BilRUG: Feuerwerk zum Jahreswechsel jetzt im Anhang

Das BilRUG hat eine Vielzahl von meist kleineren Änderungen gebracht. Besonders betroffen ist auch der Anhang. In diesem Sinne könnte man zwar von einem Feuerwerk sprechen. Mit meinem letzten Blog in diesem Jahr knüpfe ist aber an die Verlagerung des sogenannten Nachtragsberichts vom Lagebericht in den Anhang an. Ein prominentes Lehrbuchbeispiel für den Nachtragsbericht ist der Schaden durch Feuerwerkskörper.Während nach dem Stichtag bekannt werdende werterhellende Informationen bereits im Jahresabschluss des abgelaufenen Geschäftsjahres zu berücksichtigen sind, dürfen gemäß des Stichtagsprinzips nach dem Abschlussstichtag eintretende wertbegründende Ereignisse nicht mehr in Bilanz sowie Gewinn- und Verlustrechnung für das alte Geschäftsjahr eingehen. Um die Adressaten dennoch nicht im Dunkeln tappen zu lassen, sind „Vorgänge von besonderer Bedeutung, die nach dem Schluss des Geschäftsjahrs eingetreten und weder in der Gewinn- und Verlustrechnung noch in der Bilanz berücksichtigt sind, unter Angabe ihrer Art und ihrer finanziellen Auswirkungen“ im Anhang anzugeben (§ 285 Nr. 33 HGB idF BilRUG).

Gemeint sind mithin wertbegründende Ereignisse, die eine Angabepflicht jedoch nur auslösen, wenn sie von besonderer Bedeutung sind. Der Zeitraum, währenddessen die Ereignisse eintreten, beginnt unstrittig mit dem Ende des alten Geschäftsjahres, bei kalendergleichem Geschäftsjahr also am 1.1., 0.00 Uhr. Uneinheitliche Auffassungen bestehen zum Ende des Berichtszeitraums. Die Vorschläge bewegen sich hier zwischen dem Ende des Aufstellungszeitraums des Lageberichts, über den Feststellungszeitpunkt, den Zeitpunkt der Erteilung des Bestätigungsvermerks bis zur Veröffentlichung. Da der letztgenannte Zeitpunkt eine Änderung des zutreffenden Lageberichts mit Nachtragsprüfung auslöst, kann man eine Pflicht kaum begründen.

Der Begriff „besondere Bedeutung“ ist dahingehend zu verstehen, dass ein Eintritt des Ereignisses vor dem Abschlussstichtag die Darstellung der Vermögens,- Finanz- oder Ertragslage deutlich beeinflusst hätte (DRS 20.115). Beispiele für solche Ereignisse können M&A-Transaktionen, etwa ein Unternehmenserwerb, schlagartige Veränderungen im Nachfrageverhalten wie Buchungseinbrüche oder –stornierungen im Tourismusgeschäft aufgrund von Kriegshandlungen oder Katastrophen, kriminelle Handlungen wie Unterschlagungen mit  der Folge einer Existenzgefährdung des Unternehmens, Änderungen der Rechtslage, Verlust von für die Fortführung der Geschäfte erforderlichen Genehmigungen, starke Veränderungen von Beschaffungs- oder Absatzpreisen oder ein ungewöhnlicher Großauftrag sein.

Abgesehen von Lehrbuchbeispielen bereitet die Abgrenzung wertaufhellender Informationen von wertbegründenden Ereignissen teils erhebliche Probleme. Um zum Titel dieses Blogs zurückzukommen, wäre etwa die Kenntnisnahme im neuen Geschäftsjahr über den Abbrand des unversicherten Produktionsgebäudes durch den Einschlag einer verfrühten Silvesterrakete eine werterhellende Information, die noch im Abschluss für das alte Geschäftsjahr zu berücksichtigen wäre. Schlägt die Rakete hingegen erst nach 24 Uhr ein, läge ein wertbegründendes Ereignis vor. In anderen Fällen kann man heftig um die Abgrenzung streiten. Wie ist etwa das Ergehen eines höchstrichterlichen Urteils im Rahmen eines vor dem Stichtag verursachten Rechtstreits zu beurteilen? Interpretiert man das Urteil als Klärung der vor dem Stichtag verursachten Rechtslage, wäre das Urteil als werterhellende Information zu charakterisieren. Sieht man jedoch im Urteil die Schaffung eines neuen Sachverhalts, läge ein wertbegründendes Ereignis vor. Grundsätzlich neige ich anders als für Gestaltungsklagen für Feststellungs- und Leistungsklagen der ersten Auffassung zu. Der Fall eines BFH-Urteils zur Klärung eines konkreten Streitfalls zur Körperschaftssteuer für ein vergangenes Wirtschaftsjahr wäre ebenfalls werterhellend. Die Steuer ist früher entstanden, nur die Höhe war noch unklar. Anderer Auffassung scheint der BFH für einen Schadenersatzprozess zu sein: „Nicht wertaufhellend, sondern wertbegründend und damit nicht zu berücksichtigen, sind solche Umstände, die am Bilanzstichtag objektiv noch nicht vorlagen. Hierzu gehören z.B. prozessbeendende Maßnahmen, die erst nach dem Bilanzstichtag erfolgen, wie etwa ein nach dem Bilanzstichtag ergangenes, das Verfahren beendendes Urteil …“ (BFH-Urteil v. 16.12.2014, VIII R 45/12, Tz. 25 m.w.N.). In Rechtsprechungsfällen könnte man noch weiter differenzieren, ob sie zur Rechtsfortbildung führen oder nur eine bekannte Rechtsprechung auf einen konkreten Fall anwenden. Da kann einem schon ohne Silvestersekt schwindelig werden.

Über die reine Verlagerung der Berichterstattung hinaus wird mit dem BilRUG explizit die Angabe der finanziellen Auswirkungen gefordert, was so zum Lagebricht bisher nicht explizit vom Gesetz geregelt wurde (§ 289 Abs. 2 Nr. 1 HGB aF). Das DRSC fordert jedoch zutreffend schon länger die Angabe der Auswirkungen auf die Vermögens-, Finanz- und Ertragslage (DRS 20.114). Mithin ist insoweit keine Erhöhung der Anforderungen eingetreten.

Streiten kann man jedoch um die Interpretation der Angabe zu den „finanziellen Auswirkungen“. Auf den ersten Blick wird man bei grammatikalischer Auslegung darunter die Angabe der betragsmäßigen Auswirkung auf die Vermögens-, Finanz- oder Ertragslage verstehen. Dafür spricht die Verwendung des Terminus „finanzielle Auswirkungen“ in § 285 Nr. 3 HGB, wo nach wohl h.M. entsprechend zu § 285 Nr. 3a HGB eine betragsmäßige Angabe erforderlich ist. Dennoch überwiegen in der Praxis wohl die Stimmen, die eine Pflicht zur betragsmäßigen Angabe im Nachtragsbericht nicht sehen. Stattdessen wird eine verbale Angabe, die eine Einschätzung der Größenordnung ermöglicht, für ausreichend erachtet. Zumindest in den Fällen, in denen eine (näherungsweise) Quantifizierung möglich ist, sollte eine Betragsangabe dennoch erfolgen.

Die Verlagerung des Nachtragsberichts in den Anhang ergibt sich aus der Bilanzrichtlinie (Art. 17 Abs. 1lit q). Da die Angabe zu Ereignissen von besonderer Bedeutung auch immer wesentlich für die Lagebeurteilung ist, empfiehlt sich bei Vorliegen solcher Ereignisse zumindest ein Hinweis im Lagebericht mit Verweis auf die Angaben im Anhang.

Allen Lesern wünsche ich einen unfallfreien Übergang in das neue Jahr, ohne darüber nachdenken zu müssen, ob das Feuerwerk werterhellend oder wertbegründend zugeschlagen hat, und freue mich wieder auf Ihren Besuch des Blogs in 2016.

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