Die BaFin hat Ende September bei Gerresheimer eine Bilanzkontrollprüfung eingeleitet. Einen Monat später räumt das Unternehmen den Fehler ein. Wir schauen uns an, was hinter der Prüfungseinleitung steckt, welche Umsätze genau geprüft werden – und warum die Pressemitteilung von Gerresheimer verständlicher ist als die offizielle Mitteilung der Aufsicht. Zwar ist der Aktienkurs von Gerresheimer durch die Meldungen der letzten Wochen Achterbahn gefahren. Doch lohnt es sich zu schauen, wie viel des Umsatzes überhaupt von dem Fehler betroffen sind.
Was Prüfungseinleitung bedeutet
Die Prüfungseinleitung ist der Startschuss für die Bilanzkontrolle durch die BaFin. Zweifel an einem Jahres- oder Konzernabschluss können eine solche Prüfung auslösen. Dann wird genau geprüft, ob die Zahlen wirklich den Vorschriften entsprechen. Für das Unternehmen heißt das: Die Bilanz steht auf dem Prüfstand – jetzt wird es ernst.
Seit dem Wirecard-Skandal kann die BaFin bereits berichten, wenn eine Prüfung eingeleitet wird – noch bevor ein Fehler festgestellt ist. Wichtig: Prüfungseinleitung bedeutet nicht, dass etwas falsch ist. Anleger sollen nur frühzeitig informiert werden. Damit das klappt, müssen sie die Mitteilungen entweder über die Presse oder direkt auf der Website der BaFin verfolgen.
Was die BaFin prüfen möchte
In einer Pressemitteilung vom 24. September 2025 nimmt Gerresheimer Stellung zur eingeleiteten Prüfung der Bafin:
„Die Prüfung betrifft nach Angaben der BaFin die Gewinnrealisierung aus Verträgen mit Kunden im Konzernabschluss und dem zugehörigen Konzernlagebericht zum 30. November 2024.
Konkret geht es um Bestellungen, für die im letzten Drittel des Geschäftsjahres 2024 mit den jeweiligen Kunden sogenannte „Bill-and-Hold“-Vereinbarungen abgeschlossen wurden. Die Prüfung soll klären, ob diese Umsatzerlöse im Konzernabschluss des Geschäftsjahres 2024 erfasst werden durften oder erst im laufenden Geschäftsjahr 2025.
Die Gerresheimer Gruppe erzielte im Geschäftsjahr 2024 Umsatzerlöse in Höhe 2,036 Mrd. Euro. Die im Rahmen von „Bill-and-Hold“-Vereinbarungen im Geschäftsjahr 2024 erfassten Umsätze entsprechen insgesamt einem niedrigen zweistelligen Millionenbetrag.
Gerresheimer ist unverändert der Auffassung, dass diese Umsätze und Gewinne im Einklang mit den einschlägigen Rechnungslegungsvorschriften periodengerecht im Geschäftsjahr 2024 bilanziert wurden.“
Und mein Senf dazu
Auch ohne tiefe Kenntnisse von Bill-and-Hold-Vereinbarungen wird klar: Die Pressemitteilung von Gerresheimer ist viel verständlicher als die BaFin-Mitteilung. Sie zeigt ein vollständigeres Bild – während die BaFin-Mitteilung leicht den Eindruck erwecken könnte, die Umsätze seien generell zu hoch. Tatsächlich könnte ein festgestellter Fehler „nur“ bedeuten, dass Umsätze ins nächste Jahr verschoben werden müssen.
Ja, es stimmt. Gerresheimer hat einen Fehler gemacht und Umsätze zu früh gebucht, wie das Unternehmen Ende Oktober berichtete. Doch sollte man die Zahlen genauer anschauen: Der Umsatz in dem betroffenen Jahr 2024 lag bei 2 Mrd. €. Die falsch gebuchten Umsätze beliefen sich auf 3 Mio. €. Also der Anteil der betroffenen Umsätze liegt bei weniger als 1 %. Gerresheimer hat eine Kanzlei beauftragt, die das genauer unter die Lupe nehmen soll.
Für Anleger, die sich nicht mit Rechnungslegung auskennen, ist das ein wichtiger Unterschied: Umsätze „im falschen Jahr“ oder Umsätze „grundsätzlich zu hoch“ – das ist nicht dasselbe. Positiv ist: Gerresheimer nennt konkrete Zahlen, die den Anteil der geprüften Umsätze am Gesamtumsatz zeigen. Kein Wunder also, dass der Abschlussprüfer dies nicht als Schwerpunkt gesetzt hat. Investoren sollten daher nicht in Panik verfallen.
Weitere Informationen:
- Gerresheimer nimmt Stellung zur Prüfung durch die BaFin (PM Gerresheimer)
 - Pressemitteilung BaFin
 - BaFin-Prüfung bei Gateway: Biss an falscher Stelle? (NWB Experten-Blog)
 - Gerresheimer räumt Bilanzfehler ein und lässt weiter ermitteln