Eine Festsetzung von Nachzahlungszinsen, die ursprünglich aufgrund eines Einkommensteuer-Zusammenveranlagungsbescheids ergangen war, bleibt auch dann unverändert gegenüber beiden Eheleuten bestehen, wenn der Zusammenveranlagungsbescheid aufgehoben und durch Einzelveranlagungsbescheide ersetzt wird, und zwar auch für den Fall, dass sämtliche Einkünfte allein auf einen der Ehegatten entfallen – so lautet der zweite Leitsatz des BFH-Urteils vom 30.7.2025 (X R 11/23). Ich werde nachfolgend versuchen, das Urteil mit eigenen Worten wiederzugeben, zumal die Begründung des BFH recht schwer verständlich ist und wohl nur AO-Liebhaber begeistern dürfte.
Der Sachverhalt:
Ursprünglich waren die mittlerweile getrennt lebenden Eheleute zusammenveranlagt worden. In 2019 ergingen gegen die damaligen Eheleute geänderte Steuerbescheide für 2010 bis 2015. Zugleich wurden Nachzahlungszinsen in beträchtlicher Höhe festgesetzt. Daraufhin beantragten A und B für 2010 bis 2012 die Durchführung von getrennten Veranlagungen und für 2013 bis 2015 von Einzelveranlagungen. Das Finanzamt hob die Bescheide über die jeweilige Zusammenveranlagung tatsächlich auf. In den beigefügten Abrechnungen hieß es aber, die bisherigen Zinsfestsetzungen blieben bestehen. Hiergegen wehrten sich die Eheleute vergebens. Die Ehefrau bleibt mit den Nachzahlungszinsen sogar belastet, obwohl sie offenbar keine oder wesentlich geringere Einkünfte als der Ehemann hatte.
Die Begründung in aller Kürze:
Der Antrag auf Änderung der Veranlagungsform von Ehegatten ist zwar ein rückwirkendes Ereignis. Dennoch bleiben die Zinsen, die mit dem Bescheid über die Zusammenveranlagung festgesetzt wurden, auch nach der Änderung der Veranlagungsform gegenüber beiden Eheleuten endgültig bestehen. Letztlich ist maßgebend, dass mit der Zinsfestsetzung Liquiditätsvor- oder -nachteile ausgeglichen werden sollen. Aus § 233a Abs. 2a AO folgt, dass ein an sich rückwirkendes Ereignis in Bezug auf die Nachzahlungs- und Erstattungszinsen gerade nicht zurückwirken soll.
Denkanstoß:
Die §§ 268 ff. AO eröffnen die Möglichkeit, die Aufteilung der Gesamtschuld zu beantragen. Die Aufteilung erfasst auch bestimmte steuerliche Nebenleistungen wie die Zinsen (§ 276 Abs. 4 AO) – darauf weist der BFH explizit hin. Ob das aber weiterhilft? Vielfach wohl nicht, da § 278 Abs. 2 AO entgegenstehen könnte, wo es heißt: „Werden einem Steuerschuldner von einer mit ihm zusammen veranlagten Person in oder nach dem Veranlagungszeitraum, für den noch Steuerrückstände bestehen, unentgeltlich Vermögensgegenstände zugewendet, so kann der Empfänger bis zum Ablauf des zehnten Kalenderjahres nach dem Zeitpunkt des Ergehens des Aufteilungsbescheids über den sich nach Absatz 1 ergebenden Betrag hinaus bis zur Höhe des gemeinen Werts dieser Zuwendung für die Steuer in Anspruch genommen werden. Dies gilt nicht für gebräuchliche Gelegenheitsgeschenke.“