Im zweiten Wahlgang sind am 6.5.2025 der neue Bundeskanzler Friedrich Merz vom Bundestag gewählt und die Kabinettsmitglieder vereidigt worden. Bewertung eines holprigen Regierungsstarts.
Hintergrund
Ich habe am 6.5.2025 bereits berichtet: Im ersten Wahlgang ist die Wahl von Friedrich Merz zum neuen Bundeskanzler gescheitert (Art.63 Abs. 1 GG), weil er die erforderliche Mehrheit von 316 Stimmen im Bundestag verfehlt hat, ihm also die eigenen Abgeordneten der mutmaßlichen Regierungskoalition die Zustimmung verweigert haben. Deshalb war nach Art.63 Abs.3 GG innerhalb von 14 Tagen ein zweiter Wahlgang erforderlich.
Kanzler gewählt, Regierung vereidigt
Noch am 6.5.2025 hat der Bundestag Friedrich Merz nun im zweiten Wahlgang mit 325 Stimmen zum neuen Bundeskanzler gewählt, im Anschluss wurden die weiteren Regierungsmitglieder vereidigt; mit der Aushändigung der entsprechenden Ernennungsurkunden ist die neue Regierung damit im Amt.
Möglich war dieses Wahlverfahren auf Antrag der CDU/CSU-Fraktion gem. Art. 63 Abs.3 GG, § 4 GeschOBT (BT-Drs. 111/25) nur durch einen Verzicht auf die dreitägige Wartefrist, die § 78 Abs.5 GeschOBT vorsieht; hierfür war eine Zwei-Drittel-Mehrheit (§ 126 GeschOBT) für einen entsprechenden fraktionsübergreifenden Antrag erforderlich, der nun einstimmig beschlossen wurde.
Einordnung und Bewertung
Die mit Verspätung erfolgte Wahl des neuen Bundeskanzlers mit der anschließenden Regierungsvereidigung ist zunächst ein positives Signal für die Arbeitsfähigkeit des Parlaments: Der fraktionsübergreifende Geschäftsordnungsantrag, der den zweiten Wahlgang erst möglich gemacht hat, hat die Tür geöffnet, dass schnell Klarheit über die künftige Kanzlerschaft und das Kabinett geschaffen wird und keine tagelange „Hängepartie“ folgt. Das ist ein Tagessieg für die Demokratie in Deutschland.
Ein dritter Wahlgang (Art. 63 Abs.4 GG) mit dem Risiko von Neuwahlen wäre ein fatales Signal Inland und im Ausland gewesen, eine klare Botschaft für einen fehlenden Rückhalt des Kanzlerkandidaten im Bundestag. Gut, dass das vermieden worden ist.
Der fade Beigeschmack der Regierungs-Instabilität bleibt dennoch: Offenbar waren (und sind?) etliche Mitglieder der Regierungskoalition mit dem Ergebnis des Koalitionsvertrages unzufrieden. Das sind keine guten Vorzeichen für stabile vier Jahre Regierungsarbeit. Denn diese hängt maßgeblich von der Durchsetzbarkeit von Regierungsvorhaben zu Haushalt, Steuerpolitik, Arbeits- und Sozialpolitik und Bürokratieabbau im Bundestag ab. Und seit dem ersten Wahlgang der Bundeskanzlerwahl wissen wir: Die Kanzlerschaft und die Umsetzung der Regierungsarbeit steht auf tönernen Füßen. Umso wichtiger ist , dass die neue Regierung jetzt schnell die Umsetzung ihrer Pläne in Angriff nimmt und mit den erforderlichen Beschlussmehrheiten im Bundestag ihre Handlungsfähigkeit unter Beweis stellt: Erst dann ist die Basis geschaffen, um bei Bürgern und Wirtschaft verloren gegangenes Vertrauen möglichst schnell zurückzugewinnen.
Ein Beitrag von:
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- Studium der Rechtswissenschaften in Würzburg
- Hauptgeschäftsführer der IHK Würzburg-Schweinfurt
- Honorarprofessor an der Universität Würzburg
Warum blogge ich hier?
Mein erster Blog bietet die Möglichkeit, das Thema der Pflicht der „Pflichtmitgliedschaft in Kammern“ „anzustoßen“ und in die Diskussion zu bringen. Bei genauem Hinsehen sichert der „Kammerzwang“ nämlich Freiheitsrechte durch die Möglichkeit zur eigenverantwortlichen Partizipation.