Rechnungskorrektur: Nie wieder Nachzahlungszinsen?

Die Diskussionen um die Möglichkeit, Rechnungen umsatzsteuerlich rückwirkend zu korrigieren, scheinen auf der Ziellinie zu sein. Noch vor der Sommerpause, vermutlich schon im Frühling, wird der EuGH Position beziehen. Ausgehend vom Plädoyer des Generalanwalts kommt es zu einem nur scheinbar günstigen Fehlurteil.

Generalanwalt Bot macht in seinen Schlussanträgen vier interessante Aussagen. Zunächst hält er fest, dass aus dem EuGH-Urteil in der Rechtssache Pannon Gép aber auch überhaupt kein Hinweis auf eine rückwirkende Rechnungskorrektur auftaucht. Diese absolut zutreffende Erkenntnis hatte in der Fachwelt hierzulande kaum jemand. Der EuGH wird also erstmalig zur Rechtsfrage entscheiden.

Als zweites greift Bot erfreulicherweise die Zinsproblematik auf.  Das vorlegende Finanzgericht hatte in den Vorlagefragen hierzu nichts gesagt, sodass man schon befürchten musste, der EuGH übersieht das Problem. Dadurch wird nun auch zu 99 % klar, dass der EuGH dieser „Ungerechtigkeit“ abhelfen wird, die schwerlich mit dem Neutralitätsgrundsatz zu vereinbaren ist.

Das Kernproblem der Schlussanträge ist die dritte Aussage Bots. Denn er hält ebenso wie die Rechtssache Pannon Gép auch die Rechtssache Terra Bau nicht für einschlägig. Das bedeutet, dass jemand mit einer fehlerhaften Rechnung nun tatsächlich besser gestellt wird, als derjenige, der (noch) gar keine Rechnung hat. Das ergibt in systematischer Hinsicht gar keinen Sinn. Denn natürlich stellt sich dann in der Praxis sofort die Frage, wann eine Rechnung so fehlerhaft ist, dass man nicht mehr von einer Rechnung sprechen kann. Der Streit mit der Finanzverwaltung scheint vorprogrammiert. Hier fehlt dem Generalanwalt der ganzheitliche Blick auf die Sache. Auch vermögen seine Rechtsprechungsverweise nicht zu überzeugen, betreffen die doch mit der Nachholbarkeit der umsatzsteuerlichen Registrierung ein ganz anderes Thema.

Abschließend hält Bot noch fest, dass im Einzelfall eine Korrektur auch nach Erlass des Änderungsbescheids möglich sein soll. Das hatte man in Deutschland letztlich schon so ausgelegt, indem man jedenfalls die Korrektur im Rahmen des Einspruchs gegen den Änderungsbescheid zulässt. Weiter dürfte auch der EuGH nicht gehen.

Zusammenfassend: Die Entscheidung des EuGH könnte eine absolute Luftnummer werden, sollte sich das Gericht mit seinen Aussagen auf den konkreten Einzelfall beschränken. Der Franzose Bot hat nach meinem Dafürhalten die Richtung zu eng vorgegeben. Das Problem: Bot ist ein sehr erfahrener Mann. Nach Juliane Kokott gehört er zu den dienstältesten Generalanwälten am Gerichtshof. Seit seinem Amtsantritt 2006 hat er bereits in acht Mehrwertsteuerverfahren plädiert. Achtmal folgten die Richter seiner Empfehlung. Setzt sich der Trend fort, steht die Praxis vor einem großen Problem. In einigen Monaten wissen wir mehr.

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