Kürzlich war es wieder soweit: In mehreren Bundesländern fand der Blitzermarathon statt. Allein in Hamburg wurden über 4.600 Geschwindigkeitsverstöße festgestellt (Quelle: https://www.presseportal.de/blaulicht/pm/6337/6092997). Für einige Betroffene wird es nun teuer. Beteiligt sich wenigstens das Finanzamt an den Buß- oder Verwarnungsgeldern? Die Antwort lautet „Nein“.
Keine Werbungskosten oder Betriebsausgaben
Buß- und Verwarnungsgelder sind nicht als Werbungskosten oder Betriebsausgaben abziehbar. Auch beim Arbeitgeber sind sie, wenn er sie übernommen hat, keine Betriebsausgaben. Der Ausschluss ist gesetzlich geregelt und gilt für „von einem Gericht oder einer Behörde festgesetzte Geldbußen, Ordnungsgelder und Verwarnungsgelder“ (§ 4 Abs. 5 Nr. 8 i.V.m. § 9 Abs. 5 EStG).
Kein steuerfreier Arbeitslohn bei Übernahme durch Arbeitgeber
Die Übernahme von Bußgeldzahlungen durch den Arbeitgeber führt beim Arbeitnehmer zu steuerpflichtigem Arbeitslohn. Denn die Arbeitgeberleistung erfolgt hier nicht im überwiegend eigenbetrieblichen Interesse und ist deshalb nicht steuerfrei. Verstöße gegen die Rechtsordnung, die mit Bußgeldern belegt sind, würden nicht zu den „notwendigen Begleiterscheinungen betriebsfunktionaler Zielsetzungen“ zählen. Dies gilt auch dann, wenn der Arbeitgeber die Fahrer angewiesen hat, Lenk- und Ruhezeiten nicht einzuhalten (BFH-Urteil vom 14.11.2013, VI R 36/12).
BFH-Urteil aus 2020 hilft nicht weiter
Im Jahre 2020 hat der BFH ein Urteil gefällt, das zunächst bejubelt wurde, das dann aber, bei näherer Betrachtung, in der Praxis nur selten zum – aus Sicht der Verkehrssünder – gewünschten Ergebnis führt: Der Arbeitgeber als Halter eines Kfz leistet die Zahlung eines Verwarnungsgeldes wegen einer ihm gemäß § 56 Abs. 1 Satz 1 OWiG erteilten Verwarnung auf eine eigene Schuld. Die Zahlung führt daher nicht zu Arbeitslohn des die Ordnungswidrigkeit begehenden Arbeitnehmers (BFH-Urteil vom 13.8.2020, VI R 1/17, BStBl 2021 II S. 103).
Das klingt zunächst schön und gut. Aber: Die Steuerfreiheit für den Fahrer gilt nur, wenn der Arbeitgeber gegen die Fahrer wegen der (Park-)Verstöße keinen (vertraglichen oder gesetzlichen) Regressanspruch hat. Sofern jedoch dem Arbeitgeber ein realisierbarer Schadensersatzanspruch gegen den jeweiligen Fahrer zusteht und der Arbeitgeber dem Fahrer seine Forderung erlässt, liegt ein geldwerter Vorteil vor, der steuerpflichtigen Arbeitslohn darstellt. Der Arbeitslohn fließt in einem solchen Fall in dem Zeitpunkt zu, in dem der Arbeitgeber zu erkennen gibt, dass er keinen Rückgriff nehmen wird und sich der Arbeitnehmer hiermit einverstanden erklärt.
Im Übrigen gilt das Urteil nur für Verstöße, bei denen der Halter des Kfz in Anspruch genommen wird (§ 25a StVG). Es betrifft nicht Geschwindigkeitsüberschreitungen, bei denen der Fahrer verwarnt wird. Zu Einzelheiten vgl. den Blog-Beitrag „Einkommensteuer: Was passiert, wenn der Arbeitgeber das „Knöllchen“ zahlt?“ von Herrn Professor Jahn.
Denkanstoß:
Betroffene sollten berechtigte Buß- und Verwarnungsgelder bezahlen und bei der Steuerklärung außen vor lassen. Allenfalls bei Halt- oder Parkverstößen kommt in ganz eng umrissenen Ausnahmefällen gegebenenfalls eine steuerfreie Übernahme durch den Arbeitgeber in Betracht. Beachten Sie dazu das Urteil des FG Düsseldorf vom 12.11.2021 (1 K 2470/14 L), das im zweiten Rechtszug im Anschluss an das BFH-Urteil vom 13.8.2020 (s.o.) ergangen ist. Das FG hat unter anderem entschieden: Die durch einen Paketzustelldienst als Arbeitgeber bewirkte Zahlung der gegenüber ihm als Halter der Fahrzeuge festgesetzten Verwarnungsgelder wegen Falschparkens seiner Arbeitnehmer bei der Zustellung der Pakete führt bei diesen nicht zu steuerpflichtigem Arbeitslohn, wenn diese Handhabung auf einer bislang unveränderten langjährigen betrieblichen Praxis beruht. Aber wie gesagt: Es ging nicht um Geschwindigkeits-, sondern um „Parksünder“.