EuGH geht – ohne Knall – in die Sommerpause

Mit einem wahren Konvolut von 30 Urteilen und zehn Schlussanträgen verabschiedete sich der EuGH gestern in die Sommerpause. Drei Verfahren hatten steuerliche, genauer mehrwertsteuerliche Fragen zum Gegenstand. Vor allem vom Organschafts-Verfahren durfte man sich dann auch mehr erhoffen.

Mit gestrigem Urteil beendete der EuGH die Hängepartie um die deutschen Bestimmungen zur UStG-Organschaft/-Holding. Die Entscheidung lässt sich trefflich als ‚unaufgeregt‘ bezeichnen. Das wichtigste im Überblick:

  • Eine Holding mit Eingriffsbeteiligung ist Unternehmer und zum Vorsteuerabzug berechtigt. Den Vorsteuerschlüssel bestimmt das nationale Recht.
  • Organträger kann auch eine Finanzholding sein, wenn die nationalen Gerichte darin keinen Missbrauch feststellen.
  • Der Vorsteuerabzug der Organträger-Holding richtet sich bei fehlenden Eigenumsätzen nach denen der Organgesellschaften.
  • Ein Ausschluss von Personengesellschaften als Organgesellschaften ist allenfalls über die Missbrauchsklausel zulässig.
  • Die MwStSystRL sieht kein Über-/Unterordnungsverhältnis vor. Allerdings bestimmen die Mitgliedstaaten die notwendige Intensität der engen Verbindung im Organkreis.
  • Aufgrund des nationalstaatlichen Handlungsspielraums sind die Richtlinienbestimmungen zur Organschaft nur mittelbar anwendbar.

Damit urteilte der EuGH erwartungsgemäß und bestätigte die deutsche Rechtsprechung weitgehend. Letztlich ist die Entscheidung aber gleichsam weitgehend inhaltsleer. Denn die entscheidenden Anforderungen liegen im Ermessen der Mitgliedstaaten. So ist die Harmonisierung der Mehrwertsteuer in Europa ein bisschen wie der Weihnachtsmann – man möchte gern daran glauben, aber es bleibt ein Mythos.

Meine Prognose für die anstehenden BFH-Verfahren: Finanzholdings werden weiterhin aus der Organschaft ausgeschlossen. Die Über-/Unterordnung bleibt bestehen, wird nur etwas geschickter vermarktet. Bei den Personengesellschaften spricht eigentlich alles für den Einbezug. Allerdings wäre ich wenig überrascht, wenn der BFH hier nicht doch noch ein Kaninchen aus dem Hut zieht. Am Ende des Tages könnte das Urteil tatsächlich ohne Einfluss auf die deutsche Regelungslage bleiben.

In einer weiteren Entscheidung befasst sich der EuGH mit Reparaturgarantien bei Gebrauchtwagen. Hier scheint die Kategorie ‚Exotenfall‘ einschlägig zu sein. Selbiges gilt wohl für die Rechtssache Hedqvist. Dort nahm Generalanwältin Kokott zu Bitcoins Stellung. Deren Tausch in ‚echtes‘ Geld und vice versa sei nicht steuerbar. Der Umtausch gegen Entgelt sei steuerfrei. Zur Begründung beruft sie sich auf die Rechtsprechung, welche sonstige Zahlungsmittel wie z.B. Nennwertgutscheine den gesetzlichen Währungen umsatzsteuerlich weitgehend gleichstellt. Dabei liegt die Betonung auf weitgehend, weil es da ja noch die Rechtssache Astra Zeneca (Steuerbarkeit der Ausgabe von Nennwertgutscheinen) gibt. Dieses Urteil könne man – so Kokott – auch abweichend verstehen. Sehr diplomatisch formuliert; so wird man Generalanwalt. Denn das Urteil muss man selbstredend anders verstehen. Für Chaos sorgt die EuGH-Entscheidung nur deshalb nicht, weil sie durch die Verwaltung – soweit ersichtlich in einem bislang einmaligen Vorgang – mit einem Nichtanwendungserlass belegt wurde. Steuerrecht leicht gemacht eben.

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