BAG: Auch Kryptowährungen können als Sachbezug Teil des Arbeitsentgelts sein

Im Arbeitsvertrag können auch Sachbezüge als Teil des Arbeitsentgelts vereinbart werden. In einer aktuellen Entscheidung hat das BAG dazu Stellung genommen, ob dies auch für Kryptowährungen gilt.

Worum ging es im Streitfall?

Die Klägerin war bei dem beklagten Unternehmen, das sich insbesondere mit Kryptowährungen befasst, seit dem Juni 2019 zunächst in Teilzeit, seit April 2020 in Vollzeit mit einem Bruttomonatsgehalt von 2.400,00 Euro beschäftigt. Zusätzlich war jedenfalls bis zum 31.3.2020 arbeitsvertraglich ein Provisionsanspruch auf Basis der monatlichen Geschäftsabschlüsse vereinbart. Die Provision war dabei zunächst in Euro zu ermitteln und zum Zeitpunkt der Fälligkeit – dem jeweiligen Letzten des Folgemonats – zum „aktuellen Wechselkurs“ in die Kryptowährung Ether (ETH) umzurechnen und zu erfüllen.

Eine Übertragung von ETH und eine Abrechnung der Provisionsansprüche erfolgte bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht, obwohl die Klägerin die Beklagte hierzu mehrfach aufgefordert und ein für die Übertragung erforderliches Wallet rechtzeitig mitgeteilt hatte. Mit der Gehaltsabrechnung für Dezember 2021 zahlte die Beklagte an die Klägerin 15.166,16 Euro brutto als Provisionen aus, was die Klägerin bei der Höhe der Klageforderung berücksichtigte.

Mit ihrer Klage verlangte die Klägerin noch Provisionen in Höhe von 19,194 ETH für die Monate Februar und März 2020. Der Arbeitgeber meinte, soweit die Provisionsforderungen berechtigt seien, habe er sie diese durch die im Dezember 2021 geleistete Zahlung erfüllt. Unabhängig davon verlange § 107 Abs. 1 GewO die Zahlung von Arbeitsentgelt in Euro und lasse dessen Auszahlung in einer Kryptowährung nicht zu. Die Vorinstanzen haben der Klage stattgegeben.

Wie hat das BAG entschieden?

Die Revision des Arbeitgebers vor dem BAG hatte jetzt nur deshalb Erfolg, weil das LAG das unpfändbare Arbeitseinkommen unzutreffend ermittelt hatte (§ 107 Abs. 2 S. 5 GewO). Wichtiger aber ist die BAG-Feststellung, dass der Klägerin stehen die geltend gemachten Provisionen, zu erfüllen durch Übertragung von ETH, dem Grunde nach zustehen. Zwar handele es sich bei Kryptowährungen nicht um „Geld“, wie in § 107 Abs. 1 GewO verlangt. Die Vorschrift lasse es aber grundsätzlich zu, Sachbezüge als Teil des Arbeitsentgelts zu vereinbaren, wenn dies im Interesse des Arbeitnehmers liege. Und eine Sachbezugsvereinbarung beinhalte bei entsprechender arbeitsvertraglicher Vereinbarung auch Kryptowährungen.

Da nach § 107 Abs. 2 S. 5 GewO darf der Wert der vereinbarten Sachbezüge die Höhe des pfändbaren Teils des Arbeitsentgelts jedoch nicht übersteigen darf, muss dem Arbeitnehmer zumindest der unpfändbare Betrag seines Entgelts (§§ 850 ff. ZPO) in Geld ausgezahlt werden. Damit soll sichergestellt werden, dass der Arbeitnehmer nicht gezwungen wird, erst den Sachbezug in Euro „umzutauschen“ oder Sozialleistungen in Anspruch zu nehmen, um die Bedürfnisse des täglichen Lebens befriedigen zu können. Ein Verstoß gegen § 107 Abs. 2 S. 5 GewO führt, wenn der Sachbezug, wie hier die Einheit ETH, teilbar ist, zur teilweisen Nichtigkeit der Vereinbarung (§ 139 BGB). Das bedeutet, dass das Arbeitsentgelt bis zur Höhe der jeweiligen Pfändungsfreigrenzen in Geld zu leisten und der Sachbezug entsprechend zu kürzen ist.

Nach der Zurückverweisung muss das LAG jetzt im zweiten Rechtsgang die für die auf die ausstehende Kryptoprovision erforderlichen Tatsachen zur Berechnung der Steuern und Sozialversicherungsbeiträge feststellen und nochmals entscheiden.

Relevanz für die Praxis

Kryptowährung wie Bitcoin oder Ether erfahren im Alltag zunehmend Verbreitung und Akzeptanz. Arbeitgeber, die Kryptowährungen als Teil ihres Vergütungsmodells nutzen wollen, sollten sich aber frühzeitig über die lohnsteuerlichen Konsequenzen informieren, um unangenehme Überraschungen zu vermeiden. Das BAG hat Kryptowährungen in der vorliegenden Entscheidung aus arbeitsrechtlicher Hinsicht als Sachbezug eingeordnet, weil es sich bei Kryptowährungen nicht um „Geld“ i.S.d. § 107 Abs.1 GewO handelt. Das BMF hat in einem Anwendungsschreiben v. 15.3.2022 (IV 5 C- S 2334/19/10007:007) demgegenüber die Ansicht vertreten, dass Kryptowährungen im Arbeitsverhältnis als lohnsteuerlich als Geldleistung i.S.d. § 8 Abs.1 EStG einzuordnen sind. Folge ist, dass die Möglichkeit, durch die Gewährung von Kryptowährungen von der Sachbezugsfreigrenze oder der Pauschalierung nach § 37b EStG zu profitieren, entfällt. Das bedeutet, dass im Arbeitsverhältnis jegliche Zuwendungen in Form von Kryptowährungen in vollem Umfang lohnsteuerpflichtig sind und dem regulären Einkommensteuerabzug unterliegen. Für den Arbeitnehmer kann die Vereinbarung von Kryptowährung als Vergütungsbestandteil also zu einer höheren Steuerbelastung führen.

Weitere Informationen:

BAG-Pressemitteilung Nr. 17/25 v. 16.4.2025: Provisionsanspruch – Kryptowährung – Das Bundesarbeitsgericht

 

Ein Beitrag von:

  • Prof. Dr. jur. Ralf Jahn

    • Studium der Rechtswissenschaften in Würzburg
    • Hauptgeschäftsführer der IHK Würzburg-Schweinfurt
    • Honorarprofessor an der Universität Würzburg

    Warum blogge ich hier?
    Mein erster Blog bietet die Möglichkeit, das Thema der Pflicht der „Pflichtmitgliedschaft in Kammern“ „anzustoßen“ und in die Diskussion zu bringen. Bei genauem Hinsehen sichert der „Kammerzwang“ nämlich Freiheitsrechte durch die Möglichkeit zur eigenverantwortlichen Partizipation.

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