Online-Poker: Wann liegt eine nachhaltige Tätigkeit vor?

Wenn bei Spielen Glücks- mit Geschicklichkeitselementen zusammentreffen, wird es steuerlich schwierig – vor allem, wenn die Spieler nennenswerte Gewinne erzielen. In den vergangenen Jahren mussten die Finanzgerichte beispielsweise häufiger die Frage beantworten, ob bzw. wann Pokerspieler nachhaltig und damit gewerblich tätig sind und mit ihren Gewinnen der Einkommen- und Gewerbesteuer unterliegen.

Zuletzt standen dabei Online-Pokerspieler im Fokus.

BFH-Urteil vom 22.2.2023, X R 8/21 – Gewinne als Einkünfte aus Gewerbetrieb

Im Jahre 2023 hat der BFH entschieden, dass auch Gewinne aus dem Online-Pokerspiel als Einkünfte aus Gewerbebetrieb der Einkommensteuer unterliegen können (BFH-Urteil vom 22.2.2023, X R 8/21).

Ein Steuerpflichtiger hatte im Jahre 2007 mit dem Online-Pokerspiel (Variante „Texas Hold´em/Fixed Limit“) begonnen. Ausgehend von zunächst kleinen Einsätzen und Gewinnen steigerte er seine Einsätze allmählich. Auch seine Gewinne stiegen im Zeitablauf erheblich an. Im Streitjahr 2009 erzielte er aus dem Online-Pokerspiel bereits einen Gewinn von über 80.000 Euro, der in den Folgejahren weiter anstieg. Allein im Zeitraum von Juli bis Dezember 2009 belief sich seine registrierte Gesamtspielzeit auf 673 Stunden. Das FG war der Auffassung, dass der Kläger ab Oktober 2009 gewerblich tätig gewesen sei und demzufolge der in den Monaten Oktober bis Dezember 2009 erzielte Gewinn von gut 60.000 Euro der Einkommensteuer unterliege. Dies hat der BFH bestätigt.

Begründung:

Poker ist kein reines Glücksspiel, sondern auch durch Geschicklichkeitselemente gekennzeichnet. Dies gilt auch beim Online-Poker, selbst wenn dort kein persönlicher Kontakt zu den Mitspielern möglich ist.

BFH-Urteil vom 2.4.2025, X R 26/21 – BFH bestätigt Auffassung

Nun hat der BFH seine Auffassung bestätigt: Auch Gewinne aus dem Online-Pokerspiel in der Variante „Pot Limit Omaha“ können als Einkünfte aus Gewerbebetrieb der Einkommensteuer unterliegen (BFH-Urteil vom 2.4.2025, X R 26/21).

Der Kläger spielte Online-Poker zunächst in der Variante „Texas Hold’em“ und später in der Variante „Omaha“ (meist in der Untervariante „Pot Limit Omaha“). Dabei bevorzugte er ganz überwiegend Einzelspiele (so genannte Cash-Games) gegenüber der Teilnahme an Turnieren. Zwar musste er in einigen Jahren ansehnliche Verluste hinnehmen, doch beispielsweise erzielte er in 2011 ein Ergebnis von plus 688.000 Euro und in 2013 von plus 532.320 Euro. Durchschnittlich spielte er 20 bis 25 Stunden pro Woche. Finanzamt, FG und auch der BFH gelangten zu der Überzeugung, dass der Kläger ein professioneller Spieler war. Seine Einnahmen wurden daher nach Abzug von geschätzten Betriebsausgaben der Einkommensteuer (und auch der Gewerbesteuer) unterworfen, wobei die Verluste der entsprechenden Jahre ebenfalls berücksichtigt wurden und zu Verlustrück- bzw. -vorträgen führten (bei der Gewerbesteuer nur zu Verlustvorträgen).

Begründung:

Der Kläger hat auf zahlreichen Online-Portalen gespielt. Die Anzahl der von ihm getätigten Spiele war sehr hoch. Der Kläger hat seine Spieleinsätze im Laufe der Zeit gesteigert. Auch sein Zeitbudget war mit durchschnittlich 20 bis 25 Stunden wöchentlich deutlich höher als dasjenige eines Hobbyspielers. Im Gegensatz zu anderen Online-Spielern, die in der Anonymität bleiben, hatte der Kläger zudem eine erhebliche Präsenz in den einschlägigen Medien. Auch dies ist dem Bild eines Hobbyspielers fremd. Dem Kläger ging es nicht mehr nur um die Befriedigung privater Spielbedürfnisse. Vielmehr hat er das Pokerspiel zur Erzielung von Einkünften eingesetzt und es um des Entgelts willen betrieben. Der Kläger hat sich nachhaltig betätigt, am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr teilgenommen und den Rahmen einer privaten Vermögensverwaltung überschritten.

Denkanstoß:

Nicht jeder Pokerspieler unterliegt der Einkommensteuer. Für Freizeit- und Hobbyspieler handelt es sich weiterhin um eine private Tätigkeit, bei der Gewinne – und auch Verluste – keine steuerliche Auswirkung haben. Wenn jedoch der Rahmen einer privaten Hobbytätigkeit überschritten wird und es dem Spieler nicht mehr um die Befriedigung seiner Spielbedürfnisse geht, sondern um die Erzielung von Einkünften, ist sein Handeln als gewerblich anzusehen. Maßgebend ist die strukturelle Vergleichbarkeit mit einem Gewerbetreibenden bzw. Berufsspieler, zum Beispiel die Planmäßigkeit des Handelns, die Ausnutzung eines Marktes oder der Umfang des investierten Geld- und Zeitbudgets (Quelle: Mitteilung des BFH vom 29.6.2023).

Neben der Einkommensteuer kann im Übrigen auch die Umsatzsteuer zu beurteilen sein. Hier hat der BFH – allerdings zur Teilnahme an „Präsenz-Turnieren“ – mit Urteil vom 30.8.2017 (XI R 37/14) wie folgt entschieden: Ein „Berufspokerspieler“ erbringt keine Leistung im Rahmen eines Leistungsaustausches gegen Entgelt, wenn er an Spielen fremder Veranstalter teilnimmt und ausschließlich im Falle der erfolgreichen Teilnahme Preisgelder oder Spielgewinne erhält. Zwischen der (bloßen) Teilnahme am Pokerspiel und dem im Erfolgsfall erhaltenen Preisgeld oder Gewinn fehlt der für einen Leistungsaustausch erforderliche unmittelbare Zusammenhang. Die Teilnahme an einem Pokerspiel ist jedoch eine im Rahmen eines Leistungsaustausches gegen Entgelt erbrachte Dienstleistung, wenn der Veranstalter für sie eine von der Platzierung unabhängige Vergütung zahlt. In einem solchen Fall ist die vom Veranstalter geleistete Zahlung die tatsächliche Gegenleistung für die vom Spieler erbrachte Dienstleistung, an dem Pokerspiel teilzunehmen.

 

Ein Beitrag von:

  • Christian Herold

    • Steuerberater in Herten/Westf. (www.herold-steuerrat.de)
    • Autor zahlreicher Fachbeiträge
    • Mitglied im Steuerrechtsausschuss des Steuerberaterverbandes Westfalen-Lippe

    Warum blogge ich hier?
    Als verantwortlicher Redakteur und Programmleiter zahlreicher Steuerfachzeitschriften, meiner früheren Tätigkeit in der Finanzverwaltung und meiner über 25-jährigen Arbeit als Steuerberater lerne ich das Steuerrecht sowohl aus theoretischer als auch aus praktischer Sicht kennen. Es reizt mich, die Erfahrungen, die sich aus dieser Kombination ergeben, mit den Nutzern des Blogs zu teilen und freue mich auf viele Rückmeldungen.

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