Enteignung von Anleihen oder Null ist nicht gleich Null

Verluste aus Wertpapieren im Privatvermögen sind nach § 20 Abs. 2 EStG nur bei Veräußerungen oder bestimmten Ersatztatbeständen abziehbar. Der reine Vermögensverfall ist also steuerlich grundsätzlich nicht relevant. Jüngst hat das FG Düsseldorf allerdings entschieden, dass auch die Enteignung zu einem Verlust führt, der steuerlich anzuerkennen ist (Urteil vom 25.9.2018, 13 K 93/16 E).

Dem Urteil lag folgender – etwas vereinfacht dargestellte – Sachverhalt zugrunde: Ein deutscher Steuerzahler hatte eine Anleihe einer niederländischen Bank erworben. Die Bank bzw. die Bankengruppe geriet jedoch im Zuge der Finanzkrise in ernsthafte Schwierigkeiten. Trotz bereits erfolgter Kredite durch den niederländischen Staat und interner Versuche, die Probleme des Immobilienportfolios zu lösen, kam die Gruppe durch weiteren Abschreibungsbedarf so stark unter Druck, dass sich die niederländische Regierung zur Verstaatlichung der Bankengruppe entschloss, weil eine Insolvenzanmeldung das niederländische Finanzsystem in ernsthafte Gefahr gebracht hätte.

Im Jahre 2013 wurde der Anleger darauf hingewiesen, dass die Wertpapiere enteignet worden und auf den niederländischen Staat übergegangen seien. Er wurde ferner darüber in Kenntnis gesetzt, dass inzwischen von der niederländischen Regierung festgelegt worden sei, keine Entschädigung zu zahlen. Aber nun kommt es, denn genauer gesagt ist ihm eine Entschädigung von 0 EUR – in Worten „Null Euro“ – angeboten worden.

Dieser kleine aber feine Unterschied war wesentlich, denn damit haben die Düsseldorfer Finanzrichter eine Veräußerung i.S. des § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7 EStG angenommen. Es läge eine entgeltliche Übertragung von wertlosen Anleihen vor. Der niederländische Finanzminister habe mit der Petition zur Bestimmung der Entschädigung ausgeführt, dass eine Entschädigung von 0 EUR angemessen sei.

Es wäre im Übrigen reiner Formalismus, in diesem Fall für die Verlustverrechnung eine Bescheinigung i. S. des § 43a Abs. 3 Satz 4 EStG zu verlangen.

Und: Soweit das Finanzamt geltend gemacht hat, es bestehe bei einer späteren Veräußerung des Entschädigungsanspruchs durch den Kläger oder – nach Abschluss des niederländischen Gerichtsverfahrens – bei Auszahlung einer höheren Entschädigung als 0 EUR die Gefahr, dass die Depot führende Bank einen solchen Vorgang als Veräußerung der Anleihen einstufe und in einem späteren Veranlagungszeitraumeinen weiteren Veräußerungsverlust i. S. des § 20 Abs. 2 EStG berücksichtige, vermag dies kein anderes Ergebnis zu begründen.

Weitere Informationen:

Finanzgericht Düsseldorf v. 25.09.2018 – 13 K 93/16 E

 

Ein Beitrag von:

  • Christian Herold

    • Steuerberater in Herten/Westf. (www.herold-steuerrat.de)
    • Autor zahlreicher Fachbeiträge
    • Mitglied im Steuerrechtsausschuss des Steuerberaterverbandes Westfalen-Lippe

    Warum blogge ich hier?

    Als verantwortlicher Redakteur und Programmleiter zahlreicher Steuerfachzeitschriften, meiner früheren Tätigkeit in der Finanzverwaltung und meiner über 25-jährigen Arbeit als Steuerberater lerne ich das Steuerrecht sowohl aus theoretischer als auch aus praktischer Sicht kennen. Es reizt mich, die Erfahrungen, die sich aus dieser Kombination ergeben, mit den Nutzern des Blogs zu teilen und freue mich auf viele Rückmeldungen.

Kommentare zu diesem Beitrag:

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

− 3 = 1

ARCHIV

Archive