal die eigenen Finanzbeamten über die geplante Neuregelung erfreut sind, da sie ihnen bei jedem einzelnen Immobilienerwerb demnächst extrem viel Arbeit bereiten wird. So viel zum Thema Bürokratieabbau in Deutschland.

Überhaupt finde ich das Vorgehen höchst seltsam. Da wird ein Steueränderungsgesetz vorgestellt, das Entlastungen bringen soll. Und quasi gleichzeitig werden in einem anderen Gesetz Änderungen auf den Weg gebracht, die Belastungen sowohl finanziell als auch bürokratie- und arbeitsmäßig (und damit letztlich auch finanziell) mit sich bringen.

Es bleibt zu hoffen, dass der Referentenentwurf noch erhebliche Änderungen erfahren wird.

 

Ein Beitrag von:

  • Christian Herold

    • Steuerberater in Herten/Westf. (www.herold-steuerrat.de)
    • Autor zahlreicher Fachbeiträge
    • Mitglied im Steuerrechtsausschuss des Steuerberaterverbandes Westfalen-Lippe

    Warum blogge ich hier?
    Als verantwortlicher Redakteur und Programmleiter zahlreicher Steuerfachzeitschriften, meiner früheren Tätigkeit in der Finanzverwaltung und meiner über 25-jährigen Arbeit als Steuerberater lerne ich das Steuerrecht sowohl aus theoretischer als auch aus praktischer Sicht kennen. Es reizt mich, die Erfahrungen, die sich aus dieser Kombination ergeben, mit den Nutzern des Blogs zu teilen und freue mich auf viele Rückmeldungen.

Kommentare zu diesem Beitrag:

Eine Antwort

  1. Es bleibt extrem spannend wie es mit der Änderung der EStDV weiter geht. Es gibt ja auch gute Ansätze die wirklich weniger Bürokratie mit sich bringen. Hier sei auf die Änderung des § 8 EStDV verwiesen.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

− 2 = 3

ARCHIV

Archive