Ortsübliche Vermietungszeit von Ferienwohnungen im Corona-Jahr 2020

Die zutreffende Bestimmung der steuerpflichtigen Einkünfte aus der Vermietung von Ferienwohnungen ist ein steuerlicher Zankapfel, der die Finanzgerichte häufig beschäftigt. Die Königsdisziplin ist dabei die Erstellung einer Überschussprognose, in deren Ergebnis regelmäßig die Absicht, Einkünfte zu erzielen, versagt wird. Bei einer ausschließlich zur Vermietung bereitgehaltenen Ferienwohnung ohne Selbstnutzung kann die Überschussprognose vermieden werden, wenn deren Vermietungstage die ortsübliche Vermietungszeit – ohne dass Vermietungshindernisse gegeben sind – nicht erheblich unterschreiten. Hiervon geht die Rechtsprechung bei einem Unterschreiten von mindestens 25 % aus.  Aber auch die Ermittlung des Vergleichsmaßstabs der ortsüblichen Vermietungszeit kann sich mitunter diffizil gestalten wie das BFH-Urteil vom 26.05.2020 (IX R 33/19) aufzeigt.

Pandemie als Vermietungshindernis

Im Pandemiejahr 2020 dürften sich die ortsüblichen Vermietungszeiten der Vorjahre für die meisten Ferienhausvermieter in unerreichbarer Ferne befinden. Sondersituationen werden beim Vergleich mit der ortsüblichen Vermietungszeit nicht sanktioniert, sofern ein Vermietungshindernis gegeben ist. Der BFH hat in seiner Rechtsprechung dabei neben Instandsetzungsarbeiten auch höhere Gewalt als Vermietungshindernis anerkannt (FG Baden-Württemberg, Urteil vom 16.12.2003, 2 K 367/01 – zum „Jahrhunderthochwasser“ 1999), welches ein Unterschreiten der ortsüblichen Vermietungszeit rechtfertigt – und ohne schädliche Steuerfolgen bleiben lässt. Ist die Vermietbarkeit im Ferienort hingegen allgemein schlecht, so läge darin kein Vermietungshindernis, dass beim Abgleich mit der ortsüblichen Vermietungszeit zu berücksichtigen wäre (BFH-Urteil vom 29.08.2007, IX R 48/06). Auch die Zeiträume, in denen pandemiebedingte (touristischen) Übernachtungsverbote und Reisebeschränkungen galten, sollten daher für den Veranlagungszeitraum 2020 als Vermietungshindernis der einzelnen Ferienwohnung anerkannt werden.

BFH präferiert jahresübergreifenden Abgleich mit ortsüblicher Vermietungszeit

Verbleiben trotz Berücksichtigung der (monatelangen) Vermietungshindernisse Zweifel am Erreichen der ortsüblichen Vermietungszeit in 2020, so könnte eine Passage aus den Entscheidungsgründen des BFH-Urteils vom 26.05.2020 (IX R 33/9) ins Auge fallen: Der BFH merkt ohne Bezug zum entschiedenen Sachverhalt an, dass stets auf die durchschnittliche Auslastung der Ferienwohnung über einen längeren Zeitraum abgestellt werden sollte, um den (Sonder-)Einfluss temporärer Faktoren möglichst gering zu halten. In entsprechenden Fällen würde mit dem BFH gesprochen der Vergleich der Vermietungstage des Ferienobjekts mit den ortsüblichen Vermietungstagen zum Ausgleich von Sondereffekte über einen Vergleichszeitraum erfolgen, der neben 2020 auch Vorjahre erfasst. Hierdurch würde ein starkes Unterschreiten der ortsüblichen Vermietungszeit in 2020 durch ein Erreichen oder Übertreffen in den Vorjahren aufgefangen. Eine einmalige „Billigkeitslösung“ für den besonderen Veranlagungseitraum 2020 böte diese Verfahrensweise allemal.

Weitere Informationen:
BFH, Urteil v. 26.05.2020 – IX R 33/19

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