Basta, Ende, aus! Aufwendungen für Erststudium keine Werbungskosten

Es bleibt dabei: Aufwendungen für ein Erststudium sind seit VZ 2004 auch dann keine Werbungskosten, wenn wenn das Studium objektiv und subjektiv der Förderung einer konkreten späteren Erwerbstätigkeit dient (BFH v. 16.6.2020 – VIII R 4/20; VIII R 49/11).

Hintergrund

Ein Studium geht ins Geld: Studiengebühren, Mietkosten oder Verpflegungsmehraufwand. Da stellt sich die Frage, ob und in welchem Umfang solche Aufwendungen steuerlich bei der Einkommensteuer geleitend gemacht werden können. Im Streitfall der Besprechungsentscheidung wollte die selbständige Klägerin die Aufwendungen für ihr Erststudium der Slawistik und Kunstpädagogik als vorweggenommene Betriebsausgaben i.H.v. rund 10.700 € geltend machen. Das beklagte FA berücksichtigte lediglich 4.000 € als unbeschränkte Sonderausgaben. Die hiergegen gerichtete Klage hatte zwar in erster Instanz Erfolg, der BFH hat jedoch den vollständigen Werbungskostenabzug für das Erststudium jetzt abgelehnt: Das Erststudium, das eine Erstausbildung vermittelt (§ 4 Abs. 9 EStG i.d.F. des BeitrRLUmsG), führt für die Aufwendungen im Jahr 2004 gem. § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG nur zum Sonderausgabenabzug bis zum Höchstbetrag von 4.000 €.

BVerfG und BFH: Erststudium führt nicht zu Werbungskosten

4 Abs. 9 EStG i.d.F. des BeitrRLUmsG erkennt seit VZ 2004 Aufwendungen für eine Berufsausbildung oder ein Studium als Betriebsausgaben nur an, wenn der Steuerpflichtige zuvor eine Erstausbildung abgeschlossen hat. Da auf § 9 Abs. 6 S. 2 bis 5 EStG verwiesen wird, gilt dies in gleicher Weise für den Werbungskostenabzug.

Die Regelung des § 4 Abs. 9 EStG ist nach Ansicht des BVerfG (v. 19.11.2019 – 2 BVL 22/14) sowohl hinsichtlich der Grundentscheidung des Gesetzgebers, betrieblich veranlasste Aufwendungen für ein Erststudium, das eine Erstausbildung vermittelt, als auch hinsichtlich der Abgrenzung solcher Aufwendungen zu den rein beruflich veranlassten Aufwendungen für eine Zweitausbildung mit dem allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG und dem Grundrecht der Berufsfreiheit gem. Art. 12 GG vereinbar.

Gefestigte BFH-Rechtsprechung

Der BFH hatte schon 2014 mit mehreren Beschlüssen dem BVerfG die Frage vorgelegt, ob § 9 Abs. 6 EStG insoweit mit dem Grundgesetz vereinbar ist, als danach Aufwendungen des Steuerpflichtigen für eine Erstausbildung außerhalb eines Dienstverhältnisses steuerlich nicht zu berücksichtigen sind (v.17.7.2014 – VI R 2/12; VI R 8/12 ; VI R 61/11, VI R 38/12, VI R 2/13 und VI R 72/13). Das Abzugsverbot verstoße gegen das aus Art. 3 Abs. 1 GG abgeleitete verfassungsrechtliche Gebot der Besteuerung nach der finanziellen Leistungsfähigkeit und sei auch nicht mit Vereinfachung und Typisierung zu rechtfertigen.

Das BVerfG hat widersprochen: Die generelle Ausnahme von Erstausbildungskosten vom Werbungskostenabzug gemäß § 9 Abs. 6 EStG halte dem Willkürverbot (Art. 3 Abs. 1 GG) stand (BVerfG v. 19.11.2019 – 2 BvL 22-27/14). Jetzt hat sich der BFH dieser verbindlichen Sichtweise auch für den Betriebsausgabenabzug angeschlossen: Der BFH ist  angesichts der Ausführungen in den Entscheidungsgründen des BVerfG-Beschlusses v. 19.11.2019 – 2 BvL 22-27/14 (Rz 94 ff.) weiterhin von der Verfassungsmäßigkeit des gleichlautenden § 4 Abs. 9 EStG i.d.F. des BeitrRLUmsG überzeugt (BFH  v. 5.11.2013 – VIII R 22/12).

Diese Sichtweise hat der BFH bereits Anfang 2020 bekräftigt: Aufwendungen sind nicht als Werbungskosten abziehbar, wenn das Studium nicht im Rahmen eines Dienstverhältnisses stattfindet (BFH v. 12.2.2020 – VI R 17/20; VI R 64/12). Damit liegt inzwischen eine gefestigte BFH-Rechtsprechung vor: Ab VZ 2004 sind Aufwendungen für ein Studium als Erstausbildung nicht mehr als Werbungskosten abzugsfähig: Basta.

Auswirkungen für die Praxis

Es bleibt dabei: Aufwendungen für ein Erststudium ohne vorangegangene Erstausbildung führen nur zum beschränkt abzugsfähigen Sonderausgabenabzug, aber nicht zu unbeschränkt abzugsfähigen Werbungskosten. Allerdings gilt auch weiterhin: Aufwendungen für ein Zweitstudium bleiben als Werbungskosten abzugsfähig, können ggf auch als Verlustvortrag bei steuerpflichtigen künftigen Einkünften nach Abschluss des Studiums verrechnet werden. Dies gilt auch bei Aufwendungen, die bei einem Auslandsstudium anfallen.

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