Abgabenlast auf Arbeitseinkommen auf Rekordhöhe! Woran liegt das und was müsste sich ändern?

Aktuell fallen die von Arbeitgeber und Arbeitnehmer je zur Hälfte zu tragenden Sozialabgaben so hoch aus wie noch nie. Warum ist das so und was kann man dagegen tun?

Hintergrund

Aktuell stieg nach Agenturmeldungen die Abgabenquote für sozialversicherungspflichtige Arbeitsverhältnisse im Januar 2025 auf den Rekordwert von 42,3 Prozent des Bruttolohns, die neben der Einkommensteuer (incl. Solidaritätszuschlag) für Krankenkassen, Renten- und Pflegeversicherung sowie die Arbeitslosenversicherung bezahlt werden müssen. Zum Vergleich: Im Jahr 2022 lag die gesamtwirtschaftliche Abgabenquote noch bei 41,9 %.

Als „Abgabenquote“ wird in der Steuer- und Volkswirtschaftslehre eine Kennzahl bezeichnet, die das Verhältnis der Steuern und Sozialabgaben zum Bruttoinlandsprodukt wiedergibt. Bei Privathaushalten bezeichnet die Abgabenquote das Verhältnis der Steuern und Abgaben zum Bruttoeinkommen. In der Tagespresse wird aktuell im Sprachgebrauch häufig synonym der Begriff „Lohnnebenkosten“ verwendet, was eigentlich nicht korrekt ist. Denn Lohnnebenkosten („sekundäre Arbeitskosten“) beinhalten begrifflich alle Kosten, die ein Arbeitgeber zusätzlich zum Bruttogehalt des Arbeitnehmers tragen muss. Dazu gehören beispielsweise Sozialversicherungsbeiträge (Kranken-, Renten-, Arbeitslosen-, Pflegeversicherung), aber auch Beiträge zur Betriebsunfallversicherung und tarifliche oder betriebliche Zuschläge für Sonntags-, Feiertags- und Nachtarbeit.

Die Aufwendungen für Sozialabgaben leisten einen wichtigen Beitrag zur sozialen Absicherung der Arbeitnehmer, indem sie Sozialversicherungen finanzieren, die im Falle von Krankheit, Arbeitslosigkeit oder im Alter Unterstützung bieten. Andererseits stellen sie eine finanzielle Belastung für Arbeitgeber und Arbeitnehmer dar. Diese Kosten beeinflussen für Arbeitgeber die Gesamtarbeitskosten erheblich, können Einfluss auf die Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen und zur Zurückhaltung bei der Schaffung neuer Arbeitsplätze führen, während niedrige Lohnnebenkosten die Einstellung neuer Mitarbeiter erleichtern können. Letztendlich haben höhere Sozialabgaben auch Auswirkungen auf die Preise von Produkten und Dienstleistungen.

Ursachen des Sozialversicherungsanstiegs

Der bisherige Höchstwert bei den hälftig von Arbeitgeber und Arbeitnehmer zu tragenden Sozialausgaben stammt aus den Jahren 1997 und 1998; damals lag er bei 42,1 Prozent, die Renten- und Arbeitslosenversicherungsbeiträge hatten die Kosten in die Höhe getrieben. Weiterlesen

BaFin-Prüfung im Sand verlaufen: Wie NSI Asset der Kontrolle entging

Die BaFin hatte nach dem Wirecard-Skandal mehr Biss versprochen. Doch es gibt immer wieder Fälle, in denen auch eine bissige BaFin nichts ausrichten kann. So geschehen bei NSI Asset.

Rückblick: Prüfungsanordnung der BaFin

Die BaFin hatte am 22. Dezember 2023 eine Prüfung der NSI Asset AG, einer Holdinggesellschaft mit Beteiligungen an Finanzdienstleistern und Immobilien in Deutschland, angekündigt. Gegenstand der Prüfung waren Konzernabschlüsse und Lageberichte der Jahre 2021 und 2022. Dabei wollte die BaFin unter anderem die Darstellung der Refinanzierungsrisiken, die Prognoseberichterstattung zu Umsatz und EBITDA sowie die Vollständigkeit der Angaben zu nahestehenden Angaben zu nahestehenden Unternehmen und Personen prüfen.

Diese Prüfung spiegelte die damaligen Herausforderungen der Immobilienbranche wider, die durch steigende Zinsen und sinkende Immobilienpreise unter Druck geraten war. Besonders die hohe Verschuldung vieler Unternehmen und die veränderten Marktbedingungen seit dem Ukraine-Krieg hatten die Risiken in diesem Sektor erhöht. Die Ergebnisse der BaFin-Prüfung könnten daher auch für andere Immobilienkonzerne von Bedeutung gewesen sein.

Wie NSI Asset die BaFin Prüfung beendete

Wie NSI Asset das geschafft hat? Weiterlesen

Verfassungsbeschwerde gegen Tübinger Verpackungssteuer bleibt erfolglos

Jetzt herrscht Klarheit: Die Tübinger Verpackungssteuer auf Einwegsteuer ist verfassungsgemäß. Das hat das BVerfG mit am 25.1.2025 veröffentlichten Urteil (1 BvR 1726/23) entschieden.

Wesentliche Erwägungen des BVerfG

Zwar greift die Erhebung der als Lenkungsteuer ausgestalteten Verpackungssteuer laut BVerfG in die durch Art. 12 Abs. 1 GG geschützte Berufsfreiheit der Endverkäufer ein. Dieser Eingriff ist jedoch formell und materiell verfassungsgemäß. Bei der Verpackungssteuer handelt es auch insoweit um eine „örtliche“ Verbrauchsteuer im Sinne des Art. 105 Abs. 2a S. 1 GG mit kommunaler Besteuerungskompetenz, als der Verbrauch von Einwegartikeln beim Verkauf von „mitnehmbaren take-away-Gerichten oder -Getränken“ besteuert wird. Weiterlesen

Erbschaftsteuer: Kosten für die Lagerung wertvoller Nachlassgegenstände sind doch abziehbar

Die Erbschaftsteuer kann mitunter recht hoch ausfallen. Besonders gilt dies, wenn die Erben nicht mit dem Erblasser in gerader Linie verwandt sind und die persönlichen Freibeträge gering sind. Von daher sind Erben gut beraten, möglichst alle Frei- und Pauschbeträge ausnutzen und vor allem auch die Nachlassverbindlichkeiten geltend zu machen. Aber was sind eigentlich Nachlassverbindlichkeiten?

Darüber kann es heftigen Streit mit dem Finanzamt geben, denn es gibt „echte“ Nachlassverbindlichkeiten, Nachlassregelungskosten und Nachlassverwaltungskosten. Weiterlesen

Wann sind kommunale Verpackungssteuern verfassungsgemäß?

Am 22.1.2025 urteilt das Bundesverfassungsgericht (BVerfG – 1 BvR 1726/23) über die Verfassungsmäßigkeit einer kommunalen Verpackungssteuer in Tübingen. Das Urteil wird ein wichtiger Gradmesser für die verfassungsrechtlichen Anforderungen an kommunale Verpackungssteuersatzungen.

Hintergrund

Eine kommunale Verpackungssteuer ist eine lokale Steuer auf den Verkauf von Einwegverpackungen für Essen und Getränke, die zum sofortigen Verzehr bestimmt sind. Diese Art von Verpackungen tragen erheblich zum Gesamtaufkommen von Abfällen bei, belasten die Kommunen auch finanziell und werden nicht selten auch im öffentlichen Raum wild entsorgt. Die Steuer soll vor allem dazu dienen, die Zahl verkaufter Einwegverpackungen zugunsten von Mehrweglösungen zu reduzieren. Es geht weniger um zusätzliche Einnahmen der Kommunen als vielmehr um eine Lenkungswirkung. Bisher haben zwei Städte eine solche Steuer eingeführt: In den 90er Jahren scheiterte die Stadt Kassel mit seinem Vorhaben für eine kommunale Verpackungssteuer vor dem Bundesverfassungsgericht (BVerfG v. 7.5.1998 – 2 BvR 1991/95); aktuell geht es vor dem BVerfG um die Verpackungssteuer in Tübingen (1 BvR 1726/23).

Sachverhalt der BVerfG-Entscheidung

Seit Januar 2022 gilt in Tübingen materialunabhängig eine Steuer auf Einwegverpackungen. Damit sollen Einnahmen für den städtischen Haushalt erzielt, die Verunreinigung des Stadtbilds durch im öffentlichen Raum entsorgte Verpackungen verringert und ein Anreiz zur Verwendung von Mehrwegsystemen gesetzt werden. Besteuert werden Einwegverpackungen, -geschirr und -besteck, „sofern Speisen und Getränke darin bzw. damit für den unmittelbaren Verzehr an Ort und Stelle oder als mitnehmbares take-away-Gericht oder -Getränk verkauft werden“. Die Steuer beträgt für jede Einwegverpackung 0,50 €, für jedes Einwegbesteck(-set) 0,20 €. Der Steuersatz pro Einzelmahlzeit ist auf maximal 1,50 € begrenzt.

Hiergegen wandte sich ein Schnellrestaurant vor dem VGH Baden-Württemberg  (v. 29.03.2022 – 2 S 3814/20) erfolgreich: Der Stadt Tübingen fehle bereits die Kompetenz zur Einführung der Verpackungssteuer, da es sich nicht um eine örtliche Steuer handele, außerdem stehe sie in ihrer Ausgestaltung als Lenkungssteuer im Widerspruch zum Abfallrecht des Bundes. Das BVerwG (v. 24.5.2023 – 9 CN 1.22) sah dies anders und erklärte die Verpackungssteuersatzung im Wesentlichen für rechtmäßig. Dagegen wandte sich das Schnellrestaurant in letzter Instanz vor dem BVerfG (1 BvR 1726/23). Weiterlesen

§ 35c EStG: Ohne Steuerschuld bleibt die Förderung wirkungslos

Seit dem 1.1.2020 werden bestimmte energetische Maßnahmen am Eigenheim über § 35c EStG steuerlich gefördert. Die Förderung verteilt sich auf drei Jahre. Im Kalenderjahr des Abschlusses der energetischen Maßnahme und im nächsten Kalenderjahr werden jeweils 7 Prozent der Aufwendungen, maximal 14.000 Euro jährlich, im dritten Jahr 6 Prozent der Aufwendungen, maximal 12.000 Euro, von der Steuerschuld abgezogen.

Doch ohne tarifliche Steuerschuld geht die Förderung ins Leere – dies hat das FG Hamburg mit Urteil vom 6.8.2024 (1 K 73/24) klargestellt. Weiterlesen

Überbordende Regulierung und mehr Anstrengung beim Bürokratieabbau – wo bestehen Entlastungspotentiale?

Bürokratieabbau bleibt auch im neuen Jahr ein (politischer) Dauerbrenner. Auf allen Ebenen werden größere Anstrengungen beim Bürokratieabbau gefordert. Aber wo bestehen noch Entlastungspotentiale?

Hintergrund

Am 1.1.2025 sind das Bürokratientlastungsgesetz (BEG IV) und die Bürokratientlastungsverordnung (BEV) in Kraft getreten. Die Bundesregierung, auf die das BEG IV zurückgeht, erwartet durch das Artikelgesetz, das unterschiedlichste Rechtsbereiche betrifft, finanzielle Entlastungen in Höhe von 944 Millionen Euro pro Jahr. Auch die BEV ist Teil der sog. Meseberger Beschlüsse zum Bürokratieabbau und enthält 32 Rechtsänderungen, deren jährliche Entlastung für die Wirtschaft sich auf rund 420 Millionen Euro beläuft – ich habe im Blog weiderholt berichtet.

Wirtschaft und Normenkontrollrat fordern weitere Entlastungsmaßnahmen

Nach dem Spiel ist vor dem Spiel: Auch unmittelbar nach Inkrafttreten von BEG IV und BEV fordert die Wirtschaft nach „dem Schritt in die richtige Richtung“ weitere Entlastungen. Nach einer Studie des IfO-Instituts im Auftrag der IHK München und Oberbayern entgehen Deutschland jedes Jahr durch überbordende Bürokratie bis zur 146 Mrd. Euro an Wirtschaftsleistung. Damit schlummert im Bürokratieabbau ein gewaltiges wirtschaftliches Wachstumspotential. Auch aus Sicht des Nationalen Normenkontrollrats (NKR), der alle Gesetzgebungsprozesse auf Bundesebene mit seiner Expertise begleitet, muss der Bürokratieabbau dringend schneller vorankommen, um einen Kollaps der öffentlichen Verwaltung zu verhindern. Deshalb müsse die nächste Bundesregierung fundamentale Änderungen vornehmen, den Vollzug ihrer Reformen bei der Gesetzgebung gleich mitdenken und Prozesse ändern. Weiterlesen

Verdienstausfall-Entschädigung der Versicherung – Vorsicht Falle bei Zahlungen in zwei Veranlagungszeiträumen

Der Ersatz entgangener Einnahmen ist grundsätzlich steuerpflichtig. Wenn dieser Ersatz mehrere Jahre betrifft und – etwa durch eine Versicherung – zusammengeballt in einem Veranlagungszeitraum geleistet wird, ist er nach der Fünftelregelung des § 34 EStG immerhin ermäßigt zu besteuern.

Was aber gilt, wenn die Versicherung eines Schädigers, beispielsweise nach einem Unfall, den erlittenen Verdienstausfall ersetzt, doch die Einkommensteuer – aufgrund der so genannten modifizierten Nettolohnmethode – erst in einem späteren Veranlagungszeitraum von der Versicherung erstattet wird? Weiterlesen

Aufreger des Monats Januar: Genossenschaftsmitglieder müssen Mietminderungen versteuern

Im Bundesverband deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen gibt es fast 2.000 Baugenossenschaften, die rund 2,2 Millionen Wohnungen verwalten. Der Deutsche Genossenschafts- und Raiffeisenverband schätzt, dass mehr als 5 Millionen Menschen in einer Genossenschaftswohnung leben (Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Wohnungsbaugenossenschaft).

Insofern dürfte die folgende Information viele Wohnungsbaugenossenschaften und deren Mitglieder aufhorchen lassen: Der BFH hat entschieden, dass eine Mietminderung, die eine Wohnungsbaugenossenschaft ihren Mitgliedern anstelle einer Gewinnberechtigung für zusätzlich erworbene Genossenschaftsanteile gewährt, als Kapitalertrag zu versteuern ist (BFH-Urteil vom 22.10.2024, VIII R 23/21). Dies beruhe auf dem Zusammenspiel von § 20 Abs. 3 und § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG.

Das heißt: Der Anspruch eines Mitglieds auf Minderung des Nutzungsentgelts für die von ihm bewohnte Genossenschaftswohnung stellt einen besonderen Vorteil im Sinne des § 20 Abs. 3 EStG dar, der gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG als Kapitalertrag gilt.

Der Sachverhalt:

Die Kläger waren Mitglieder einer Wohnungsbaugenossenschaft und nutzten eine Genossenschaftswohnung. Sie erwarben zusätzlich freiwillige Genossenschaftsanteile ohne Dividendenberechtigung. Im Gegenzug wurde die zu zahlende Wohnungsmiete herabgesetzt. Die Höhe der Verringerung der Wohnungsmiete erfolgte dabei in Abhängigkeit der von der Vertreterversammlung beschlossenen Dividende auf freiwillige Anteile, die an Gewinnausschüttungen teilnahmen.

Das Finanzamt kam zu dem Schluss, dass es sich bei den Mietminderungen, die den Mitgliedern gewährt wurden, aus deren Sicht um Einnahmen aus Kapitalvermögen handele. Die hiergegen gerichtete Klage und auch die Revision blieben ohne Erfolg.

Die Begründung:

Hinsichtlich der Minderung des Nutzungsentgelts für die von den Klägern angemietete Wohnung handelt es sich um steuerbare Kapitalerträge. Die Minderung des Nutzungsentgelts erfüllte als geldwerter Vorteil den weiten Begriff der Einnahme im Sinne des § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 i.V.m. Abs. 3 EStG und war durch den Erwerb zusätzlicher freiwilliger Genossenschaftsanteile und damit durch das Genossenschaftsverhältnis bedingt und veranlasst.

Die Minderung des Nutzungsentgelts trat bei wirtschaftlicher Betrachtung an die Stelle einer Gewinnausschüttung auf die von den Klägern freiwillig erworbenen zusätzlichen Genossenschaftsanteilen. Die zusätzlichen Anteile vermittelten keinen Gewinnanspruch, sondern einen Anspruch auf Verringerung des Nutzungsentgelts. Ohne den Erwerb zusätzlicher freiwilliger Anteile hätten die Kläger die Minderung des Nutzungsentgelts nicht erreichen können.

Denkanstoß:

Nach den Buchstaben des Gesetzes ist die Entscheidung sicherlich richtig. Dennoch mutet sie gerade in der heutigen Situation seltsam an. Der Gesetzgeber fördert die verbilligte Überlassung von Wohnungen über § 21 Abs. 2 EStG, das heißt über die 50- bzw. 66-Prozent-Grenze. Und auch gesamtpolitisch ist die Zurverfügungstellung von günstigem Wohnraum gewollt. Folglich ist es zumindest laienhaft betrachtet unlogisch, wenn ein Mietvorteil versteuert werden muss.

Übrigens nützt es den Mietern/den Genossenschaftsmitgliedern nichts, wenn die Genossenschaft selbst eine anderslautende verbindliche Auskunft ihres Finanzamts erhalten hat. Diese hat – wenn nicht ausdrücklich verfügt – keine Wirkung für die Genossenschaftsmitglieder und deren Finanzämter, sondern bindet nur das Finanzamt der Genossenschaft selbst.

Da hilft auch nicht der Grundsatz von Treu und Glauben. Auch deshalb ist das Urteil für mich der Aufreger der Monats Januar 2025.

 

Polizeikostenersatz bei „Hochrisikospielen“ im Profifußball: DFL scheitert mit Verfassungsbeschwerde

Die Erhebung einer Gebühr für den besonderen Polizeieinsatz bei sog. Hochrisikospielen im Profifußball verstößt nicht gegen das Grundgesetz: Das BVerfG (1 BvR 548/22) hat am 14.1.2025 eine diesbezügliche Verfassungsbeschwerde als unbegründet zurückgewiesen. Ich habe hier im Blog berichtet (s. Fußball ist unser Leben – aber wer zahlt für den Polizeieinsatz bei Hochrisikospielen?)

Entscheidung des BVerfG

Die Verfassungsbeschwerde blieb jetzt ohne Erfolg, das hat die Gebührenerhebung für verfassungsgemäß erklärt. § 4 Abs. 4 des Bremischen Gebühren- und Beitragsgesetzes (BremGebBeitrG) greift zwar in die durch Art. 12 Abs. 1 Grundgesetz (GG) geschützte Berufsfreiheit der Veranstalterinnen und Veranstalter ein. Der Eingriff ist aber verfassungsrechtlich gerechtfertigt, da die Norm formell und materiell verfassungsgemäß ist. Die Norm genügt als Berufsausübungsregelung insbesondere den Anforderungen der Verhältnismäßigkeit; die Gebühr wird insbesondere als Gegenleistung für eine individuell zurechenbare Leistung (den polizeilichen Mehraufwand) von denen erhoben, bei denen zwischen Aufwand und Verursachung ein besonderes Näheverhältnis besteht; eine polizeirechtliche Verantwortlichkeit des Veranstalters ist nicht erforderlich. Die Regelung ist auch mit Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar. Der Aufwand soll dorthin verlagert werden, wo die Gewinne hinfließen und wo sie typischerweise auch vorhanden sind; die Nichteinbeziehung von nicht gewinnorientierten Veranstaltungen ist deshalb verfassungsrechtlich gerechtfertigt.

Praktische Konsequenzen des BVerfG-Urteils

Die Beteiligung von (Profi-)Fußballclubs an den Mehrkosten der Polizei bei sog. Hochrisikospielen ist rechtmäßig: Mit der Durchführung von Hochrisikospielen verlassen die Veranstalter die staatliche begrenzte Gefahrenvorsorge. Konkret betroffen ist zwar nur das Land Bremen, andere Bundesländer könnten dem Bremer Beispiel jetzt aber folgen und ähnliche Kostenregelungen in ihre Ländergesetze aufnehmen. Dem Vernehmen nach gibt es entsprechende Pläne schon in Hamburg, Hessen und Rheinland-Pfalz. Eine Abwälzung der Polizeikosten auf die Klubs lehnen demgegenüber Nordrhein-Westfalen, Baden-Württemberg und Sachsen bislang ab.

Einen für solche Zwecke einzurichtenden Polizeikostenfonds lehnt die DFL GmbH bislang kategorisch ab, die auch im Streitfall die ihr entstandenen Kosten an den gastgebenden Verein in Rechnung stellt. Eine grundsätzliche bundeseinheitliche Regelung der Länder wäre aber erforderlich, weil „Hochrisikospiele“ nicht nur in der ersten und zweiten Fußballliga zunehmen, sondern auch in der dritten und vierten Liga. Dass sich im Milliardengeschäft des Profifußballs alle Vereine im Eigeninteresse an den Mehrkosten für gesonderte Polizeieinsätze beteiligen, ist nicht nur eine Frage der Gerechtigkeit, sondern auch der Solidarität.

Weitere Informationen:
Bundesverfassungsgericht – Homepage – Erfolglose Verfassungsbeschwerde gegen Polizeikosten bei Hochrisikospielen (PM BVerfG)