Senkung der Stromsteuer kommt – aber längst nicht für alle!

Der Koalitionsausschuss hat am 2.7.2025 entschieden, die Senkung der Stromsteuer auf das produzierende Gewerbe sowie die Land- und Forstwirtschaft zu begrenzen; im Koalitionsvertrag war das noch anders angekündigt worden. Wer profitiert und wer nicht?

Hintergrund – Stromsteuer & Stromsteuergesetz

Die Stromsteuer wird nach dem Stromsteuergesetz (BGBl. 24.3.1999, BGBl. I S. 378 , ber. 2000 I S. 147 mit Folgeänderungen) auf den Verbrauch aufgeschlagen und beträgt derzeit 2,05 Cent/KwH. Da Steuerbegünstigungen als staatliche Beihilfen gelten, erfolgen europarechtliche Einschränkungen bei der Senkung. Bislang profitieren bereits Industrie und Landwirtschaft von Erleichterungen bei der Stromsteuer, das kostet den Bund allein 3,75 Mrd. Euro im Jahr.

Im Koalitionsvertrag 2025 hatten die Koalitionäre vereinbart, als „Sofortmaßnahme“ die Stromsteuer für alle Verbrauchergruppen auf das europäische Mindestmaß zu senken – also auch für private Verbraucher, Gewerbe, Handel und Dienstleistungen.

Koalitionsausschuss beschränkt Stromsteuersenkung auf Industrie und Landwirtschaft

Nach dem Beschluss des Koalitionsausschusses vom 2.7.2025 bleibt die Stromsteuersenkung nun doch auf das produzierende Gewerbe und die Landwirtschaft beschränkt. Die Bundesregierung geht dabei davon aus, dass mit der Stromsteuersenkung über 600 000 Betriebe und Unternehmen in Deutschland entlastet werden können. Das sei bei Weitem nicht nur die Industrie, sondern das umfasse auch Handwerker, die produzieren, Bäcker und Fleischer, also Mittelständler, kleine Handwerksbetriebe, kleine lokale Betriebe. All das sei „produzierendes Gewerbe“. Andere Wirtschaftszweige und Privatverbraucher gehen bei den Senkungsplänen hingegen leer aus.

Versprechen aus dem Koalitionsvertrag vertagt

Im Koalitionsvertrag 2025 von SPD und CDU/CSU war die Stromsteuersenkung „für alle“, also auch für Privatverbraucher, vollmundig angekündigt. „Versprochen – gebrochen“: Gilt das jetzt auch für die Stromsteuersenkung für Privathaushalte?

Immerhin trägt der Koalitionsvertrag an etlichen Stellen den sog. Finanzierungsvorbehalt: Nur was die Haushaltslage des Bundes finanziell zulässt, kann (sofort) umgesetzt werden. Und an der Finanzierbarkeit einer Reduktion der Stromsteuer auch für Verbraucher mangelt es aktuell: 5,4 Mrd. Euro würde das nach BMF-Berechnungen kosten. Dies ist angesichts der aktuellen Haushaltslage nicht finanzierbar und aufgeschoben bis zu dem Zeitpunkt, wo die Haushaltslage einer Stromsteuersenkung finanziell zulässt – das kann dauern…!

Bewertung

Die Absage an eine breitere Stromsteuersenkung ernte aus den nicht berücksichtigten Wirtschaftsbranchen breite Kritik. Aus Sicht der Logistikbranche hemmt die Stromsteuer-Entscheidung die Transformation zur Elektromobilität, weil sich mit der zunehmenden Elektrifizierung der Nutzfahrzeugflotten auch die Logistik absehbar zu einem stromintensiven Sektor entwickelt.

Auch viele Handwerksbetriebe, insbesondere in „energieintensiven Gewerken“, haben auf die Zusagen im Wahlkampf und im Koalitionsvertrag vertraut und deshalb entsprechende unternehmerische Entscheidungen getroffen, die jetzt kaum umsetzbar werden. Ähnlich enttäuscht reagieren jetzt andere Bereiche aus Gewerbe, Handel und Dienstleistungen.

Dass das Heer von Privatkunden enttäuscht ist, die weiterhin tiefer in die Tasche greifen müssen, erklärt sich von selbst. Private Haushalte zahlen aktuell durchschnittlich 36,69 Cent/Kwh. Der deutsche Strompreis ist kaufkraftbereinigt nach Italien der zweithöchste unter den führenden Industrie- und Schwellenländern. Beschaffungs- und Betriebskosten machen allerdings nur rund 40 Prozent der Verbraucherkosten aus, fast ein Drittel der Stromrechnung entfällt auf Steuern, Abgaben und Umlagen an den Staat, im Übrigen über die Netzentgelte an die Netzbetreiber. Gerade deshalb hätten auch Verbraucher eine Entlastung von der Stromsteuer bitter nötig.

Allerdings fragt man sich schon Kopf schüttelnd, warum angesichts des zutage tretenden Sparzwangs bei der Stromsteuer andere geplante Maßnahmen wie die Erhöhung der Mütterrente und die Senkung der Mehrwertsteuer für die Gastronomie ohne Wenn und Aber umgesetzt werden sollen, obwohl sie ähnlich teuer, allerdings als Maßnahmen der „Klientelpolitik“ sehr viel schlechter begründbar sind. Hier bleibt leide der fade Beigeschmack, dass die Bundesregierung in Finanzierbarkeitsfragen mit zweierlei Maß misst. Und das ist das Verwerfliche, den mit solcher Sofortprogramm-Politik wird Vertrauen zerstört.

Weitere Informationen

 

                                                          (c) freepik – jannoon028

 

Ein Beitrag von:

  • Prof. Dr. jur. Ralf Jahn

    • Studium der Rechtswissenschaften in Würzburg
    • ehem. Hauptgeschäftsführer der IHK Würzburg-Schweinfurt
    • ehem. Honorarprofessor an der Universität Würzburg

    Warum blogge ich hier?
    Mein erster Blog bietet die Möglichkeit, das Thema der Pflicht der „Pflichtmitgliedschaft in Kammern“ „anzustoßen“ und in die Diskussion zu bringen. Bei genauem Hinsehen sichert der „Kammerzwang“ nämlich Freiheitsrechte durch die Möglichkeit zur eigenverantwortlichen Partizipation.

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