Verkürzter AfA-Zeitraum? Nix da – Gesetzgeber nimmt nächsten Anlauf !

Liegt die tatsächliche Nutzungsdauer eines Gebäudes unter der typisierten Nutzungsdauer des § 7 Abs. 4 EStG (zumeist 33, 40 oder 50 Jahre), so kann die AfA statt mit den pauschalierten AfA-Sätzen nach der tatsächlichen Nutzungsdauer bemessen werden (§ 7 Abs. 4 Satz 2 EStG). Die Gerichte haben mehrfach geurteilt, dass den Steuerpflichtigen keine zu hohen Anforderungen an den Nachweis einer kürzeren Nutzungsdauer aufgebürdet werden dürfen. Im Rahmen des NWB-Expertenblogs wurde darüber schon des Öfteren berichtet (vgl. z.B. „Verkürzter AfA-Zeitraum: Erneute Schlappen für die Finanzverwaltung„).

Der Gesetzgeber hatte bereits einen Anlauf (oder waren es sogar zwei Anläufe?) unternommen, um die BFH-Rechtsprechung auszuhebeln, ist aber mit seinem Anliegen gescheitert. Nun kommt der nächste Anlauf, und zwar in Form der „Siebten Verordnung zur Änderung steuerlicher Verordnungen“, wobei es sich noch um einen Referentenentwurf handelt.

Das Finanzamt soll danach nur noch Gutachten akzeptieren müssen, die von einem öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen erstellt worden sind. Auch muss dieser das Objekt vor Ort besichtigt haben. Das Gutachten muss unter Berücksichtigung der individuellen Gegebenheiten des Objekts Aufschluss über die maßgeblichen technischen, wirtschaftlichen und rechtlichen Determinanten geben, welche die Nutzungsdauer beeinflussen (§ 11c Abs. 1a EStDV; § 84 Abs. 2a Satz 2 EStDV – jeweils im Entwurf).

In der Gesetzesbegründung heißt es dazu: „Um das Risiko von unqualifizierten Gutachten – zum Beispiel durch nicht-sachverständige Personen oder einfache Internetgutachten – als Nachweis einer kürzeren tatsächlichen Nutzungsdauer zu minimieren und das Regel-Ausnahmeverhältnis des Gesetzes wiederherzustellen, müssen die erforderlichen Kriterien für die Nachweisführung, die der BFH in seinem vorgenannten Urteil nennt, festgeschrieben werden. Dabei handelt es sich laut BFH um die so genannten maßgeblichen Determinanten, wie technischer Verschleiß, wirtschaftliche Entwertung und rechtliche Nutzungsbeschränkungen, die die Nutzungsdauer beeinflussen und auf deren Grundlage der Zeitraum, in dem das maßgebliche Gebäude voraussichtlich seiner Zweckbestimmung entsprechend genutzt werden kann, im Wege der Schätzung mit hinreichender Bestimmtheit zu ermitteln ist.“

Denkanstoß:

Wenn ich es richtig sehe, soll die verschärfte Regelung sogar bereits ab dem 1.1.2025, also rückwirkend zum Jahresbeginn, gelten. Da wir es „lediglich“ mit einer so genannten unechten Rückwirkung zu tun haben werden, mag diese verfassungsrechtlich in Ordnung sein – ein guter Stil seitens des BMF ist es aber nicht. Ich finde die gesetzgeberischen Vertrauensverstöße im Steuerrecht, seien sie auch zulässig, zunehmend unerträglich.

Überhaupt darf man sich fragen, ob ein verkürzter AfA-Zeitraum wirklich ein so großes Übel darstellt, dass man da gesetzlich eingreifen muss. Ich meine, wir haben in Deutschland wichtigere Aufgaben zu lösen. Im Übrigen stehen die Kosten des erforderlichen Gutachters laut § 11c Abs. 1a EStDV-E in den meisten Fällen in keinem Verhältnis zum steuerlichen „Ertrag“. Das weiß das BMF nur allzu gut.

Ein Beitrag von:

  • Christian Herold

    • Steuerberater in Herten/Westf. (www.herold-steuerrat.de)
    • Autor zahlreicher Fachbeiträge
    • Mitglied im Steuerrechtsausschuss des Steuerberaterverbandes Westfalen-Lippe

    Warum blogge ich hier?
    Als verantwortlicher Redakteur und Programmleiter zahlreicher Steuerfachzeitschriften, meiner früheren Tätigkeit in der Finanzverwaltung und meiner über 25-jährigen Arbeit als Steuerberater lerne ich das Steuerrecht sowohl aus theoretischer als auch aus praktischer Sicht kennen. Es reizt mich, die Erfahrungen, die sich aus dieser Kombination ergeben, mit den Nutzern des Blogs zu teilen und freue mich auf viele Rückmeldungen.

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