Betriebsunterbrechung & „ewiges“ Betriebsvermögen

Betriebsunterbrechung ungleich Betriebsbeendigung

Das zeitweilige Einstellen der aktiven betrieblichen Tätigkeit führt zunächst nicht zu einkommensteuerlichen Konsequenzen. Ob saisonale Ruhe oder längere „Schaffenspause“ – auch während der Betriebsunterbrechung im Ganzen gilt die Tätigkeit als fortgeführt. Das Betriebsvermögen bleibt auch während der Unterbrechung existent und Wertsteigerungen in den betrieblichen Wirtschaftsgütern müssen daher nicht im Wege der Entnahme besteuert werden. Diese Fortführungsfiktion ist seit einigen Jahren auch gesetzlich in § 16 Abs. 3b EStG verankert. Danach ist eine Betriebsaufgabe nur zu besteuern, wenn der Steuerpflichtige selbst das Einstellen des Betriebs anzeigt oder dem Finanzamt Tatsachen bekannt werden, welche die Wiederaufnahme ausschließen.

Höchstdauer der Betriebsunterbrechung?

Gesetzlich ist dabei keine zeitliche Grenze des Ruhens des Gewerbebetriebs gezogen. Ein Wahlrecht zur Fortführung ewigen Betriebsvermögens möchte die ständige BFH-Rechtsprechung jedoch nicht zugestehen. Die Höchstdauer des Ruhens des Betriebs hänge von den Umständen des Einzelfalls ab.

Das Finanzgericht Hamburg nahm im Urteil vom 26.03.2019 (Az. 6 K 9/18) auch dann keine zwingende Betriebsaufgabe an, wenn der Betrieb von der dritten Generation identitätswahrend hätte fortgeführt werden können. Die Großelterngeneration hatte in den 1930er Jahren einen Brotgroßhandel betrieben, dass Unternehmen 1953 eingestellt und das Betriebsgrundstück fortan verpachtet. Das Grundstück blieb Betriebsvermögen eines ruhenden Betriebs – auch im Streitjahr 2013 noch, inzwischen im Eigentum der Enkel des früheren Betriebsinhabers.

Kann die Betriebsunterbrechung 60 Jahre und mehr betragen?

Möglichkeit der identitätswahrenden Wiederaufnahme zieht einzige Grenze

Das Finanzgericht bejaht die Betriebsunterbrechung im konkreten Streitfall. Mit seiner Begründung schafft das Finanzgericht ein Hilfskriterium für die Höchstdauer der Betriebsunterbrechung: Bei einer drei Generationen umfassenden Betriebsverpachtung sei der absolute zeitliche Rahmen der Betriebsunterbrechung noch nicht überschritten, denn es handele sich insoweit noch um einen überschaubaren Rahmen. Die Großeltern- und die Enkelgeneration kennen sich in der Regel noch. Die Zeitspanne sei insgesamt auch bei drei Generationen regelmäßig noch nicht länger als die durchschnittliche Lebenserwartung eines Menschenlebens. Folgt man dieser Begründung, so wäre auch die Betriebsunterbrechung von über 80 Jahren – oder mehr – in Schlagdistanz.

Voraussetzung ist jeweils aber die Möglichkeit der identitätswahrenden Wiederaufnahme. Entscheidend ist, ob auch nach einer langen Unterbrechung des Betriebs noch wesentliche Betriebsgrundlagen vorhanden sind, die eine Fortführung des bisherigen Betriebs ohne wesentliche Veränderungen ermöglichen. Die Hürde der möglichen Wiederaufnahme wird dabei branchenbezogen unterschiedlich hoch ausfallen. Im Streitfall – einem Großhandel – war dies auch nach 60 Jahren unproblematisch möglich, da das Grundstück im Streitjahr 2013 noch mit einem Lagergebäude bebaut war. Zwei Jahre später wurden Wohnungen auf dem Komplex errichtet. Spätestens dann endete auch diese – ewig anmutende – Betriebsunterbrechung.

Das Revisionsverfahren ist beim BFH noch unter Az. IV R 13/19 anhängig. Auch der BFH wird damit Gelegenheit erhalten, erneut über eine absolute zeitliche Höchstdauer des Ruhens einer betrieblichen Tätigkeit zu befinden.

Anders: Gewerbesteuerrecht

Auch die Gewerbesteuer kennt die Betriebsunterbrechung im Ganzen. Nach § 2 Abs. 4 GewStG bleiben aber nur vorübergehende Unterbrechungen, die durch die Art des Betriebs veranlasst sind, ohne Wirkung auf die Steuerpflicht. Insoweit gilt eine engere Sichtweise als im Einkommensteuerrecht. Nur saisonale Unterbrechungen werden berücksichtigt, im Übrigen gilt der Gewerbebetrieb gewerbesteuerlich als eingestellt. Fragen nach der Höchstdauer stellen sich demnach nicht. Bereits eine Betriebsunterbrechung über mehr als ein Jahr ist nicht mehr saisonal veranlasst. Das Ruhen der betrieblichen Tätigkeit aus persönlicher Entscheidung des Betriebsinhabers führt daher immer zum Ende der Gewerbesteuerpflicht.

Weitere Informationen:

  • Finanzgericht Hamburg, Urteil vom 26.03.2019, 6 K 9/18 (Revision IV R 13/19)
  • Heine, Betriebsunterbrechung bei Freiberuflern und im Dienstleistungsgewerbe, NWB 1/2018, S. 55 (für Abonnenten kostenfrei)

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