BFH: Neue Grundsteuer ist nicht verfassungswidrig!

Seit geraumer Zeit wurde vor den Finanzgerichten gestritten, jetzt hat der BFH entschieden: Die neue Grundsteuer nicht verfassungswidrig (BFH v. 10.12.2025 – II R 25/24, II R 31/24 und II R 3/25). Was bedeutet das für Grundbesitzer?

Hintergrund

Die Neuregelung der Grundsteuer war notwendig, weil das Bundesverfassungsgericht die alte Regelung 2018 für verfassungswidrig erklärt hatte: Die zugrundeliegenden Grundstückswerte waren im Westen seit 1964 nicht mehr aktualisiert worden, im Osten seit 1935. Deshalb hat der Bundesgesetzgeber ein neues Grundsteuergesetz (Bundesmodell) verabschiedet, allerdings mit einer Länderöffnungsklausel, nach der die Länder andere Bewertungsregeln zugrunde legen dürfen; Baden-Württemberg, Bayern, Hamburg, Hessen und Niedersachsen haben eigene Regelungen getroffen. Da die neuen Regeln seit 1.1.2025 zu neuen Grundsteuerbeträgen mit teilweise erheblichen Mehrbelastungen führen, wurden das neue Grundsteuerrecht der Länder und des Bundes in etlichen Fällen vor den Finanzgerichten angegriffen. Vor den 18 Finanzgerichten geklagt hatten und haben bislang mehr als 2.000 Immobilieneigentümer, viele der Klagen sind bereits abgewiesen – ich habe im Blog berichtet.

Worum ging es in den aktuellen BFH-Fällen?

In den drei BFH-Fällen haben Immobilieneigentümer aus Nordrhein-Westfalen, Berlin und Sachsen gegen die seit Anfang des Jahres geltende Grundsteuerreform geklagt. In allen drei Verfahren ging es um das sogenannte Bundesmodell, das in elf der 16 Bundesländer gilt. Die Kläger hatten unter anderem eine zu ungenaue und damit zu Ungerechtigkeiten führende Datengrundlage gerügt.

Wie hat der BFH entschieden?

Der BFH hat festgestellt, dass das Grundsteuergesetzt des Bundes formell und materiell verfassungsgemäß ist. Der BFH hält unter Berufung auf das BVerfG (Urteil vom 10.4.2018 – 1 BvL 11/14) die Ausgestaltung des Ertragswertverfahrens für verfassungskonform. Der Gesetzgeber hat ein Bewertungssystem geschaffen, das konzeptionell einer Verkehrswertorientierung folgt und darauf angelegt ist, im Durchschnitt aller zu bewertenden Objekte den „objektiviert-realen Grundstückswert“ innerhalb eines Korridors des gemeinen Werts annäherungsweise zutreffend zu erfassen.

Die Maßgeblichkeit von gesetzlich typisierten Bodenrichtwerten zur Bestimmung des Bodenwerts verstößt nicht gegen eine realitäts- und relationsgerechte Bewertung im Sinne der Anforderungen des BVerfG.

Ebenso wenig führen die für die Wertberechnung von Wohnungseigentum im Ertragswertverfahren heranzuziehenden pauschalierten Nettokaltmieten zu einer verfassungswidrigen Ungleichbehandlung.

Nach Ansicht des BFH hat daher der Gesetzgeber hinsichtlich des Ertragswertverfahrens seinen Spielraum bei der Abwägung der mit dem Bewertungskonzept verfolgten Ziele mit den damit notwendig verbundenen Ungleichheiten nicht überschritten. Der Gesetzgeber durfte dem durch das BVerfG vorgegebenen Ziel, einen erneuten „Bewertungsstau“ zu vermeiden, indem die künftigen periodischen Fortschreibungen automatisiert durchgeführt werden, eine hohe Bedeutung beimessen.

Auswirkungen der Urteile für Grundeigentümer und Mieter

Die drei aktuellen Entscheidungen sind über die entschiedenen Fälle hinaus auch für Wohnungseigentümer in den Ländern Brandenburg, Bremen, Mecklenburg-Vorpommern, Rheinland-Pfalz, Sachsen-Anhalt, Saarland, Schleswig-Holstein und Thüringen von Bedeutung, da diese Länder ebenfalls das „Bundesmodell“ anwenden. Für Steuerbürger in Baden-Württemberg, Bayern, Hamburg, Hessen und Niedersachsen haben die aktuellen Entscheidungen hingegen keine unmittelbaren Konsequenzen, da diese Länder eigene Grundsteuermodelle anwenden.

Die Grundsteuer trifft quasi die gesamte Bevölkerung: Zwar müssen nur Eigentümer die Steuer zahlen, doch legen Vermieter die Grundsteuerkosten üblicherweise auf ihre Mieter um. Deshalb sind die BFH-Urteile auch für Tausende Mieter richtungsweisend.

Die schriftlichen Urteilsgründe werden erst Anfang 2026 vorliegen. Erst dann kann abschließend beurteilt werden, ob die betroffenen Kläger gegen die BFH-Urteile vor das Bundesverfassungsgericht „als letzte Instanz“ ziehen.

Weitere Informationen:

NWB Online-Nachricht: BFH hält Bundesmodell für verfassungskonform

 

Ein Beitrag von:

  • Prof. Dr. jur. Ralf Jahn

    • Studium der Rechtswissenschaften in Würzburg
    • ehem. Hauptgeschäftsführer der IHK Würzburg-Schweinfurt
    • ehem. Honorarprofessor an der Universität Würzburg

    Warum blogge ich hier?
    Mein erster Blog bietet die Möglichkeit, das Thema der Pflicht der „Pflichtmitgliedschaft in Kammern“ „anzustoßen“ und in die Diskussion zu bringen. Bei genauem Hinsehen sichert der „Kammerzwang“ nämlich Freiheitsrechte durch die Möglichkeit zur eigenverantwortlichen Partizipation.

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