Das JStG 2020 und die glanzlose Wunschliste des Bundesrates

(… aber wenigstens Aufatmen bzgl. 4k)

Am Freitag, den 09.10.2020, hat der Bundesrat seine Stellungnahme zum Jahressteuergesetz 2020 beschlossen. Damit nimmt das auf absehbare Zeit letzte „große“ Gesetzgebungsverfahren Kurs auf die Ziellinie. Und das gilt gleich in mehrfacher Hinsicht. Denn in Anbetracht der bevorstehenden Bundestagswahl 2021 ist es einerseits unwahrscheinlich, dass im kommenden Jahr noch neue Verfahren, die nicht ausnahmsweise besondere Dringlichkeit haben (Stichwort Covid-19), umsetzbar sind. Andererseits stellt die Bundesratsstellungnahme de facto die letzte Gelegenheit dar, um wirklich neue Themen in das laufende Verfahren zum Jahressteuergesetz einzubringen.

Entsprechend kommt dem JStG besondere Bedeutung für die Steuerwelt zu und die aktuelle Bundesratstellungnahme bietet den passenden Anlass sich mit den zusätzlich ins Spiel gebrachten Themen zu beschäftigen.

Auch in der Stellungnahme des Bundesrates setzt sich dabei die Grundeinschätzung zum JStG fort: Man hat den Eindruck einen Eintopf aus vielen kleinen Zutaten vor sich zu haben, ohne dass große Einzelbrocken den Topfinhalt dominieren. Entsprechend hatten die Ausschüsse des Bundesrates gleichfalls einen Kessel Buntes in Form von 71 Empfehlungen für das JStG 2020 vorbereitet, über den am 09.10.2020 im Bundesrat-Plenum beraten wurde.

Das Ergebnis: Die meisten Punkte, die der Bundesrat-Finanzausschuss empfohlen hat, greift der Bundesrat in seiner Stellungnahme auf. Hierunter insbesondere:

  • Erhöhung der GWG-Grenze auf 1.000 Euro und Abschaffung der Poolabschreibung.
  • Streichung der gesetzlichen Normierung von (nachträglichen) Anschaffungskosten im Bereich der Veräußerung privat gehaltener Anteile an Kapitalgesellschaften nach § 17 Abs. 2a Satz 1-4 EStG.
  • Prüfbitte einer verbesserten Abzugsfähigkeit des häuslichen Arbeitsplatzes.
  • Aufforderung an die Bundesregierung, die GrESt-Reform (Share-Deals) voranzutreiben.
  • Bitte um eine beschleunigte Abschreibung digitalisierungsrelevanter Innovationsgüter und eine Senkung der Stromsteuer auf das europarechtlich zulässige Mindestmaß.

Nicht berücksichtigt wird insbesondere die Empfehlung für eine 1:1-Umsetzung der ATAD. Ob eine Umsetzung der unkritischen Punkte (v.a. § 4k EStG-E und der Hinzurechnungsbesteuerung) nach langer Diskussion zwischen BMF und BMWi über das ATAD-UmsG nun doch noch in Kürze erfolgen könnte, wurde zuletzt mit Spannung erwartet. In Anbetracht der Tatsache, dass bis zum Jahresende nur noch gut 10 Wochen verbleiben und ein kontroverses Gesetzgebungsverfahren nach den Erfahrungen der Vergangenheit typischerweise mehr Zeit in Anspruch nimmt, wird dies allerdings als unwahrscheinlich eingeschätzt. Damit scheint die ATAD, egal in welcher Form, nicht vor 2021 umgesetzt zu werden. Das Vertragsverletzungsverfahren kann somit nicht dadurch abgemildert werden, dass im JStG einige unstrittige ATAD-Punkte angereichert werden. Da mithin voraussichtlich (vorbehaltlich einem Überraschungsstart eines ATAD Umsetzungsgesetzes) kein Verfahren in 2020 formal startet, dürfte der Vertrauensschutz des Steuerpflichtigen zumindest für 2020 nicht gebrochen werden. Sollte dann das Jahr 2021 ein erstes formales ATAD-Umsetzungsverfahren bringen, spricht aus heutiger Sicht zumindest sehr viel dafür, dass für 2020 Entwarnung gegeben werden kann, weil das verfassungsrechtlich gesicherte Rückwirkungsverbot entsprechend greifen dürfte.

Das JStG wird nun seinen weiteren Gang gehen. Die Gegenäußerung der Bundesregierung wird für den 21.10.2020 erwartet. Erst bei der anschließenden Beratung im Bundestag-Finanzausschuss entscheidet sich, ob die Forderungen und Prüfbitten des Bundesrats tatsächlich noch Eingang in das JStG 2020 finden. Der Abschluss des Verfahrens ist bis Ende 2020 vorgesehen – und danach könnte, temporär und zumindest aus dem Blickwinkel der steuerlichen Gesetzgebung, Stille folgen.

 

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