§ 35a EStG bei Mietern – BFH nimmt zu Nachweisen Stellung

Für die Inanspruchnahme von haushaltsnahen Dienstleistungen und Handwerkerleistungen ermäßigt sich die tarifliche Einkommensteuer nach den Grundsätzen des § 35a EStG. Auch Mietern steht die Steuervergünstigung zu, wenn sie die Leistungen selbst in Auftrag gegeben haben oder aber die Aufwendungen über die Nebenkosten anteilig mittragen. Voraussetzung für den Abzug ist, dass der Steuerpflichtige für die Aufwendungen eine Rechnung erhalten hat und die Zahlung auf das Konto des Erbringers der Leistung erfolgt ist. „Nur Bares ist Wahres“ gilt hier nicht!

Der BFH hat sich in einem aktuellen Urteil mit zahlreichen Fragen rund um die Inanspruchnahme von § 35a EStG durch Mieter befasst (BFH-Urteil vom 20.4.2023, VI R 24/20). Nachfolgend sollen einige wesentliche Aspekte herausgegriffen werden.

Der Sachverhalt

Die Kläger wohnten in einer angemieteten Eigentumswohnung. Der Vermieter stellte ihnen mit der Nebenkostenabrechnung Aufwendungen für Treppenhausreinigung, Schneeräumdienst, Gartenpflege und für die Überprüfung von Rauchwarnmeldern in Rechnung. Hierfür begehrten sie die Steuerermäßigung für haushaltsnahe Dienstleistungen und Handwerkerleistungen nach § 35a EStG. Aus den zunächst vorgelegten Abrechnungen ergaben sich aber nicht unbedingt alle geforderten Angaben, zum Beispiel zu der Frage, ob und inwieweit die Beträge tatsächlich per Banküberweisung beglichen worden sind. Und eine explizite Aufteilung in Arbeitslohn und Materialkosten war zumindest unvollständig. Finanzamt und FG lehnten mithin einen Abzug der Kosten ab. Doch der BFH hat der Revision entsprochen.

Die wesentlichen Aspekte des Urteils

Zunächst bestätigt der BFH, dass Mieter Aufwendungen für haushaltsnahe Dienstleistungen und Handwerkerleistungen gemäß § 35a EStG steuermindernd geltend machen können, auch wenn sie die Verträge mit den Leistungserbringern nicht selbst abgeschlossen haben. Für die Gewährung der Steuerermäßigung sei ausreichend, dass die haushaltsnahen Dienstleistungen und Handwerkerleistungen dem Mieter zugutegekommen.

Soweit das Gesetz zudem verlange, dass der Steuerpflichtige für die Aufwendungen eine Rechnung erhalten habe und die Zahlung auf das Konto des Erbringers der Leistung erfolgt sei, genüge als Nachweis auch eine Wohnnebenkostenabrechnung oder eine Bescheinigung, die dem von der Finanzverwaltung anerkannten Muster entspricht (laut Anlage 2 des BMF-Schreibens vom 9.11.2016, BStBl 2016 I S. 1213). Aus beiden müssen sich allerdings Art, Inhalt und Zeitpunkt der Leistung sowie Leistungserbringer und Leistungsempfänger nebst geschuldetem Entgelt einschließlich des Hinweises der unbaren Zahlung ergeben.

Nur bei sich aufdrängenden Zweifeln an der Richtigkeit dieser Unterlagen bleibe es dem Finanzamt oder im Klageverfahren dem FG unbenommen, die Vorlage der Rechnungen im Original oder in Kopie vom Steuerpflichtigen zu verlangen. In diesem Fall müsse sich der Mieter die Rechnungen vom Vermieter beschaffen.

Der Abfluss der Aufwendungen des Steuerpflichtigen ist auch maßgeblich für den Zeitpunkt, in dem der Anspruch auf die Steuerermäßigung nach § 35a EStG entsteht (entsprechend § 11 Abs. 2 Satz 1 EStG). Betreffen die haushaltsnahen Dienstleistungen und Handwerkerleistungen Ausgaben des Vermieters, die laufende Nebenkosten der steuerpflichtigen Mieter darstellen, kann regelmäßig davon ausgegangen werden, dass die im laufenden Jahr gezahlten Nebenkostenvorauszahlungen auf die steuerbegünstigten Leistungen entfallen, soweit die Nebenkostenvorauszahlungen die anteilig auf den Steuerpflichtigen entfallenden Ausgaben des Vermieters/der Eigentümergemeinschaft für die haushaltsnahen Dienstleistungen und für die Handwerkerleistungen decken.

Die Rechtsprechung gelte entsprechend für Aufwendungen der Wohnungseigentümer, wenn die Beauftragung für haushaltsnahe Dienstleistungen und Handwerkerleistungen durch die Wohnungseigentümergemeinschaft – regelmäßig vertreten durch deren Verwalter – erfolgt ist (so der BFH in seiner Pressemeldung vom 13.7.2023)

Denkanstoß:

Wer nur die Pressemeldung des BFH oder den Urteilstext liest, versteht vielleicht gar nicht, warum der Fall überhaupt bis vor den BFH gehen konnte, denn die vom BFH dargestellte Rechtslage weicht im Grundsatz nicht von der Auffassung des BMF ab. Das Urteil der Vorinstanz lässt aber erkennen, dass die Kläger die erforderlichen Unterlagen ihres Vermieters (zunächst) nicht vollständig beibringen konnten (Niedersächsisches FG, Urteil vom 8.5.2019, 4 K 120/18). Insofern ging es in dem Verfahren nicht nur um die rein materiell-rechtliche Seite, sondern auch um die Frage, wie zu verfahren ist, wenn das Finanzamt oder das FG die beigebrachten Unterlagen für unvollständig halten. Vereinfacht ausgedrückt muss den Mietern dann die Möglichkeit zur „Nachbesserung“ gegeben werden.

Der BFH gibt den Mietern noch Hinweise für den Fall mit auf den Weg, dass der Vermieter etwas störrisch ist, wenn es um die erforderliche Bescheinigung geht: Ein Steuerpflichtiger, der die Steuerermäßigung zum Beispiel als Mieter geltend machen will, hat gemäß § 259 Abs. 1 BGB ein Recht auf Belegeinsicht (z.B. BGH-Urteile vom 9.12.2020, VIII ZR 118/19, und vom 15.12.2021, VIII ZR 66/20). Er darf die Belege bei der Einsichtnahme ferner fotografieren, scannen oder mittels eines eigenen Geräts kopieren. Für preisgebundene Wohnraummietverhältnisse ist in § 29 Abs. 2 Satz 1 der Verordnung über die Ermittlung der zulässigen Miete für preisgebundene Wohnungen außerdem bestimmt, dass der Mieter anstelle der Einsicht in die Berechnungsunterlagen Ablichtungen davon gegen Erstattung der Auslagen verlangen kann (BGH-Urteil vom 8.3.2006, VIII ZR 78/05).

Ein letzter Hinweis: Zur Frage des richtigen Zeitpunkts der Geltendmachung von Aufwendungen nach § 35a EStG durch Mieter sei neben dem hier vorgestellten BFH-Urteil auf die Rz. 47,48 des BMF-Schreibens vom 9.11.2016 (BStBl 2016 I S. 1213) verwiesen, die ein Wahlrecht bzw. eine Vereinfachungsregelung enthalten.

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