Wer im Steuerrecht Gutes tun will, steht schnell vor einem Problem: Das Finanzamt glaubt’s erst, wenn’s „gesichert“ ist. So auch im Fall einer Stiftung, die für den Klima- und Umweltschutz gedacht war – und nebenbei die Fertigstellung einer Gaspipeline koordinierte. Klingt widersprüchlich? Willkommen im echten Leben – oder genauer gesagt: im Erbschaftsteuerrecht!
Worum geht’s?
Zuwendungen für gemeinnützige, mildtätige oder kirchliche Zwecke sind unter bestimmten Voraussetzungen von der Erbschaft- und Schenkungsteuer befreit (§ 13 Abs. 1 Nr. 16 und Nr. 17 ErbStG). Bei § 13 Abs. 1 Nr. 17 ErbStG reicht es aber nicht, einfach nur gute Absichten zu haben – man muss auch nachweisen können, dass das Geld ausschließlich für den begünstigten Zweck verwendet wird – und zwar gesichert.
Und genau an diesem Punkt wird’s heikel – wie ein Fall vor dem FG Mecklenburg-Vorpommern zeigt (Urteil vom 31.01.2024, 1 K 231/22, Revision anhängig unter II R 12/24).
Der Fall: Eine Stiftung, zwei Zwecke und 20 Millionen Euro
Ein großes deutsches Bundesland (Spoiler: es war Mecklenburg-Vorpommern) gründet eine Stiftung für den Klima- und Umweltschutz. Klingt prima. Die Stiftung soll sich aber auch an der Fertigstellung einer Gaspipeline beteiligen. Okay, etwas weniger grün, aber immerhin: Energie ist ja auch wichtig.
Ein Schweizer Unternehmen überweist 20 Millionen Euro an die Stiftung – freigebig, ohne Gegenleistung. Die Stiftung erklärt: Das Geld ist nur für den „gemeinwohlorientierten Bereich“, also für den guten Zweck. Das Finanzamt aber winkt ab – und verlangt fast 10 Millionen Euro Schenkungsteuer.
Was sagt das Finanzgericht?
Kurz gesagt: Gute Absichten reichen nicht – es muss gesichert sein, dass das Geld auch wirklich für die begünstigten Zwecke verwendet wird. Und das bedeutet nach Ansicht des Gerichts:
- Eine mündliche Absprache? Reicht nicht.
- Eine notariell nicht beurkundete Zuwendungsvereinbarung? Auch nicht.
- Die bloße Existenz einer Stiftungsaufsicht? Nicht ausreichend.
- Die Verwendung auf einem separaten Konto? Nett, aber kein Garant.
Das Urteil formuliert es drastisch: Die Verwendung muss entweder durch eine Behörde, einen Beamten oder einen kirchlichen Würdenträger beaufsichtigt werden. Ein privater Stiftungsvorstand reicht nicht – selbst wenn dieser vom Ministerpräsidenten eingesetzt wurde.
Und was bedeutet das jetzt?
- Erstens: Die Latte für steuerfreie Zuwendungen an nicht gemeinnützige Organisationen mit Zweckbindung liegt hoch – besonders bei § 13 Abs. 1 Nr. 17 ErbStG.
- Zweitens: „Gesichert“ ist im steuerlichen Sinn nicht einfach nur wahrscheinlich. Es braucht verlässliche Kontrollmechanismen. Oder, wie das Gericht durchblicken lässt: eine institutionelle Sicherung mit rechtlicher Substanz.
- Drittens: Die Revision läuft. Vielleicht sieht der BFH (Az. II R 12/24) das Ganze etwas entspannter – aber verlassen sollte man sich nicht darauf.
Fazit: Nicht jeder gute Zweck wird steuerlich belohnt
Wer mit gutem Gewissen schenken möchte und sich auf die Steuerfreiheit nach § 13 Abs. 1 Nr. 17 ErbStG beruft, sollte nicht auf mündliche Zusagen oder gute Absichten vertrauen. Ohne klare, dokumentierte Zweckbindung und Überwachung durch anerkannte Stellen kann der Fiskus schnell zur Kasse bitten – und das großzügig.
Also: Beim nächsten Mal lieber schriftlich, eindeutig, am besten mit Behördenaufsicht – und mit einem Steuerberater im Boot, der bei „gesichert“ nicht nervös wird.
Ein Beitrag von:
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- Steuerberater, LL.M.
- Zertifizierter Berater für Gemeinnützigkeit (IFU/ISM gGmbH)
- Mitarbeiter in der Steuerabteilung von BW PARTNER, Stuttgart
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