BSG: Einkommen des Ehepartners bei der Grundrente anzurechnen!

Anders als bei Partnern einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft wird bei der Grundrente das zu versteuernde Einkommen des Ehegatten angerechnet. Diese Einkommensanrechnung bei der Grundrente verstößt nicht gegen Verfassungsrecht, hat das BSG ganz aktuell entschieden (BSG, Urteil v. 27.11.2025 – B 5 R 9/24 R).

Hintergrund: Funktion der Grundrente

Wer jahrzehntelang mit einem unterdurchschnittlichen Verdienst gearbeitet und verpflichtend Beiträge in die gesetzliche Rentenversicherung eingezahlt hat, kann eine höhere Rente erhalten. Rund 1,1 Mio. Rentenzahlungen wurden zum Stichtag 31.12.2022 durch eine individuell berechnete Zusatzzahlung aufgestockt – den Grundrentenzuschlag.

Das Grundrentengesetz vom 2.7.2020 ist zum 1.1.2021 in Kraft getreten (BGBl 2020 I S. 1856). Ziel des Gesetzes ist es langjährig Versicherten mit unterdurchschnittlichem Einkommen einen Zuschlag zur Rente zu zahlen. Der Grundrentenzuschlag ist keine eigenständige Leistung, sondern ein Plus zur bestehenden Rente. Um den Zuschlag erhalten zu können, müssen mindestens 33 Jahre an sogenannten Grundrentenzeiten vorhanden sein: Dazu zählen beispielsweise Zeiten mit Pflichtbeiträgen aus Berufstätigkeit, Kindererziehungszeiten und Pflegezeiten sowie Zeiten, in denen man Leistungen bei Krankheit oder Rehabilitation bekommen hat. Die gesetzliche Rentenversicherung ermittelt automatisch die Zeiten und prüft auch die weiteren Voraussetzungen, der Grundrentenzuschlag muss also nicht beantragt werden. Auf den Grundrentenzuschlag wird anderweitiges Einkommen angerechnet. Was das für Ehegatten bedeutet, hat das BSG jetzt entschieden.

Worum ging es im BSG-Streitfall?

Die Klägerin bezieht seit Mai 2022 eine Altersrente für schwerbehinderte Menschen. Aus 43 Jahren mit Grundrentenbewertungszeiten berechnete die beklagte Rentenversicherung einen Grundrentenzuschlag in Höhe von 1,1760 Entgeltpunkten. Der darauf beruhende Rentenanteil (zunächst in Höhe von monatlich knapp 40 Euro) wurde jedoch nach Anrechnung des Einkommens der Klägerin und des Einkommens ihres Ehemanns nicht geleistet. Daran hielt die Rentenversicherung auch nach Neuberechnung der Altersrente ab Januar 2023 fest.

Mit dem Ziel, das Einkommen ihres Ehemanns wie bei Partnern einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft nicht anzurechnen und eine höhere Altersrente unter Berücksichtigung des Grundrentenzuschlags zu erhalten, hatte die Klägerin weder im Klageverfahren (SG Gelsenkirchen v. 23.8.2022 – S 10 R 338/22) noch im Berufungsverfahren (LSG NRW v. 30.1.2024 – L 18 R 707/22) Erfolg. Jetzt blieb auch die vom LSG zugelassene Revision der Klägerin vor dem BSG erfolglos (BSG v. 27.11.2025 – B 5 R 9/24 R).

Wie hat das BSG entschieden?

Das BSG hat festgestellt, dass auf den Rentenanteil aus dem Zuschlag an Entgeltpunkten für langjährige Versicherung das Einkommen des Berechtigten und seines Ehegatten angerechnet wird (§ 97a Abs. 1 SGB VI). Die Klägerin wird dadurch nicht in ihrem Grundrecht aus Art. 3 Abs. 1 GG (Gleichbehandlungsgrundsatz) in Verbindung mit Art. 6 Abs. 1 GG (Schutz der Ehe) verletzt, dass das Einkommen ihres Ehemanns – anders als bei Partnern einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft – angerechnet wird.

Ein Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz liegt nur vor, wenn es für die Ungleichbehandlung keinen sachlichen einleuchtenden Grund gibt. Es bestehen aber nach Ansicht des BSG hinreichende sachliche Gründe, die eine Ungleichbehandlung rechtfertigen.

Der Gesetzgeber verfügt bei aus Bundesmitteln zum sozialen Ausgleich gewährten Leistungen der gesetzlichen Rentenversicherung über einen weiten Gestaltungsspielraum. Sein erklärtes Regelungsziel war es, den steuerfinanzierten Grundrentenzuschlag als Maßnahme des sozialen Ausgleichs nur in Abhängigkeit von einem „Grundrentenbedarf“ zu gewähren. Dieser sollte nicht den Haushalten mit einem Einkommen zugutekommen, die wirtschaftlich nicht bedürftig sind. Dazu erfolgt die Anrechnung des zu versteuernden Einkommens des Berechtigten und seines Ehegatten unbürokratisch mithilfe eines vollautomatisierten Datenabgleichs mit den Finanzbehörden. Ausdrücklich vom Gesetzgeber nicht gewollt war eine Bedürftigkeitsprüfung, wie sie in den Grundsicherungssystemen üblich ist.

Eheleute unterliegen einer gesteigerten bürgerlich-rechtlichen Unterhaltspflicht (§ 1360 BGB). Dagegen schulden die Partner einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft einander gerade keinen gesetzlichen Unterhalt. Vor diesem Hintergrund ist die Annahme, dass ein verheirateter Versicherter besser abgesichert ist als ein nicht-verheirateter Versicherter, eine sachliche Erwägung, die auf einer vernünftigen, jedenfalls vertretbaren Würdigung eines typischen Lebenssachverhalts beruht.

Es verstößt auch nicht gegen das Eigentumsgrundrecht aus Art. 14 Abs. 1 GG, dass der auf dem Grundrentenzuschlag beruhende Rentenanteil nicht ausgezahlt wird. Selbst bei einer Betrachtung des Rentenanspruchs insgesamt als Schutzobjekt handelt es sich bei den Regelungen zur Anrechnung des zu versteuernden Einkommens jedenfalls um eine zulässige Inhalts- und Schrankenbestimmung.

Praktische Konsequenz

Nach der BSG-Entscheidung berücksichtigt das Gesetz zu Recht, dass Verheiratete besser abgesichert als nicht verheiratete Partner. Das Partner in einer Lebensgemeinschaft damit beim Grundrentenzuschlag besser stehen als Verheiratete, ist hinzunehmen.

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