Update: Mindestlohnkommission beschließt Mindestlohn für 2026 und 2027

Nach einstimmigem Beschluss der Mindestlohnkommission soll der Mindestlohn ab 1.1.2026 auf 13,90 Euro/Std., ab 1.1.2027 auf 14,60 Euro/Std. Brutto steigen. Die Bundesregierung muss auf Vorschlag der BMAS einer entsprechenden Rechtsverordnung noch zustimmen. Wie profitieren die Mindestlohnempfänger?

Mindestlohn – Hintergrund

Seit 2015 gilt in Deutschland gesetzlich (MiLoG, BGBl. 2014 I S. 1348) ein flächendeckender Mindestlohn (damals zunächst 8,50 Euro). Grundsätzlich gilt der Mindestlohn bundesweit für alle Beschäftigten über 18 Jahre. Auf die Branche (egal ob im gewerblichen oder kaufmännischen Bereich bzw. in Privathaushalten) oder die Ausgestaltung des Beschäftigungsverhältnisses (z. B. Mini-Job) kommt es grundsätzlich nicht an.

Der Mindestlohn wurde zum 1.10.2022 einmalig durch Änderung des Mindestlohngesetzes auf 12 Euro je Zeitstunde angehoben. Gleichzeitig wurde festgelegt, dass über künftige Anpassungen der Höhe des Mindestlohns weiterhin die Mindestlohnkommission entscheidet. Erstmalig tat sie dies wieder zum 30.6.2023 zur Anpassung der Mindestlohnhöhe mit Wirkung zum 1.1.2024. Aktuell beträgt der Mindestlohn nach der 4.MiLoAnpV (v. 24.11.2023, BGBl. I Nr.321) 12,41 Euro brutto/Stunde, zum 1.1.2025 ist er auf 12,82 Euro brutto/Std. gestiegen.

Was ist Inhalt der Empfehlung der Kommission?

Über die Anpassung des allgemeinen gesetzlichen Mindestlohns entscheidet nach der Konzeption des MiLoG alle zwei Jahre eine unabhängige Mindestlohn-Kommission der Tarifpartner, die sich aus Vertretern der Arbeitgeberverbände sowie den Gewerkschaften zusammensetzt und außerdem von Wissenschaftlern beraten wird (§ 9 Abs.1 MiLoG).

In 2026 und 2027 steigt der Mindestlohn in Summe um 13,88 Prozent – das ist üppig. Die Kommission hat sich dabei dem Gesetz entsprechend (§ 9 MiLoG) an mehreren Parametern orientiert. Die Kommission soll bei ihrer Entscheidung neben der Lohnentwicklung und anderen Indikatoren auch das 60-Prozent-Kriterium aus der EU-Mindestlohnrichtlinie berücksichtigen.

Nach dieser Richtlinie kann ein Mindestlohn als „angemessen“ gelten, wenn er bei mindestens 60 Prozent des mittleren Lohns (Median) der Beschäftigten liegt. Wird der Medianlohn mit herangezogen, steigt der Mindestlohn schneller als bei alleiniger Betrachtung der Tariflohnentwicklung.  Bei alleiniger Betrachtung des relevanten Tariflohnindexes wäre der Mindestlohn im kommenden Jahr um 9,4 Prozent gestiegen, d.h. auf rund 14 Euro/Std. Hätte die Kommission allein das 60-Prozent-Kriterium berücksichtigt, wäre die Lohnuntergrenze bei rund 14,50 Euro/Std. gelandet.

Wie ist der Vorschlag zu bewerten?

Das Votum der Kommission beinhaltet für die betroffenen Mindestlohnempfänger in den nächsten Jahren einen „kräftigen Schluck aus der Pulle“ und soll nach Gewerkschaftsberechnungen rund 20 Mio. Euro mehr Kaufkraft in Deutschland bedeuten.

Allerdings ist angesichts steigender Arbeitslosigkeit auch zu begrüßen, dass die Kommission nicht blind dem Wunsch der Politik nach 15 Euro/Std. Mindestlohn blind gefolgt ist, sondern sich an Fakten und Wachstumsaussichten orientiert hat. Es bleibt nun zu hoffen, dass das BMAS diesen Vorschlag in der erforderlichen Mindestlohn-Anpassungsverordnung wie empfohlen umsetzt und nicht versucht, über das Ziel hinauszuschießen. Denn schon mit dem gefundenen Kompromiss werden viele vor allem klein- und mittelständische Unternehmen ihre Probleme haben, vor allem dann, wenn der Rest der Belegschaft ähnliche Lohnzuwächse erwartet.

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Ein Beitrag von:

  • Prof. Dr. jur. Ralf Jahn

    • Studium der Rechtswissenschaften in Würzburg
    • ehem. Hauptgeschäftsführer der IHK Würzburg-Schweinfurt
    • ehem. Honorarprofessor an der Universität Würzburg

    Warum blogge ich hier?
    Mein erster Blog bietet die Möglichkeit, das Thema der Pflicht der „Pflichtmitgliedschaft in Kammern“ „anzustoßen“ und in die Diskussion zu bringen. Bei genauem Hinsehen sichert der „Kammerzwang“ nämlich Freiheitsrechte durch die Möglichkeit zur eigenverantwortlichen Partizipation.

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