Können oder müssen Zuschüsse zu Versicherungen ein (steuerbegünstigter) Sachbezug sein?

Unstreitig ist, dass Sachbezüge nicht zu besteuern sind, wenn der sich ergebende Vorteil insgesamt 44 Euro im Kalendermonat nicht übersteigt (§ 8 Abs. 2 Satz 11 EStG). Aber: Was ist denn überhaupt alles ein Sachbezug?

Steuerberater Christoph Iser:

Was ist ein Sachbezug? Beantwortet hat diese Frage bereits der BFH in seinem Urteil vom 11.11.2010 (Az: VI R 27/09), wonach Sachbezüge alle nicht in Geld bestehenden Einnahmen sind. Zur Abgrenzung zwischen Barlohn und Sachbezug kommt es nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung darauf an, was den der Arbeitnehmer beanspruchen kann. Der Rechtsgrund des Zuflusses entscheidet. Kann der Arbeitnehmer anstelle des Sachbezugs auch die Zahlung des Gegenwerts verlangen oder gibt es alternativlos nur den Sachbezug?

Die Richter gehen in der obigen Entscheidung soweit, dass Sachbezüge selbst dann gegeben sind, wenn der Arbeitgeber eine Zahlung mit einer Auflage verbindet, den empfangenden Geldbetrag nur in einer bestimmten Weise zu verwenden.

Auf dieser Grundlage hat auch das FG Mecklenburg-Vorpommern am 16.03.2017 (Az: 1 K 215/16; Revision beim BFH unter dem Az: VI R 16/17) entschieden, dass Sachbezüge auch dann vorliegen, wenn der Arbeitgeber mit Zahlungen an seine Arbeitnehmer die von diesen zu zahlenden Beiträge zu einer Zusatzkrankenversicherung bezuschusst und die Arbeitnehmer diese Zahlungen nur dann beanspruchen können, wenn sie eine entsprechende Zusatzkrankenversicherung abgeschlossen haben.

Auf der gleichen Linie hat auch schon exakt ein Jahr zuvor das Sächsische FG mit Urteil vom 16.03.2016 (Az: 2 K 192/16; Revision beim BFH unter dem Az: VI R 13/16) Arbeitslohn erkannt, wenn der Arbeitgeber als Versicherungsnehmer mit einem Versicherer Verträge über eine betriebliche Krankenzusatzversicherung abschließt, aufgrund derer der Arbeitnehmer als Versicherter einen unmittelbaren Anspruch auf Leistungen für zusätzliche Vorsorgeuntersuchungen, stationäre Zusatzleistungen und Zahnersatzleistungen erlangt.

In beiden Fällen können die Arbeitnehmer die Zuzahlungen nur verlangen, wenn sie diese für den jeweiligen Versicherungsschutz verwenden. Ein anderweitiger Anspruch ist nicht gegeben, weshalb der erlangte Versicherungsanspruch der Sachbezug ist. Entgegen dem BMF-Schreiben vom 10.10.2013 muss daher die 44-Euro-Grenze anzuwenden sein.

Michael Heine, ein Standpunkt aus der Finanzverwaltung:

Es spricht sicherlich Einiges dafür, dass der BFH die beiden anhängigen Revisionen auf der Linie seiner Urteile vom 11.11.2010, Az. VI R 27/09, und vom 14.4.2011, Az. VI R 24/10, erledigen wird. Die Freigrenze wäre dann sowohl anzuwenden, wenn der Arbeitgeber selbst die Zusatzkrankenversicherung zugunsten des Arbeitnehmers abschließt und in dessen Namen Zuschüsse leistet (Konstellation Sächsisches FG), als auch bei Zahlung eines Zuschusses an den Arbeitnehmer unter der Prämisse, diese nur für Beiträge zu einer Zusatzkrankenversicherung zu verwenden (Konstellation FG Mecklenburg-Vorpommern).

Fraglich bleiben jedoch die Folgewirkungen, wenn der BFH die Freigrenze bejaht.

Das BMF-Schreiben vom 10.10.2013 weist nicht von ungefähr auf etwaige Widersprüche zur Steuerfreistellung von Arbeitgeberleistungen im Rahmen der betrieblichen Altersvorsorge gem. § 3 Nr. 56 und 63 EStG hin. Das Sächsische FG wischt dieses Argument vom Tisch, ohne sich damit substantiiert auseinanderzusetzen.

Die OFD Frankfurt führt in ihrer veröffentlichten Verfügung vom 26.04.2016, Az. S 2334 A-104-St 211, aus – zunächst die gute Nachricht – dass in den streitigen Sachverhalten Aussetzung der Vollziehung gewährt werden kann, merkt gleichzeitig jedoch an, dass weitere Zukunftssicherungsleistungen des Arbeitgebers (etwa der betrieblichen Altersversorgung) im Wege der Gewährung von Versicherungsschutz (Direktversicherung) in konsequenter Weiterführung der Rechtsprechung auch insoweit zur Beurteilung als Sachbezug und mithin zur Einbeziehung in die Prüfung der 44-Euro-Freigrenze führen müssten. In vielen Fällen dürfte diese bei Einbeziehung der weiteren bezuschussten Versicherungsbeiträge überschritten sein.

Da wäre also der Wertungswiderspruch. Und wenn dieser nicht infolge der Revisionsverfahren aufgelöst werden kann, so steht der begünstigte Arbeitnehmer – nach meiner Auffassung – im Nachgang nicht viel besser da.

Es bleiben daher die konkrete Lösung und die Details der Urteilsgründe des BFH in den anhängigen Revisionen abzuwarten.

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