Finanzrichter als Marder-Experten

Während ich diese Zeilen schreibe, schaue ich in unseren Garten, in dem gerade eine Wühlmaus oder eine Wühlmaus-Familie ihr Unwesen treibt. Unser Rasen wirkt dadurch arg ramponiert, doch wenn ich den Sachverhalt lese, der einem Urteil des FG Hamburg zugrunde liegt, relativiert sich mein Ärger. Immerhin musste eine Hauseigentümerin über mehr als zehn Jahre einen Marderbefall hinnehmen, der ihr Kosten von über 50.000 Euro verursacht hat. Und am Ende des Tages musste sie sich auch noch schlaue Sprüche der Hamburger Finanzrichter anhören, die offenbar Experten in der Vergrämung von Mardern sind. Hätte die Klägerin nicht die örtlichen Marderexperten, sondern frühzeitig die Finanzrichter befragt, wäre ihr der hohe Schaden sicherlich erspart geblieben (FG Hamburg, Urteil vom 21.2.2020, 3 K 28/19). Doch der Reihe nach.

Es ging um folgenden Sachverhalt:

Die Klägerin war Eigentümerin eines Einfamilienhauses. Erstmalig beauftragte sie im April 2004 ein Unternehmen mit dem Vertreiben und Aussperren von Steinmardern. Die Firma fand einen Marderzugang zum Dach, verschloss ihn und deckte zur Vermeidung von weiterem Marderbefall die Regenrinnen ab (Kosten: 928 EUR). Im April 2006 verschloss die Firma erneut einen Marderzugang (Kosten: 348 EUR). Es kamen im Laufe der folgenden Jahre weitere – stets untaugliche – Versuche hinzu, um den bzw. die Marder zu vertreiben. Doch es half nichts. Im Jahr 2015 musste eine komplette Dachsanierung her mit schweren, von einem Marder nicht mehr zu hebenden Dachziegeln. Die Kosten beliefen sich auf über 54.000 EUR. Die Klägerin machte diese Kosten in ihrer Steuererklärung als außergewöhnliche Belastung geltend. Die Dachsanierung sei erforderlich gewesen, weil aufgrund von Kot und Urin der Marder und der Kadaver ihrer Beutetiere eine akute Gesundheitsgefährdung für sie und ihre Familie bestanden habe. Doch die als außergewöhnliche Belastung geltend gemachten Aufwendungen wurden nicht berücksichtigt, weil sie nicht „zwangsläufig“ gewesen seien. Die Klage vor dem Finanzgericht blieb ohne Erfolg.

Die Begründung des FG:

Die Verschmutzung des Dachbodens mit Kot, Urin und Beutekadavern von Mardern könnte zwar als ungewöhnlich anzusehen sein. Allerdings ist bei der Beurteilung die dahinterliegende Ursache wertend einzubeziehen, dass nämlich ein oder nacheinander mehrere Marder den Dachboden der Klägerin zu ihrem Rückzugsort und dann zu dem Ort für die Aufzucht ihres Nachwuchses machen konnten. Dem Marderbefall hätte weitergehend vorgebeugt werden können, wenn regelmäßige und hinreichend eng getaktete Kontroll- und Vergrämungsmaßnahmen vorgenommen worden wären und nicht nur bei akutem Befall reagiert worden wäre. Gleichwohl eintretende Schäden hätten dann jeweils zeitnah beseitigt werden können. Häufige Inspektionen und Wartungsarbeiten mögen lästig und mit ständigen Kosten verbunden gewesen sein. Sie hätten allerdings unterhalb der Belastungsgrenze des § 33 EStG für die Anerkennung von außergewöhnlichen Belastungen gelegen. Zudem sei darauf hinzuweisen, dass die Klägerin über die Jahre finanzielle Vorsorge hätte treffen können. Sie hätte im Rahmen der Zumutbarkeit regelmäßig Rücklagen bilden können für den zu besorgenden Fall, dass die konkret getroffenen Maßnahmen unzureichend bleiben und eine Änderung der Dachdeckung sich doch noch als erforderlich herausstellen sollte.

Hinweis:

Wer sich in Sachen „Marderbefall“ weiterbilden möchte, dem sei die vollständige Lektüre der Urteilsgründe empfohlen. Hier ein schöner Auszug: „Bei einer wertenden Betrachtung waren die aufgezeigten Handlungsalternativen nicht nur theoretisch möglich, sondern auch tatsächlich erwägenswert. Es bestand von vornherein eine nicht geringe Wahrscheinlichkeit, dass eine nachhaltige Vergrämung nicht gelingen würde. Wie die Kläger selbst vortragen, neigen Marder dazu, zu ihren Quartieren zurückzukehren und gegebenenfalls aufgelassene Reviere ihrer Artgenossen zu besetzen. Das Dach des klägerischen Hauses bot unzureichenden Schutz gegen Marderbesuche, insbesondere weil die tönernen Dachpfannen nur ein relativ geringes Gewicht hatten und sie nicht insgesamt fest miteinander verbunden waren und deshalb von Mardern hochgedrückt werden konnten …“

Gegen das Urteil liegt die Nichtzulassungsbeschwerde vor (VI B 41/20), so dass in ähnlichen Fällen Einspruch eingelegt und auf das Verfahren verwiesen werden sollte. Immerhin hat der BFH in einem anderen Fall, in dem es um Biberschäden geht, die Revision zugelassen (Az. VI R 42/18).

PS: Für Hinweise gegen Wühlmäuse im Garten wäre ich dankbar. Laufende Kontrollgänge, wie von den Finanzrichtern im Falle eines Marders empfohlen, reichen jedenfalls nicht aus.

Weitere Informationen:

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

85 + = 94