Aufwendungen für den behindertengerechten Umbau des Eigenheims sind grundsätzlich als außergewöhnliche Belastungen gemäß § 33 EStG abziehbar. Mitunter erklärt sich auch ein Vermieter bereit, eine Wohnung für einen seiner Mieter behindertengerecht zu gestalten. Das wird insbesondere bei einem Näheverhältnis zwischen Vermieter und Mieter der Fall sein. Bei dem Umbau können durchaus hohe Kosten entstehen, die der Vermieter dann ratierlich über die Miete auf seinen Mieter umlegt.
Das FG München hatte bereits entschieden, dass in diesem Fall der Mieter die Erhöhung der jährlichen Miete als außergewöhnliche Belastung abziehen darf (FG München, Urteil vom 27.10.2022, 10 K 3292/18). Der BFH hat dieses Ergebnis im Grundsatz bestätigt und den abziehbaren Betrag im Urteilsfall sogar noch etwas erhöht (BFH-Urteil vom 17.6.2025, VI R 15/23).
Der Sachverhalt:
Der Sohn der Kläger leidet seit seiner Geburt im Jahre 2003 an einer spinalen Muskelatrophie und ist auf einen Rollstuhl angewiesen. Die Eltern wohnen bereits seit 1998 in einem angemieteten Wohnhaus. Dieses gehört einer GmbH, deren Mehrheitsgesellschafter der Vater ist. Im Jahr 2009 ließ die GmbH auf eigene Kosten einen behinderungsgerechten Umbau des Wohnhauses vornehmen. Die Baukosten betrugen insgesamt 297.511,17 Euro. Die Kläger und die GmbH änderten den Mietvertrag aufgrund des behindertengerechten Umbaus ab Oktober 2009 dahingehend ab, dass die monatliche Miete inklusive Nebenkosten auf 2.250 Euro erhöht wurde. Das entsprach einer monatlichen Mehrmiete von 1.208,16 Euro. In ihren darauf folgenden Einkommensteuererklärungen machten die Kläger daher außergewöhnliche Belastungen in Form dieser Mehrmiete in Höhe von jährlich jeweils 14.498 Euro (= 1.208,16 Euro × 12) geltend.
Das Finanzamt und auch das FG sahen in der behinderungsbedingten Mehrmiete unstreitig eine außergewöhnliche Belastung. Sie zogen aber nur 7.128 Euro pro Jahr ab. Es sei nämlich zunächst darauf abzustellen, in welcher Höhe die Baukosten zwingend notwendig gewesen wären. Diese wurden per Gutachten lediglich mit 148.500 Euro ermittelt. Nach Auffassung der Sachverständigen habe es für bestimmte Maßnahmen eine kostengünstigere Alternative zum Umbau, den der Vermieter vorgenommen hat, gegeben. Abzugsfähig sei dann (nur) eine übliche jährliche Verzinsung dieses Betrages. Bei einer Verzinsung der angemessenen Baukosten von 148.500 Euro mit 4,8 Prozent ergäben sich im Streitfall jährliche außergewöhnliche Belastungen in Form einer behinderungsbedingten jährlichen Mehrmiete in Höhe von 7.128 Euro. Der BFH hat den abziehbaren Betrag auf 7.392 Euro erhöht.
Die Begründung:
Die angemessenen Baukosten sind durch das Finanzgericht mit 148.500 Euro angenommen werden. Allerdings ist dieser Betrag auf 154.000 Euro zu erhöhen. Die Gutachterin habe nämlich eine gewisse Bandbreite bei ihrer Kostenschätzung festgelegt. Wenn es eine solche Bandbreite gibt, sei es gerechtfertigt, den oberen Rand dieser Bandbreite anzusetzen. Bei einer Verzinsung der angemessenen Baukosten von 154.000 Euro mit 4,8 Prozent ergeben sich im Streitfall jährliche außergewöhnliche Belastungen in Form einer behinderungsbedingten jährlichen Mehrmiete in Höhe von 7.392 Euro.
Denkanstoß:
Kosten eines behindertengerechten Umbaus sind abziehbar, soweit sie notwendig sind. Was wirklich notwendig – und im Zweifelsfall auch medizinisch indiziert ist – muss gegebenenfalls ein Gutachter bestimmen. Aufwendungen, die getätigt werden, um ein Gebäude dem persönlichen Geschmack anzupassen, gelten nicht als zwangsläufig und führen folglich nicht zu außergewöhnlichen Belastungen. Die Angrenzung zwischen zwangsläufig einerseits und nicht notwendig andererseits wird von den Finanzämtern, aber selbst vom BFH eher restriktiv vorgenommen. Jedoch: Wenn es schon eine gewisse Bandbreite gibt, darf diese zugunsten des Steuerpflichtigen ausgeschöpft werden – immerhin.
Da der Vater Mehrheitsgesellschafter der GmbH ist, ging es in der Revision übrigens auch um die Frage einer verdeckten Gewinnausschüttung. Hier gilt: Wenn die Kosten des behinderungsgerechten Umbaus über die Mieterhöhung nicht weiterberechnet werden, der Gesellschafter also Miete spart, führt diese Ersparnis beim Gesellschafter zu einer verdeckten Gewinnausschüttung. Die ersparten Mietaufwendungen, die beim Gesellschafter zu einer verdeckten Gewinnausschüttung führen, können andererseits insoweit aber als außergewöhnliche Belastungen abgezogen werden, als sie behinderungsbedingten Mehraufwand darstellen.