Ende Juni 2025 will die Mindestlohnkommission ihren mit Spannung erwarteten Vorschlag zur Anhebung des Mindestlohnes veröffentlichen. Welche Chancen, aber auch Risiken hätte die von der Regierungskoalition in Aussicht gestellte Anhebung des Mindestlohnes auf 15 Euro/Stunde?
Verabredung im Koalitionsvertrag 2025
Im Koalitionsvertrag 2025 (Zeilen 549 – 552) hat die Bundesregierung eine gerechte Entlohnung und auch eine Anhebung des Mindestlohes zu einem zentralen Politikziel erklärt. Dort heißt es:
„Gute Löhne sind eine Voraussetzung für die Akzeptanz der Sozialen Marktwirtschaft. Der gesetzliche Mindestlohn ist dabei die Untergrenze. Wir stehen zum gesetzlichen Mindestlohn. Die Entwicklung des Mindestlohns muss einen Beitrag zu stärkerer Kaufkraft und einer stabilen Binnennachfrage in Deutschland leisten. An einer starken und unabhängigen Mindestlohnkommission halten wir fest. Für die weitere Entwicklung des Mindestlohns wird sich die Mindestlohnkommission im Rahmen einer Gesamtabwägung sowohl an der Tarifentwicklung als auch an 60 Prozent des Bruttomedianlohns von Vollzeitbeschäftigten orientieren. Auf diesem Weg ist ein Mindestlohn von 15 Euro im Jahr 2026 erreichbar.“
Um einen Mindestlohn von 15 Euro ab 2026 zu erreichen, müsste die Mindestlohnkommission im Juni 2025 einen entsprechenden Vorschlag unterbreiten. Andernfalls wäre dieses Regierungsziel nur über einen gesetzgeberischen Eingriff mit Anpassung des MiLoG noch in diesem Jahr realisierbar.
Bewertung: Pro und Contra einer Anhebung auf 15 Euro/Stunde
Unter der Ampelregierung hatte Bundesarbeitsminister Heil bereits Mitte September 2024 unter Hinweis auf EU-Vorgaben eine Anhebung des Mindestlohnes auf 15 Euro/Stunde gefordert. Gute Arbeit muss gerecht entlohnt werden, um das Existenzminimum der Arbeitnehmer zu sichern – das wird niemand bestreiten. Vor allem Geringverdiener würden von einem höheren Mindestlohn profitieren, insbesondere Frauen arbeiten häufig (im Nebenjob) im Niedriglohnsektor.
Die Frage ist aber, ob die im Raum stehende Anhebung des Mindestlohnes auf 15 Euro angemessen wäre. Das wäre eine Gehaltsverbesserung um 17 Prozent, von rund 6 Mio. Arbeitnehmer in Deutschland profitieren würden. Allerdings hätte eine solche Anhebung auch Schattenseiten, die die Chancen überwiegen. Ein drastische Mindestlohnanhebung würde vor allem im Handel und im Dienstleistungsbereich viele Arbeitgeber überfordern, bei denen schon heute die Personalkosten den größten Kostenblock ausmachen. Ein steigender Lohndruck könnte in der Folge dazu führen, dass sich Arbeitgeber von einem Teil des Personals trennen müssen, um die Mindestlohnsteigerung verkraften zu können; das wäre für den deutschen Arbeitsmarkt kontraproduktiv.
In Kleinunternehmen, insbesondere im Handwerksbereich könnten sogar Betriebsschließungen drohen. Noch schwerer wiegt angesichts der schon ohnehin bestehenden Fachkräftemangels allerdings das Risiko, dass junge Menschen mit Blick auf den höheren Mindestlohn gleich in den scheinbar gut bezahlten Job drängen, statt eine zwar bessere Berufsausbildung mit allerdings deutlich besserer Karrierechance zu wählen. Ein weiterer Schwund an Ausbildungswilligen wäre also fatal für die künftige Fachkräftegewinnung. Und schließlich könnte ein massiver Anstieg des Mindestlohnes auch zu einem weiteren Preisanstieg bei Waren und Dienstleistungen von Verbrauchern führen.
Deshalb warten wir gespannt ab, welchen Beschluss die Mindestlohkommission fassen wird, die im Rahmen „einer Gesamtabwägung prüft, welche Höhe des Mindestlohns geeignet ist, zu einem angemessenen Mindestschutz der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer beizutragen, faire und funktionierende Wettbewerbsbedingungen zu ermöglichen sowie Beschäftigung nicht zu gefährden“ (§ 9 Abs.2 S. 1 MiloG). Die schlechteste Lösung wäre freilich, wenn der Gesetzgeber meint eingreifen zu müssen. Das wäre auch ein schlechtes Signal für die Tarifautonomie in Deutschland.
Ein Beitrag von:
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- Studium der Rechtswissenschaften in Würzburg
- ehem. Hauptgeschäftsführer der IHK Würzburg-Schweinfurt
- ehem. Honorarprofessor an der Universität Würzburg
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