Spenden an die eigene gGmbH – FG Münster erkennt Abzug an

Es gibt Fälle, bei denen man sich fragt, ob die steuerliche Logik manchmal zu streng für die Realität ist. Ein solcher Fall lag nun dem Finanzgericht Münster (Urteil vom 02.09.2025 – 1 K 102/23 E) vor. Im Zentrum: Ein Alleingesellschafter, seine gemeinnützige gGmbH – und die Frage, ob Zahlungen an „die eigene“ Gesellschaft als Spende nach § 10b EStG abziehbar sind.

Das Finanzamt hatte ein klares „Nein“ im Gepäck. Das FG Münster jedoch überraschte – und gab dem Steuerpflichtigen Recht.

Der Fall: Kunst, Miete und eine Patronatserklärung

Der Kläger hatte eine gemeinnützige GmbH gegründet, deren Zweck die Förderung von Kunst und Kultur war. Er stellte seiner gGmbH ein Gebäude zur Verfügung, in dem diese ein Museum betrieb. Damit die GmbH die Miete zahlen konnte, verpflichtete sich der Kläger in einer sogenannten Patronatserklärung, der Gesellschaft monatlich Beträge zu spenden. Die gGmbH zahlte anschließend die Miete an ihn als Vermieter – und stellte ihm über die erhaltenen Zuwendungen Spendenbescheinigungen aus.

Das Finanzamt verweigerte den Spendenabzug: Der Kläger spende nicht „fremdnützig“, sondern letztlich an sich selbst. Es liege ein bloßer Geldkreislauf vor, der keine steuerlich abzugsfähige Spende darstelle.

Die Argumentation des Finanzamts: Kein Altruismus in Sicht

Die Prüfer sahen in der Konstruktion keinen echten Spendenvorgang, sondern eine mittelbare Eigenbegünstigung. Denn:

  • Die Spende diene der GmbH nur dazu, die Miete an den Spender zu zahlen.
  • Damit profitiere der Spender wirtschaftlich unmittelbar von seiner eigenen Zuwendung.
  • Eine „Unentgeltlichkeit“ im Sinne des § 10b EStG liege nicht vor.

 

Das Finanzamt stufte die Zahlungen daher als verdeckte Einlage oder eigennützige Maßnahme ein – Spendenabzug gestrichen.

Das FG Münster hält dagegen: Spende bleibt Spende

Das Finanzgericht sah das völlig anders und stärkte die steuerliche Anerkennung gemeinnütziger Strukturen – auch wenn diese persönlich eng verflochten sind.

Die Richter stellten klar: Spenden an eine gemeinnützige gGmbH sind auch dann abziehbar, wenn der Spender Alleingesellschafter ist – solange die Zahlung freiwillig, unentgeltlich und ohne konkrete Gegenleistung erfolgt.

Die zentralen Erwägungen:

  • Freiwilligkeit: Der Kläger war zu den Zahlungen rechtlich nicht verpflichtet. Auch eine freiwillig abgegebene Patronatserklärung ändert daran nichts.
  • Unentgeltlichkeit: Der Mietvertrag zwischen Kläger und gGmbH war zivilrechtlich wirksam, fremdüblich und tatsächlich durchgeführt. Die Zahlung der Spenden und die Mietzahlungen seien zwei getrennte Vorgänge.
  • Keine verdeckte Einlage: Die Zuwendungen erfolgten nicht aus gesellschaftsrechtlicher Motivation, sondern zur Förderung des gemeinnützigen Zwecks (Betrieb des Museums).

 

Selbst wenn durch die Zuwendung die finanzielle Lage der gGmbH verbessert wurde, sei das kein Hindernis. Schließlich sei es gerade Sinn einer Spende, eine gemeinnützige Einrichtung finanziell zu stärken.

Ein kleiner, aber entscheidender Denkfehler der Finanzverwaltung

Das Gericht machte deutlich, dass die Verwaltung die Perspektive verwechselt hatte. Entscheidend ist nicht, ob die Spende mittelbar auch dem Spender zugutekommt, sondern ob sie im Moment der Zuwendung ohne Gegenleistungsabsicht erfolgt.
Die gGmbH durfte mit den Spenden frei über die Mittel verfügen – das reichte für die steuerliche Anerkennung.

Die Richter gingen sogar noch weiter: Auch der Umstand, dass das Geld letztlich über Mietzahlungen wieder an den Spender floss, schließt eine wirtschaftliche Belastung nicht aus. Entscheidend sei die rechtliche Selbstständigkeit der beiden Vorgänge.

Das FG Münster lehnte außerdem den Vorwurf des § 42 AO ab.

Fazit: Ein Urteil mit Signalwirkung

Das Urteil des FG Münster ist ein erfreuliches Beispiel für steuerlichen Realitätssinn. Es zeigt:

  • Nicht jede Zuwendung an eine „eigene“ gGmbH ist automatisch eigennützig.
  • Entscheidend ist die Trennung der Rechtsbeziehungen – Spende bleibt Spende, Miete bleibt Miete.
  • Freiwilligkeit und Unentgeltlichkeit werden nicht durch organisatorische Nähe aufgehoben.

 

Damit stärkt das FG Münster insbesondere kleinere gemeinnützige Gesellschaften, die auf das Engagement ihrer Gründer angewiesen sind.

Vernunft siegt über Misstrauen

Das Finanzamt hatte hier den Verdacht, jemand wolle sich über ein steuerliches „Perpetuum mobile“ bereichern. Das Gericht hingegen erkannte, dass bürgerschaftliches Engagement manchmal schlicht komplizierte Strukturen hat – ohne steuerliche Hintergedanken. Und vielleicht ist genau das die Lehre: Nicht jeder Geldkreislauf ist ein Gestaltungsmissbrauch. Manchmal ist er einfach Ausdruck von Idealismus – und der darf auch steuerlich wirken.

Weitere Informationen:

NWB Online-Nachricht: Spendenabzug der Mietzahlungen eines Alleingesellschafters einer eigennützigen gemeinnützigen GmbH (FG)

 

Ein Beitrag von:

  • Lutz Ritter

    • Steuerberater, LL.M.
    • Zertifizierter Berater für Gemeinnützigkeit (IFU/ISM gGmbH)
    • Mitarbeiter in der Steuerabteilung von BW PARTNER, Stuttgart

    Warum blogge ich hier?
    Steuerrecht lebt von Ideen, Gedanken und Vorstellungen. Man muss es probieren, diskutieren und streiten. Der Blog bietet die einfache Möglichkeit, einzelne Themen gezielt anzusprechen und den ein oder anderen Denkanstoß mitzugeben.

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