Verbesserung der Mütterrente: Ja – aber ist der Zeitpunktrichtig gewählt?

Hintergrund: Was bedeutet die Mütterrente für den Rentenbezug?

Mit der sog. Mütterrente werden Kindererziehungszeiten angerechnet, die in die Berechnung der Rente einfließen. Bislang unterscheidet sich die Anerkennung von Erziehungsleistungen in der Rente nach dem Zeitpunkt der Geburt der Kinder: Für jedes Kind, das ab 1992 geboren wurde, können bis zu drei Jahre Kindererziehungszeit anerkannt werden.

Für jedes Kind, das vor 1992 geboren wurde, waren die Anrechnungszeiten bislang schlechter: Für vor 1992 geborene Kinder konnte bis 2014 ein Jahr anerkannt werden. Durch die Mütterrente I wurde 2014 die Möglichkeit geschaffen, bis zu zwei Jahre an Kindererziehungszeiten anzuerkennen. Durch die Mütterrente II wurde dieser Zeitraum 2019 auf bis zu zweieinhalb Jahre ausgeweitet.

Was plant jetzt die Bundesregierung?

Die Mütterrente III war nicht nur ein ausdrückliches Wahlversprechen der Union, sondern ist auch im Koalitionsvertrag 2025 von den Regierungspartnern fix vereinbart worden.

Mit der Mütterrente III sollen die Kindererziehungszeiten für vor 1992 geborene Kinder nun auch auf bis zu drei Jahre ausgeweitet werden. Damit wird eine vollständige rentenrechtliche Gleichstellung für alle Mütter und Väter erreicht. Mit der Mütterrente sollen demnach Nachteile ausgeglichen werden, die sich daraus ergeben, dass Kindererziehung beim erziehenden Elternteil häufig Lücken in der Rentenbiografie hinterlässt. Wer Kinder erzogen hat und der Gesellschaft damit einen wichtigen Dienst geleistet hat, bekommt das mit der Mütterrente III künftig vollständig anerkannt, und zwar unabhängig vom Geburtsjahr des Kindes.

Das Gesetz soll 2027 in Kraft treten. Da die technische Umsetzung erst ab 1.1.2028 möglich ist, soll die Mütterrente III für 2027 rückwirkend ausgezahlt werden.

Wie sind die Pläne zu bewerten?

Kindererziehungszeiten müssen sich auch bei Rente entsprechend auswirken, das ist gut so. Die Mütterrente III ist deshalb geeignet mehr Gerechtigkeit herzustellen. Bisher galt: Wer Kinder ab 1992 großzog, erhielt bis zu drei Rentenpunkte, was aktuell rund 122,37 Euro monatlich entspricht. Mütter (und auch manche Väter), deren Kinder vor 1992 geboren wurden, bekamen dagegen nur 2,5 Rentenpunkte – also rund 102 Euro. Rund 10 Mio. Rentnerinnen sollen durch die Mütterrente III für jedes Kind, das vor 1992 zur Welt kam, künftig einen halben Rentenpunkt zusätzlich erhalten. Bei der aktuellen Rentenwert-Prognose für Juli 2025 (40,79 Euro) bedeutet das etwa 20,40 Euro mehr Rente pro Kind und Monat – lebenslang. Das ist die positive Seite der Mütterente III.

Allerdings hat das Reformvorhaben auch eine Schattenseite: Die Mehrkosten der geplanten Mütterrente III leistet die deutsche Rentenversicherung (DRV) nicht aus eigenen Reserven, sie sollen vielmehr aus Steuermitteln finanziert werden. Für die Kindererziehungszeiten leistet der Bund jährlich rund 5 Mrd. Euro – und zwar dauerhaft. Das ist kostspielig; der jährliche Mehraufwand entspricht einem Sechstel des Finanzierungslochs, das die Haushaltsplanung des BMF für 2027 mit 30 Mrd. ausweist.

Bei passender Gelegenheit verweisen Bundeskanzler und Finanzminister immer wieder gerne darauf, dass sämtliche Ankündigungen im Koalitionsvertrag „unter Finanzierungsvorbehalt“ stehen. Für das politische Prestigevorhaben „Mütterrente III“ gilt dieser Vorbehalt offenbar nicht, sie soll umgesetzt werden, komme was da wolle. Kritisch anzumerken bleibt aber, dass mit dieser Mrd.-Ausgabe nicht neues Wachstum angeschoben werden soll, sondern dass eine Konsumausgabe vorliegt. Und bei solchen muss in schwierigen wirtschaftlichen Zeiten weiterhin die Frage erlaubt sein, ob diese Maßnahme zum jetzigen Zeitpunkt wirklich vordinglich umgesetzt werden muss – ich meine: Nein!

Weitere Informationen

Ein Beitrag von:

  • Prof. Dr. jur. Ralf Jahn

    • Studium der Rechtswissenschaften in Würzburg
    • ehem. Hauptgeschäftsführer der IHK Würzburg-Schweinfurt
    • ehem. Honorarprofessor an der Universität Würzburg

    Warum blogge ich hier?
    Mein erster Blog bietet die Möglichkeit, das Thema der Pflicht der „Pflichtmitgliedschaft in Kammern“ „anzustoßen“ und in die Diskussion zu bringen. Bei genauem Hinsehen sichert der „Kammerzwang“ nämlich Freiheitsrechte durch die Möglichkeit zur eigenverantwortlichen Partizipation.

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