Kein Wechsel der Veranlagungsart bei Unanfechtbarkeit von Steuerbescheiden

Zusammenveranlagung oder Einzelveranlagung? Für steuerliche Laien kann die Wahl der „richtigen“ Veranlagungsart schwierig sein, denn das Finanzamt prüft nichts von Amts wegen, welche Veranlagungsart die günstigere ist. Manchmal wählen Ehegatten die Einzelveranlagung und erkennen erst nach Ergehen der Steuerbescheide, dass sie – zusammengerechnet – eine wesentlich höhere Steuerschuld als in den Vorjahren haben. Oder umgekehrt: Bei genauerer – späterer – Prüfung stellen sie fest, dass die Einzelveranlagung die bessere Wahl gewesen wäre. Was also tun?

Solange der bzw. die Steuerbescheide noch anfechtbar sind, ist alles kein Problem. Die Ehegatten können Einspruch einlegen bzw. einen Änderungsantrag stellen und die Veranlagungsart wechseln. Das heißt: Ehegatten können ihr Wahlrecht der Veranlagungsart bis zur Unanfechtbarkeit eines Bescheids – auch mehrfach – ausüben und die einmal getroffene Wahl innerhalb dieser Frist grundsätzlich frei widerrufen. Aber: Eine wirksame Ausübung oder Änderung des Wahlrechts ist dagegen nach Eintritt der Unanfechtbarkeit nur noch unter den engen Voraussetzungen des § 26 Abs. 2 Satz 4 EStG möglich. Die geänderte Ausübung eines Antrags- oder Wahlrechts stellt für sich genommen keine verfahrensrechtliche Grundlage für eine Änderung von Bescheiden dar. Dies hat das FG Köln jüngst bestätigt (FG Köln, Urteil vom 26.9.2022, 15 K 469/22, Rev. zugelassen).

Denkanstoß:

§ 26 Abs. 2 Satz 4 EStG erlaubt einen Wechsel der Veranlagungsart nach Eintritt der Unanfechtbarkeit des Steuerbescheids nur, wenn

  • ein Steuerbescheid, der die Ehegatten betrifft, aufgehoben, geändert oder berichtigt wird und
  • die Änderung der Wahl der Veranlagungsart der zuständigen Finanzbehörde bis zum Eintritt der Unanfechtbarkeit des Änderungs- oder Berichtigungsbescheids schriftlich oder elektronisch mitgeteilt oder zur Niederschrift erklärt worden ist und
  • der Unterschiedsbetrag aus der Differenz der festgesetzten Einkommensteuer entsprechend der bisher gewählten Veranlagungsart und der festzusetzenden Einkommensteuer, die sich bei einer geänderten Ausübung der Wahl der Veranlagungsarten ergeben würde, positiv ist. Die Einkommensteuer der einzeln veranlagten Ehegatten ist hierbei zusammenzurechnen.

Zugegebenermaßen dürften solche Ausnahmefälle nicht allzu oft vorkommen. Von daher sollte der „richtigen“ Veranlagungsart von Beginn an, also bereits bei Abgabe der Steuererklärung, einige Aufmerksamkeit gewidmet werden.

Hier ein Hinweis für zerstrittene Ehegatten, die üblicherweise im Jahr der Trennung noch die Zusammenveranlagung wählen können: Jeder Ehegatte kann selbst über die Veranlagungsart bestimmen, aber die Veranlagungsart kann für beide nur einheitlich angewendet werden (BFH-Urteil vom 3.3.2005, III R 22/02, BStBl 2005 II S. 690). Das bedeutet: Wählt einer der beiden Ehegatten die Einzelveranlagung, kann der andere gegenüber dem Finanzamt keine Zusammenveranlagung einfordern. Aber: Wer die Zustimmung zur Zusammenveranlagung willkürlich verweigert, muss sich darüber im Klaren sein, dass dem anderen Ehegatten gegebenenfalls ein Erstattungsanspruch bzw. ein Schadensersatzanspruch zustehen kann, sofern die Zusammenveranlagung günstiger ist als die Einzelveranlagung.

Beachten Sie hier zu zum Beispiel:

Das OLG Koblenz entschieden, dass der Zusammenveranlagung selbst im Fall der vorigen Steuerklasse V eines der beiden (Ex-)Partner zugestimmt werden müsse. Ein Ehepartner sei auch nach der Trennung dem anderen gegenüber verpflichtet, in eine von diesem für die Zeit des Zusammenlebens gewünschte Zusammenveranlagung zur Einkommensteuer einzuwilligen, wenn dadurch dessen Steuerschuld verringert wird und der auf Zustimmung in Anspruch genommene Ehepartner keiner zusätzlichen steuerlichen Belastung ausgesetzt ist.

Und noch ein Hinweis: Unanfechtbarkeit bedeutet nicht Unabänderbarkeit. Steuerfestsetzungen, die unter dem Vorbehalt der Nachprüfung stehen, sind zwar abänderbar, gelten aber dennoch als formell bestandskräftig, also unanfechtbar (BFH Urteil vom 19.12.1985, V R 167/82, BStBl 1986 II S. 420).


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