Alle Jahre wieder – Prüfungsschwerpunkte der ESMA für 2023

Wie jedes Jahr im November veröffentlicht die europäische Wertpapieraufsichtsbehörde ESMA die Prüfungsschwerpunkte für das kommende Jahr. Diese werden seit dem letzten Jahr von der Bafin um eigene Prüfungsschwerpunkte ergänzt, da die Bilanzkontrolle seit dem 1.1.2022 als Folge des Wirecard-Skandals im einstufigen System nun alleine durch die Bafin erfolgt.

Wenig überraschend sind die Themen, die für die Prüfungen im nächsten Jahr im Fokus stehen sollen:

  • Berücksichtigung der Auswirkungen des russischen Einmarsches in die Ukraine sowie allgemein des derzeit herausfordernden makroökonomischen Umfelds.
  • Berücksichtigung und Abbildung klimabezogener Sachverhalte in der Finanzberichterstattung.
  • Implementierung des IFRS 17 „Versicherungsverträge“.

Das Thema Klima ist nun endlich auch hier angekommen – es wird auch dringend Zeit. Betrachten wir die Themen im Einzelnen etwas genauer.

Auswirkungen des Ukraine-Krieges und herausforderndes makroökonomisches Umfeld

Die Darstellung der Auswirkungen durch den Ukraine-Krieg auf die Vermögens-, Finanz- und Ertragslage möchte die ESMA im nächsten Jahr besonders prüfen. Neben einem möglichen Wertminderungsbedarf ist hier vor allem auch das Thema Aufgabe von Geschäftsbereichen relevant. Durch den Einmarsch Russlands in die Ukraine haben viele Unternehmen ihre Geschäftstätigkeit in Russland beendet bzw. die Beendigung geplant. Durch die Aufgabe eines Geschäftsbereiches oder den separaten Ausweis von Vermögenswerten, die zur Veräußerung gehalten werden, erhält der Abschlussleser Hintergrundinformationen darüber.

Das makroökonomische Umfeld war in diesem Jahr sehr herausfordernd, wie die folgenden Stichworte zeigen: weitere Effekte der Pandemie, hohe Inflationsrate, Zinsanstieg, Verschlechterung der wirtschaftlichen Aussichten, geopolitische Risiken. Dadurch ergeben sich für Unternehmen große Unsicherheiten, es besteht die Gefahr von Wertminderungen von Vermögenswerten und das Risiko drohender Verluste schwebender Geschäfte. Letzteres kann beispielsweise in der Baubranche zur Notwendigkeit einer Rückstellungsbildung führen, ein großes Problem in der Praxis derzeit durch die dynamischen Preisentwicklungen bei einer langen Projektdauer.

Abbildung klimabezogener Sachverhalte

Auch wenn derzeit die Themen Pandemie und Krieg dominieren: Langfristig können klimatische Veränderungen das Geschäftsmodell und damit die Existenz von Unternehmen in Frage stellen. Daher ist es erfreulich, dass dieses Thema nun auf die Agenda der Prüfungsschwerpunkte kommt. Ich hatte vor einigen Jahren eine Studie zur Berichterstattung über Klimarisiken in den Abschlüssen der DAX30 gemacht, aus der sich gezeigt hat: Hinsichtlich der Transparenz und konkreter Aussagen gibt es noch viel Luft nach oben.

Unternehmen sollen bei der Darstellung des Geschäftsverlaufes sowie der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage des Unternehmens sowie der Beschreibung wesentlicher Risiken ein besonderes Augenmerk auf die klimabezogenen Aspekte und ihren Auswirkungen legen. Zur Vermeidung von Greenwashing soll die klimabezogene Berichterstattung zwischen dem finanziellen und nicht-finanziellen Bericht konsistent sein. Die im Chancen- und Risikobericht abgebildeten Angaben sollen somit zu denen im finanziellen Bericht ein einheitliches Bild aufzeigen.

Unternehmen sollen wenig aussagekräftige und unspezifische Standardformulierungen vermeiden, wenn klimabezogenen Sachverhalte für das Unternehmen von wesentlicher Bedeutung sind. Bei einem Verzicht auf die Angabe mangels Wesentlichkeit müssen die Gründe dafür ebenfalls dargelegt werden.

Ebenso möchte die ESMA prüfen, ob sich durch klimabezogene Sachverhalte möglicherweise Anzeichen für eine Wertminderung und damit die Durchführung eines Werthaltigkeitstestes ergeben. Auch wenn der Goodwill kein separater Prüfungsschwerpunkt ist, kann dieser durch diesen Fokus jedoch bei den Prüfungen 2023 auch eine Rolle spielen. Denn schließlich ist denkbar, dass das Geschäftsmodell einer Unternehmensakquisition durch die klimatischen Veränderungen bedroht ist. Dass in der Vergangenheit dann für das Unternehmen ein zu hoher Kaufpreis bezahlt wurde, ist nicht ausgeschlossen. Zudem wurde die Beibehaltung der derzeitigen Regelung des Goodwills im November vom IASB nach langen Diskussionen nun beschlossen.

Implementierung des neuen Standards zu Versicherungsverträgen

Im Mai hatte die ESMA zum neuen Standard IFRS 17 „Versicherungsverträge“ bereits eine Stellungnahme abgegeben: Darin legt sie die Erwartungen und Empfehlungen zu den Angaben offen, die die betroffenen Unternehmen in den Jahresabschluss aufnehmen müssen. Vor allem Versicherungsunternehmen sind davon betroffen.

Das die ESMA hier ein besonderes Augenmerk drauflegen möchte, ist wenig überraschend. Denn dieser Standard wurde umfangreich überarbeitet, durch die Prüfung können vorhandene Fehler schneller aufgedeckt und künftig vermieden werden.

Fazit

Das nächste Jahr wird zeigen, welche Fehler die Bafin in den Berichten der Unternehmen findet. Zoff mit Unternehmen wird sicherlich nicht ausbleiben, wenn sie größere Fehler feststellen wird. Ergänzt werden die Prüfungsschwerpunkte der ESMA noch um eigene Schwerpunkte der Bafin.

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