Brexit – Einige Baustellen im Abschluss möglich

Sofern es nicht zur „Verlängerung“ kommt, steht in Kürze der Brexit an. Einmal angenommen es kommt tatsächlich dazu, können sich je nach Art des Ausscheidens Großbritanniens aus der EU unterschiedlich intensive Auswirkungen auf den Abschluss und Lagebericht ergeben. Sowohl der Abschlussprüfer wie auch die Deutsche Prüfstelle für Rechnungslegung werden ein Auge auf die angemessene Abbildung der Brexitfolgen schon im Abschluss und Lagebericht zum 31.12.2018, aber auch in späteren Abschlüssen und Lageberichten werfen.

Soweit das Geschäftsmodell eines deutschen Unternehmens auf der Beschaffungsmarkt-, Leistungserstellungs- bzw. Absatzmarktseite nennenswerte Berührungspunkte zu Großbritannien zeigt, stellt sich die Frage nach den Folgen für den handelsrechtlichen Abschluss. Wird ein erheblicher Teil des Absatzes nach Großbritannien exportiert, ist einem etwaigen Absatzrückgang Rechnung zu tragen. Können erwartete Absatzrückgänge nicht anderweitig kompensiert werden, kommen Restrukturierungsmaßnahmen in Betracht. Sind diese zum Abschlussstichtag hinreichend konkretisiert, ist dafür eine Rückstellung zu bilden.

Losgelöst von der Bildung einer Restrukturierungsrückstellung können außerplanmäßige Abschreibungen im Anlagevermögen bei dauerhafter Wertminderung erforderlich werden. Das kann etwa wegen erwarteter Stilllegung von Anlagen oder wegen deren Unrentabilität begründet sein. Auch die Werthaltigkeit von z.B. britischen Beteiligungen, die anhand des Discounted Cash Flow-Verfahrens oder der modifizierten Ertragswertmethode zu ermitteln ist, kann betroffen sein. Im Umlaufvermögen ist nach dem strengen Niederstwertprinzip jede Wertminderung unabhängig von der Dauerhaftigkeit zu erfassen.

Zeigen sich Verlusterwartungen bei Verträgen mit britischen Geschäftspartnern, kann sich die Notwendigkeit zur Bildung von Drohverlustrückstellungen ergeben. Werden etwa Kostensteigerungen bei der Vertragserfüllung eigener Absatzverträge erwartet, ohne dass eine Preisanpassung möglich ist, kann das zur Rückstellungspflicht führen. Nur, wie ermittelt man derzeit die konkrete Auswirkung des Brexits auf die Kosten? Es ist ja einigermaßen unklar, wie der Brexit konkret ablaufen wird. Selbst wenn klar wird, ob es einen Brexit mit oder ohne „Deal“ geben wird, werden sich quantitative Folgen möglicherweise erst im Zeitablauf konkretisieren lassen.

Die Auswirkungen auf das Geschäftsmodell führen ggf. auch zu Angaben und Erläuterungen im Anhang und Lagebericht. Im Lagebericht, der auch von IFRS-Bilanzieren zu erstellen ist, sind etwa, sofern einschlägig, Ausführungen zum Brexit im Wirtschafts-, im Prognose- und im Risikobericht, aber auch schon in der grundlegenden Darstellung zum Geschäftsmodell und den Rahmenbedingungen zu erwarten. Gerade wenn sich der Brexit längerfristig hinziehen sollte, besteht erhebliche Unsicherheit über die künftigen Auswirkungen. Ein Unterlassen von Angaben mit Verweis auf die Unsicherheit ist aber nicht statthaft.

Die zu erläuternden Risiken hängen dabei maßgeblich von der Art der Geschäftsbeziehung nach Großbritannien ab. So können sich für einen integriert auch in Großbritannien produzierenden Autohersteller erhebliche Risiken im operativen Bereich ergeben, weil der internationale Fertigungsverbund nicht mehr flüssig abläuft. Daraus können sich beispielsweise Produktionsausfälle und Stillstandszeiten ergeben. Werden Vorprodukte in Großbritannien bezogen oder in erheblichem Umfang Absatzmengen dorthin verkauft, stellt sich auch hier die Frage der resultierenden Geschäftsrisiken. Weitere Berichtspflichten können sich aus der Erwartung steigender Wechselkursrisiken oder erwarteter Zölle ergeben. Im Fall des Angebots zulassungspflichtiger Produkte, etwa Medikamente, kann die künftige Entwicklung von der nicht mehr erfolgenden gegenseitigen Anerkennung von Zulassungen betroffen sein.

Nicht zu vernachlässigen sind auch steuerliche Auswirkungen auf den Abschluss. Einerseits können laufende Steuern, andererseits aber auch latente Steuern betroffen sein. Themen sind etwa die nachträgliche Versteuerung übertragener stiller Reserven oder die Beendigung von Organschaften. Der deutsche Gesetzgeber versucht, unerwünschte Auswirkungen mit dem Brexit-Steuer­begleit­gesetz abzumildern.

Weitere Themen können die Auswirkungen auf Erleichterungs- und Befreiungsvorschriften sein, etwa durch übergeordnete britische Abschlüsse. Übergeordnete Unternehmen könnten dann plötzlich Drittstaatsunternehmen sein.

Die vorhergehenden Ausführungen haben einige wichtige Fragen angesprochen. Unbeschadet bleibt die Notwendigkeit, im Einzelfall die möglichen Auswirkungen auf den Abschluss gewissenhaft zu analysieren.

 

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