BAG: Kein Lohn für Minijobber bei behördlicher Corona-Schließung – Was hat das für Konsequenzen?

Muss ein Unternehmen wegen eines von den Behörden angeordneten Corona-Lockdowns schließen, haben Minijobber/innen für diesen Zeitraum keinen Lohnanspruch. Das hat das BAG (13.10.2021 – 5 AZR 211/21) entschieden. Welche praktischen Folgen hat das?

Sachverhalt und Entscheidung

Die als sog. Minijobberin beschäftigte Klägerin hatte die Auszahlung ihres Lohns in Höhe von 432 Euro gefordert, obwohl das Geschäft coronabedingt aufgrund behördlicher Verordnung im April 2020 geschlossen war. In den ersten beiden Instanzen hatte die Klägerin noch Recht bekommen. Jetzt hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) die Klage abgewiesen. Begründung: Geschäftsschließungen per Corona-Verordnung zur Eindämmung der Pandemie gehören nach Ansicht des BAG nicht zum allgemeinen Betriebsrisiko für Unternehmer. Damit tragen sie auch nicht das Risiko für den Arbeitsausfall von Minijobbern tragen und sind nicht verpflichtet, ihnen in dieser Zeit eine Vergütung zu zahlen.

Worin liegt die besondere Bedeutung der Entscheidung?

Das BAG-Urteil betrifft den Lohnanspruch einer geringfügig beschäftigten Arbeitnehmerin (Minijob bis 450 Euro), deren Arbeitslohn bis zu einem Einkommen von 5.400 Euro/Jahr sozialversicherungsfrei ist; nur in der Rentenversicherung besteht seit dem 01.01.2013 eine Versicherungspflicht, von der der geringfügig Beschäftigte sich allerdings befreien lassen kann. Das bedeutet, dass für den Minijobber auch keine Beiträge zur Arbeitslosenversicherung abgeführt werden.

Jetzt hat das BAG das sog. Unternehmerrisiko begrenzt: Die Unmöglichkeit der Arbeitsleistung ist Folge eines hoheitlichen Eingriffs zur Bekämpfung einer die Gesellschaft insgesamt treffenden Gefahrenlage und nicht etwa ein Umstand, der in die Risikosphäre des Arbeitgebers fällt. Nach Einschätzung des BAG ist es Sache des Staates, für einen Ausgleich der finanziellen Nachteile durch den hoheitlichen Eingriff zur Bekämpfung der Pandemie zu sorgen. Das sei zum Teil mit dem erleichterten Zugang zum Kurzarbeitergeld erfolgt. Da aber geringfügig Beschäftigte keinen Zugang zu Kurzarbeitergeld haben, sieht das Bundesarbeitsgericht „Lücken in dem sozialversicherungspflichtigen Regelungssystem“.

Welche Konsequenzen ergeben sich jetzt?

In Deutschland arbeiten rund 6 Mio. Menschen auf 450-Euro-Basis, sind also potentiell von der Entscheidung betroffen. Das belegt den politischen Sprengstoff des Urteils, auch wenn es im Streitfall nur um 432 Euro ging. Die Gewerkschaften geißeln seit Jahren sozialversicherungsfreie Minijobs als prekäre Beschäftigungsverhältnisse und fordern, auch Geringverdienern endlich mehr sozialen Schutz angedeihen zu lassen – durch Gesetz.

Das sehen Arbeitgeber, die zur Abdeckung von Arbeitsspitzen auf Minijobber angewiesen sind, ebenso anders wie viel Minijobber selbst: sei es die Studentin, die nebenher kellnert oder der Rentner, der mit einem Minijob seine Rente aufbessern will – mit einem sozialversicherungsfreien Nettobetrag, versteht sich.

Vor diesem Hintergrund darf man gespannt sein, welche Maßnahmen der Gesetzgeber nun ergreifen wird, erst recht, wenn eine sozialdemokratisch geführte Bundesregierung das Heft des Handelns in die Hand nimmt.

Quellen
Pressemitteilung Bundesarbeitsgericht: Betriebsrisiko und Lockdown  

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