Anzeigepflicht für nationale Steuergestaltungen wird auf den Weg gebracht

Nun ist es klar: Die Finanzministerinnen und Finanzminister der Länder haben am 21.6.2018 einen Gesetzesentwurf über eine Pflicht zur Anzeige nationaler Steuergestaltungen vorgelegt. Über den geplanten § 138d AO hatte ich schon berichtet. Ich möchte Ihnen aber einige Passagen der Medieninformation des Finanzministeriums Schleswig-Holstein vom 22.6.2018 nicht vorenthalten, damit Sie wissen, welchen „Geist das Gesetz atmet.“ Hier einige Auszüge:

„Der Staat muss handlungsfähig und auf Augenhöhe mit der Finanzberaterindustrie sein.“

„Die Anzeigepflicht soll u. a. für die Ertragsteuern, die Erbschaft- und Schenkungsteuer sowie für die Grunderwerbsteuer gelten.“

„Die Anzeige muss eine abstrakte Beschreibung der Gestaltung und der steuerlichen Auswirkungen enthalten … Sie soll innerhalb von 30 Arbeitstagen nach Eintritt des anzeigepflichtigen Ereignisses elektronisch an das Bundeszentralamt für Steuern übermittelt werden. Im Anschluss wird entschieden, ob Gesetze im Hinblick auf möglicherweise bestehende bzw. unbeabsichtigte Lücken angepasst werden müssen.“

„Für die Intermediäre ist das Verfahren einfach und unbürokratisch abzuwickeln“.

„Wer die Pflicht zur Anzeige von Steuergestaltungen verletzt, kann zur Zahlung einer Geldbuße von bis zu 100.000 Euro verpflichtet werden.“

Im Klartext:

  • Wir, liebe Kolleginnen und Kollegen, sind Bestandteil der Finanzberaterindustrie. Ich selbst habe mich jedenfalls bislang als Freiberufler und nicht als Mitglied der Industrie gesehen.
  • Das Verfahren soll einfach sein, aber sicherheitshalber werden Verstöße dennoch mit einer Geldbuße geahndet. Übrigens: „Einfach“ in diesem Sinne bedeutet, dass wir Gestaltungen nach einem – durch die Finanzverwaltung vorgegeben – Datensatz melden müssen. Formlose Meldungen werden nicht ausreichen. Das heißt: Bei unseren Gestaltungen gibt uns die Finanzverwaltung künftig sogar die Taxonomie vor.

Die Anzeigepflicht soll dann nicht gelten, wenn sie nicht auf Großbetriebe oder Konzerne zugeschnitten ist. Das steht aber nur in der Presseinformation und so nicht im Gesetzentwurf. Und: Die Erbschaftsteuer wird ausdrücklich in die Anzeigepflicht einbezogen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen: Wenn dieses Gesetz tatsächlich verabschiedet wird, werden wir unseren Berufsstand nicht mehr wiedererkennen. In jeder Betriebsprüfung, insbesondere in Fällen der Groß-BP, werden wir uns mit dem Vorwurf konfrontiert sehen, wir hätten eine Gestaltung nicht angezeigt. Beispiele: Zu hohe Rückstellungen, zu niedrige Bewertungen, Übertragungen von Miteigentumsanteilen auf Kinder, güterstandsrechtliche Vereinbarungen unter Ehegatten, jegliche Gestaltungen unter Ausnutzung von § 6 Abs. 3 und 5 EStG, erhöhte Abschreibungen, Gründung von Organschaftsverhältnissen, Verschmelzungen zur Nutzung von Verlustvorträgen und, und, und.

Ich denke, die Tragweite ist den meisten von Ihnen (noch) nicht bewusst.

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