Bundesrat plädiert für Nachbesserungen im Tariftreuegesetz

Am 26.9.2025 hat sich der Bundesrat mit dem Regierungsentwurf für ein Tariftreuegesetz befasst und fordert gegenüber dem Entwurf Nachbesserungen. Wie ist das zu beurteilen?

Hintergrund

Das Bundestariftreuegesetz (BTTG) soll die Nachteile tarifgebundener Unternehmen im Wettbewerb um öffentliche Aufträge und Konzessionen des Bundes beseitigen. Auch nicht tarifgebundene Unternehmen sollen ihren Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern künftig, wenn sie öffentliche Aufträge und Konzessionen des Bundes ausführen, einschlägige tarifvertragliche Arbeitsbedingungen gewähren müssen. Dabei soll die Bürokratie auf ein absolutes Minimum begrenzt werden: Erst ab einer Auftragsdauer von mehr als zwei Monaten sollen über die Entlohnung hinausgehende tarifvertragliche Regelungen zum Mindestjahresurlaub sowie Höchstarbeitszeiten, Mindestruhezeiten und Ruhepausenzeiten gelten. Nachunternehmer sollen  nicht mehr zur Dokumentation der Einhaltung der Tariftreuepflicht mittels geeigneter Unterlagen verpflichtet werden; ich habe im Blog berichtet (Auftragsvergabe: Wird das Bundestariftreuegesetz zu einem Vergabehindernis?).

Änderungsvorschläge des Bundesrates

Der Arbeits- und Sozialausschuss des Bundesrates empfiehlt, dass der Anwendungsbereich für das BTTG auf die Vergabe und Ausführung öffentlicher Bau- und Dienstleistungen beschränkt wird und Lieferleistungen nicht einbezogen werden. Außerdem soll klargestellt werden, dass entsprechende individualrechtliche Ansprüche auf Gewährung von verbindlichen Arbeitsbedingungen auch in den Landestariftreuegesetzen der Länder begründet werden können. Der Ausschuss empfiehlt außerdem, die Nachweispflichten aus § 9 BTTG auch auf Nachunternehmer auszuweiten. Der Wirtschaftsausschuss empfiehlt demgegenüber zu prüfen, ob für Unternehmen, die ohnehin tarifgebunden sind oder deren Bezahlung, Urlaubs- und Arbeitszeitregelungen in Anlehnung an einen Tarifvertrag erfolgen, eine Befreiungsmöglichkeit vom Zwang zur Anwendung der in einer Rechtsverordnung zusammengefassten Entgeltleistungen eines Tarifvertrages aufgenommen werden kann.

Bewertung

Ich hatte bereits meine – unverändert fortbestehenden – Bedenken geäußert, dass ein BTTG zu mehr Bürokratie und höheren Kosten für Unternehmen, insbesondere für KMU, führt, die sich um öffentliche Aufträge bewerben. Denn zusätzliche Nachweispflichten und Anforderungen könnten KMU überfordern, die oft nicht tarifgebunden sind. Und fraglich ist auch, ob die im Regierungsentwurf angedachte Wertgrenze von 50.000 Euro zu mehr Tarifbindung und Lohngerechtigkeit führt.

Jeder vom Bundesrat unterbreitete Vorschlag zur Vermeidung von zusätzlicher Bürokratie für Unternehmen, die sich an Ausschreibungen des Bundes beteiligen wollen, ist deshalb unbedingt zu begrüßen: Denn überbordende regulatorische Regelungen dürfen gerade in einer Zeit, in der Deutschland dringend Investitionen in Infrastruktur benötigt, nicht unnötig im Wege stehen. Wichtig ist auch, dass das Konkurrenzverhältnis zwischen dem geplanten BTTG einerseits und den entsprechenden schon bestehenden Länderregelungen (einschließlich der untergesetzlichen Rechtsverordnungen) im Sinne von Rechtsklarheit eindeutig geregelt wird.

Ob die Position im Bundesrat dazu führt, dass nun auch die verbleibenden Länder ohne Tariftreueregelungen (z.B. Bayern) entsprechende Ländergesetze auf den Weg gebracht werden, bleibt abzuwarten.

Nächste Schritte im Gesetzgebungsverfahren

Der Regierungsentwurf vom 6.8.2025 wurde bislang noch nicht im Bundestag behandelt. Dies soll jetzt nach aktueller Planung am 10.10.2025 erfolgen. Ob die Bundesregierung bis dahin ihren eigenen Entwurf noch nachbessert und insbesondere die Anregungen des Bundesrates berücksichtigt, muss abgewartet werden. Wir werden das im Blog weiterhin aufmerksam begleiten.

Weitere Informationen:

Ein Beitrag von:

  • Prof. Dr. jur. Ralf Jahn

    • Studium der Rechtswissenschaften in Würzburg
    • ehem. Hauptgeschäftsführer der IHK Würzburg-Schweinfurt
    • ehem. Honorarprofessor an der Universität Würzburg

    Warum blogge ich hier?
    Mein erster Blog bietet die Möglichkeit, das Thema der Pflicht der „Pflichtmitgliedschaft in Kammern“ „anzustoßen“ und in die Diskussion zu bringen. Bei genauem Hinsehen sichert der „Kammerzwang“ nämlich Freiheitsrechte durch die Möglichkeit zur eigenverantwortlichen Partizipation.

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