Auslandstätigkeitserlass: Ab 2023 ist eine Mindestbesteuerung nachzuweisen

Sage und schreibe 39 Jahre hatte der alte Auslandstätigkeitserlass (BMF 31.10.1983, BStBl 1983 I S. 470) Gültigkeit und war damit ein Methusalem unter den Verwaltungsanweisungen. „Leider“ hat das BMF ihm den 40. Geburtstag nicht mehr gegönnt und kürzlich einen neuen Auslandstätigkeitserlass veröffentlicht (BMF 10.6.2022, BStBl 2022 I S. 997). Glücklicherweise hat das BMF aber darauf verzichtet, ihm eine vollkommen neue Struktur zu geben oder ihn inhaltlich zu überlasten. Nur hier und dort sind einige Korrekturen vorgenommen worden.

Eine Neuregelung möchte ich herausgreifen: Künftig müssen Arbeitnehmer nachweisen, dass ihr Arbeitslohn im Ausland einer Mindestbesteuerung unterlegen hat. Können sie den Nachweis nicht erbringen oder liegt keine Mindestbesteuerung vor, so greifen der Auslandstätigkeitserlass und damit die Steuerfreistellung in Deutschland nicht.

Im aktuellen BMF-Schreiben heißt es dazu: „Die Regelungen des Auslandstätigkeitserlasses gelten nicht, soweit der Steuerpflichtige nicht nachweist, dass die Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit (Arbeitslohn abzüglich der damit in unmittelbarem wirtschaftlichen Zusammenhang stehenden Werbungskosten) in dem Staat, in dem die Tätigkeit ausgeübt wird, einer der deutschen Einkommensteuer entsprechenden Steuer in einer durchschnittlichen Höhe von mindestens 10 % unterliegen, und dass die auf die Einkünfte festgesetzte Steuer entrichtet wurde; zur Ermittlung der durchschnittlichen Steuerbelastung sind die Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit im Tätigkeitsstaat nach deutschem Steuerrecht zu ermitteln.“

Folgendes Beispiel wird diesbezüglich veröffentlicht:

Der Angestellte eines international tätigen Unternehmens im Bereich des Anlagenbaus erhält für seinen zehnmonatigen Einsatz zur Inbetriebnahme einer Fabrik im Staat S (kein DBA mit Deutschland) ein Gehalt in Höhe von 110.000 Euro. Die nach dem deutschen Einkommensteuergesetz ermittelten Werbungskosten, die mit dieser begünstigten Tätigkeit in Zusammenhang stehen, betragen 10.000 Euro. Seinen Wohnsitz in Deutschland behält er bei. Auf das Gehalt zahlt er in S ausweislich des von ihm vorgelegten Steuerbescheides eine der deutschen Einkommensteuer entsprechende Steuer in Höhe von umgerechnet 9.000 Euro. Bezogen auf die Einkünfte von 100.000 Euro ergibt sich ein durchschnittlicher Steuersatz von 9 %. Da der Steuersatz unter 10 % liegt, findet die Steuerbefreiung in Deutschland keine Anwendung. Die im Ausland gezahlte Steuer kann aber unter den Voraussetzungen des § 34c EStG auf die deutsche Einkommensteuer angerechnet oder bei der Ermittlung der Einkünfte abgezogen werden.

Im Lohnsteuerabzugsverfahren ist das aktuelle BMF-Schreiben erstmals auf den laufenden Arbeitslohn anzuwenden, der für einen nach dem 31. Dezember 2022 endenden Lohnzahlungszeitraum gezahlt wird, und auf sonstige Bezüge, die nach dem 31. Dezember 2022 zufließen.

Noch ein kleiner Denkanstoß:

Nach § 34c Abs. 5 EStG kann die auf ausländische Einkünfte entfallende deutsche Einkommensteuer ganz oder zum Teil erlassen oder pauschaliert werden, wenn es aus volkswirtschaftlichen Gründen zweckmäßig ist. Ich weiß nicht, wie oft dies tatsächlich geschieht. Aber: Der Antrag auf Steuererlass nach § 34c Abs. 5 EStG i.V.m. den Regelungen des Auslandstätigkeitserlasses wird zeitlich durch die Festsetzungsverjährung und nicht bereits durch die Bestandskraft der Steuerfestsetzung begrenzt (BFH 17.6.2020, I R 7/18, BStBl 2021 II S. 211). Möglicherweise ist dieser Hinweis im Einzelfall hilfreich.


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