Das Steuerrecht prägt so einige eigenständig auszulegende Begriffe. Dabei werden viele Begriffe von der Rechtsprechung – in Fallgruppen – eng abgegrenzt. Anders ist dies für den Begriff des Streuwerbeartikels, der trotz längerer Historie rahmenlos bleibt.
Für Geschenke i. S. d. § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 EStG sind neben der Freigrenze strenge Aufzeichnungspflichten zu beachten. Die Aufwendungen sind getrennt und einzeln von den übrigen Betriebsausgaben aufzuzeichnen. Der Name des Empfängers des Geschenks muss aus der Buchung oder dem Buchungsbeleg ersichtlich sein.
Streuwerbeartikel sind geringwertige Werbemittel, die durch ihre Streuung eine Vielzahl häufig nicht individualisierbarer Empfänger erreichen und damit den Bekanntheitsgrad des Unternehmens steigern.
Für derartige Geschenke kann die Aufzeichnungspflicht aus § 4 Abs. 7 EStG praktisch nicht erfüllt werden. Daher besteht für Streuwerbeartikel eine Ausnahmeregelung in den ESt-Richtlinien, wonach Aufwendungen für Geschenke gleicher Art in einer Sammelbuchung zusammengefasst werden können, wenn im Hinblick auf die Art des zugewendeten Gegenstands, z. B. Taschenkalender, Kugelschreiber und wegen des geringen Wertes des einzelnen Geschenks die Vermutung besteht, dass die Freigrenze bei dem einzelnen Empfänger nicht überschritten wird. Eine Angabe der Empfänger ist nicht erforderlich.
Dies führt zur folgenschweren Frage, wo der (wertmäßige) Begriff des Streuwerbeartikels endet.
In der Rechtsprechung zeichnet sich kein klares Bild.
Streuwerbeartikel werden zum Beispiel bei der Werbung mit Waschmittelproben an der Wohnungstür bzw. der Verteilung von Werbe-T-Shirts auf Sportveranstaltungen, bei Ausstellungen oder auf Verkaufsmessen bejaht. Das FG Düsseldorf hat in einer Entscheidung vom 29.09.1988 (Az. 1 K 229/83 F) Zündholzbriefchen und Klebezettel als Streuwerbeartikel benannt.
Beispiele, die nicht mehr ganz zeitgemäß erscheinen…
Wie fügen sich eigentlich die Instrumente des Online-Marketing – elektronische Präsente an potenzielle Nutzer – in den Streuwerbeartikel-Begriff ein? Nach meinem ersten Eindruck derzeit gar nicht.
Das FG Baden-Württemberg hat in einem Urteil vom 12.04.2016 (Az. 6 K 2005/11) Wandkalender im Wert von 11 EUR in die Nähe der Streuwerbeartikel gerückt. Letztlich musste das FG zum Begriff des Streuwerbeartikels jedoch keine Entscheidung treffen, da die Kalender sämtlich an individualisierbare Empfänger, und nicht an Streuempfänger verteilt worden waren. Die Individualisierbarkeit der Empfänger bildet das wesentliche Abgrenzungsmerkmal für Streuwerbeartikel.
Wertmäßig bleibt die Abgrenzung offen – Wandkalender im Gegenwert von 11 EUR sind dabei meines Erachtens jedoch schon grenzwertig.
Vielleicht ergreift der BFH im hierzu anhängigen Revisionsverfahren unter Az. I R 38/16 ja die Gelegenheit uns endlich zum Begriff eines Streuwerbeartikel zu erhellen…
Weitere Informationen:
- FG Baden-Württemberg v. 12.04.2016 – 6 K 2005/11
- Verfahrensverlauf | BFH – I R 38/16 – anhängig seit 18.11.2016 (per 29.10.2017)