Werbungskostenabzug bei Kapitalerträgen: BFH hat keine verfassungsrechtlichen Zweifel

Typisierungen und Vereinfachungen nimmt man gerne hin, wenn sie zum Vorteil gereichen. Doch wenn sie nachteilig wirken oder gar zu absurden Ergebnissen führen, werden schnell verfassungsrechtliche Zweifel laut – so auch bei der Besteuerung von Kapitalerträgen, die einerseits der Abgeltungsteuer unterliegen, bei denen andererseits aber selbst nachgewiesene Werbungskosten (oberhalb des Sparerpauschbetrages) nicht berücksichtigt werden.

Soeben hat der BFH bestätigt, dass das Werbungskostenabzugsverbot gemäß § 20 Abs. 9 Satz 1 Halbsatz 2 EStG verfassungskonform ist, und zwar auch gegenüber Beziehern höherer Kapitalerträge, denen Werbungskosten deutlich oberhalb des Sparerpauschbetrages erwachsen (BFH-Beschluss vom 8.4.2025, VIII B 79/24).

Der Sachverhalt:

Der Kläger beantragte den vollen Abzug der Gebühren für die Vermögensverwaltung. Diese waren offenbar erheblich. Finanzamt und Finanzgericht verweigerten aber einen Abzug; nur der Sparerpauschbetrag wurde gewährt. Da die Revision nicht zugelassen wurde, erhob der Kläger Beschwerde beim BFH. Dabei warf er die Rechtsfrage auf, ob das vollständige Abzugsverbot für Vermögensverwaltergebühren gemäß § 20 Abs. 9 ESG verfassungskonform ist. Doch der BFH hat die Beschwerde abgewiesen.

Die Begründung in aller Kürze:

Der Gesetzgeber hat die Grundentscheidung getroffen, die Aufwendungen bei den Einkünften aus Kapitalvermögen dem Abzugsverbot gemäß § 20 Abs. 9 EStG zu unterwerfen und nur den Abzug eines Sparerpauschbetrages zuzulassen. Soweit Vermögensverwaltergebühren Werbungskosten sind, unterliegen sie dem Abzugsverbot. Daraus kann sich je nach der Rendite des Steuerpflichtigen und der Höhe der Vermögensverwaltergebühr eine Bruttobesteuerung der positiven Kapitalerträge ergeben, wenn die nicht abzugsfähige Vermögensverwaltervergütung die positiven Kapitalerträge übersteigt. Das Werbungskostenabzugsverbot ist aber auch gegenüber Beziehern höherer Kapitalerträge nicht zu beanstanden. Die verfassungsrechtlichen Rechtfertigung des Werbungskostenabzugsverbots liegt in der abgeltenden Besteuerung der Kapitalerträge. Der Gesetzgeber hat nicht nur eine erhebliche steuerliche Entlastung, sondern auch eine deutliche Vereinfachung des Besteuerungsverfahrens von Kapitaleinkünften erreichen wollen; Bestandteil der Vereinfachung ist auch das Abzugsverbot in § 20 Abs. 9 EStG.

Denkanstoß:

Der zweite Leitsatz des Urteils lautet: Macht der Beschwerdeführer geltend, die typisierende Regelung des Werbungskostenabzugsverbots in § 20 Abs. 9 Satz 1 Halbsatz 2 EStG führe nach Art. 3 Abs. 1 GG zu einer verfassungswidrigen Ungleichbehandlung, muss er sich zur Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung mit der zu dieser Frage ergangenen Rechtsprechung des BFH auseinandersetzen und darlegen, unter welchen bislang nicht erörterten Gesichtspunkten diese Rechtsfrage einer neuerliche Überprüfung bedarf, sowie verdeutlichen, ob und unter welchen Gesichtspunkten diese Frage im steuerlichen Fachschrifttum umstritten ist.

Wer also in ähnlichen Fällen tatsächlich den Weg nach Karlsruhe antreten möchte bzw. den BFH zu einer Vorlage an das BVerfG bewegen will, hat einen langen und steinigen Weg vor sich.

Der Vollständigkeit halber (und um Missverständnisse auszuschließen) sei darauf hingewiesen, dass es einzelne, gesetzlich eng umrissene Fälle gibt, in denen ein Werbungskostenabzug doch zulässig ist (vgl. § 32d Abs. 2 EStG).

 

Ein Beitrag von:

  • Christian Herold

    • Steuerberater in Herten/Westf. (www.herold-steuerrat.de)
    • Autor zahlreicher Fachbeiträge
    • Mitglied im Steuerrechtsausschuss des Steuerberaterverbandes Westfalen-Lippe

    Warum blogge ich hier?

    Als verantwortlicher Redakteur und Programmleiter zahlreicher Steuerfachzeitschriften, meiner früheren Tätigkeit in der Finanzverwaltung und meiner über 25-jährigen Arbeit als Steuerberater lerne ich das Steuerrecht sowohl aus theoretischer als auch aus praktischer Sicht kennen. Es reizt mich, die Erfahrungen, die sich aus dieser Kombination ergeben, mit den Nutzern des Blogs zu teilen und freue mich auf viele Rückmeldungen.

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