„Drum prüfe, wer sich ewig bindet“ – hat Schiller an die Schenkungsteuer gedacht?

„Drum prüfe, wer sich ewig bindet“ – so heißt es im „Lied von der Glocke“ von Friedrich Schiller. Diesen Spruch nehmen sich manche angehende Eheleute (auch) in finanzieller Hinsicht zu Herzen. Und so ist es gar nicht selten, dass im Rahmen eines Ehevertrages geregelt wird, welche Ansprüche den Partnern oder einem der Partner zustehen, wenn diese eines Tages wieder getrennte Wege gehen. Die „Prüfung“ und die Abfassung des Ehevertrages sollten aber auch das Steuerrecht umfassen.

So hat der BFH nun entschieden: Erhält ein Ehegatte vor der Eheschließung vom anderen Ehegatten als Ausgleich für einen ehevertraglich vereinbarten Verzicht auf den Anspruch auf Zugewinnausgleich, den nachehelichen Unterhalt und die Hausratsaufteilung ein Grundstück, ist dies als freigebige Zuwendung zu beurteilen (BFH-Urteil vom 9.4.2025, II R 48/21).

Der Sachverhalt:

Der Kläger schloss mit seiner späteren Ehefrau vor der Eheschließung einen notariell beurkundeten Ehevertrag. Darin wurde der gesetzliche Güterstand der Zugewinngemeinschaft vereinbart, aber für alle Fälle der Beendigung der Ehe – außer dem des Versterbens des Klägers – wieder ausgeschlossen. Für diesen Fall wurde der Zugewinnausgleich der Höhe nach begrenzt. Ein Versorgungsausgleich wurde ausgeschlossen. Auf nachehelichen Unterhalt wurde wechselseitig verzichtet, ebenso auf etwaige Ansprüche auf Hausratsteilung. Der Kläger verpflichtete sich in dem Vertrag, seiner Ehefrau für die Vereinbarungen zum Güterstand 1 Mio. Euro, für den Verzicht auf nachehelichen Unterhalt 4,5 Mio. Euro und für die Hausratsteilung 500.000 Euro zu zahlen.

Zur Erfüllung dieser Verpflichtung verpflichtete sich der Kläger, binnen zwölf Monaten nach Eheschließung ein näher bestimmtes Hausgrundstück zu übertragen, dessen Wert die künftigen Eheleute übereinstimmend mit mindestens 6 Mio. Euro bezifferten. Nach der Eheschließung übertrug der Kläger in Erfüllung der Verpflichtung aus dem Ehevertrag das Hausgrundstück auf seine Ehefrau. Das Finanzamt setzte für die Übertragung des Hausgrundstücks Schenkungsteuer in Höhe von 832.713 Euro fest. Einspruch, Klage und Revision blieben ohne Erfolg.

Die Begründung in aller Kürze:

In der Grundstücksübertragung liegt eine unentgeltliche Zuwendung des Klägers an seine Ehefrau. Es steht der Unentgeltlichkeit nicht entgegen, dass die Ehefrau vor der Eheschließung den Verzicht auf ihre nachehelichen Ansprüche erklärt hat. Der Verzicht der zukünftigen Ehefrau auf einen möglicherweise zukünftig entstehenden Zugewinnausgleichsanspruch bereits vor Eingehung der Ehe stellt keine Gegenleistung im schenkungsteuerrechtlichen Sinne dar. Grund hierfür ist, dass die Zugewinnausgleichsforderung erst entsteht, wenn die Zugewinngemeinschaft endet. Dasselbe gilt für den Anspruch auf nachehelichen Unterhalt (§§ 1569 ff. BGB) und den Anspruch auf Aufteilung des Hausrats.

Insbesondere löste der Umstand, dass die zukünftige Ehefrau auf einen etwaigen Anspruch auf nachehelichen Unterhalt teilweise verzichtet hat, keinen gesetzlichen Zahlungsanspruch aus. Auch die auf § 138 Abs. 1 BGB beruhende Wirksamkeitskontrolle von vor der Eingehung der Ehe geschlossenen Eheverträgen führt nicht zu einem Zahlungsanspruch des potenziell Unterhaltsberechtigten bereits bei Beginn der Ehe, sondern nur zur Unwirksamkeit des Verzichts.

Denkanstoß:

Bei einem Irrtum über die Steuerfolgen eines Ehevertrages mit einer anschließenden rückwirkenden Änderung des Vertrages können die steuerlichen Folgen gegebenenfalls beseitigt werden – so der BFH mit Urteil vom 9.5.2025 (IX R 4/23). Das ist zugegebenermaßen nur ein schwacher Tost und es ist meines Erachtens auch nicht gesichert, dass diese Rechtsprechung, die zur Ertragsteuer ergangen ist, auf einen schenkungsteuerlichen Sachverhalt wie dem obigen übertragbar wäre, sofern es auch hier zu einer Rückabwicklung kommen würde.

Ein Beitrag von:

  • Christian Herold

    • Steuerberater in Herten/Westf. (www.herold-steuerrat.de)
    • Autor zahlreicher Fachbeiträge
    • Mitglied im Steuerrechtsausschuss des Steuerberaterverbandes Westfalen-Lippe

    Warum blogge ich hier?
    Als verantwortlicher Redakteur und Programmleiter zahlreicher Steuerfachzeitschriften, meiner früheren Tätigkeit in der Finanzverwaltung und meiner über 25-jährigen Arbeit als Steuerberater lerne ich das Steuerrecht sowohl aus theoretischer als auch aus praktischer Sicht kennen. Es reizt mich, die Erfahrungen, die sich aus dieser Kombination ergeben, mit den Nutzern des Blogs zu teilen und freue mich auf viele Rückmeldungen.

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